Neue Schulden während laufendem Verfahren

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Aramy
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Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von Aramy »

Hallo, leider habe ich während des laufenden Verfahrens erneut Schulden angehäuft. Jetzt will ich den Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknehmen. Wie geht das?
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

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Hi Aramy,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Neue Schulden während laufendem Verfahren" geschaut?
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caffery
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von caffery »

Formloser Antrag ans Insolvenzgericht.

Die Folgen sind weitreichend und man sollte sich sehr gut informieren wie die aktuelle Rechtslage dazu genau ist bevor man diesen Schritt geht. Sonst wäre das Risiko ziemlich hoch, dass der Effekt ein anderer ist, als der den man sich vielleicht erwünscht hat.
Da Du aber danach nicht gefragt hast, gehe ich mal davon aus, dass Du diesbezüglich bestens im Bilde bist.

Darf ich nach den Gründen fragen? Also den Grund der Anhäufung neuer Schulden und dem Grund warum genau Du den RSB Antrag zurückziehen möchtest bzw. was Du Dir davon versprichst.
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Aramy
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von Aramy »

vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst. Mir wurde das geraten. Es sind leider aufgrund von Unglücksfällen (auch wenn das ja keinen interessiert) so viele neue Schulden hinzugekommen, dass eine Zahlung in Raten einfach nicht leistbar ist. Was sollte ich sonst machen? Mir wurde geraten, den Antrag zurückzunehmen und dann einen neuen Antrag zu stellen
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Aramy
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von Aramy »

also ich meine später einen neuen Antrag auf Insolvenz zu stellen
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tidus82
Admin
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von tidus82 »

Von wem wurde dir das denn geraten? Wenn ich raten darf, von einem Angehörigen?
Und: hast du dich über die Folgen der Rücknahme informiert?
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caffery
praktischer Schuldnerberater
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von caffery »

Aramy hat geschrieben: 17. Feb 2020, 16:55 Es sind leider aufgrund von Unglücksfällen (auch wenn das ja keinen interessiert) so viele neue Schulden hinzugekommen,
Doch, es interessiert - mich und sehr wahrscheinlich auch den Richter der sich mit Deinem Neuantrag beschäftigt.
Genau dafür wurden Insolvenzverfahren ja ersonnen. Es geht um Nachhaltigkeit und Redlichkeit. Da der erste Punkt schon in den Sand gesetzt wurde, wird auf den zweiten mit Sicherheit ganz besonders intensiv geguckt.

Solche Fließbandanträge aus Gründen von Neuverschuldung und zur Vermeidung der 10-jährigen Sperrfrist sind nicht im Sinne des Erfinders. Der Gesetzgeber tut sich einfach nur sehr schwer, das in ein allgemeingültiges Gesetz zu zimmern. Klar ist nur, dass die Rücknahme des RSB Antrags ausgeschlossen ist, wenn bereits ein Versagungsantrag gestellt wurde.( BGH vom 4.5.2017, IX ZB 92/16) Weiterhin können Gläubiger unter bestimmten Bedingungen Einwände erheben um Deinen "Trick" zu durchkreuzen (BGH, Beschluss vom 14.06.2018 - IX ZB 43/17)

Auch wenn nichts von Vorgenanntem zutrifft, Gerichte selber gehen da sehr unterschiedlich mit um. Du kannst Dir wahrscheinlich vorstellen, dass die Insolvenzgerichte auf solche Nummern (auf deutsch gesagt) keinen Bock haben. Etwa die AGs Dortmund und Fürth (AG Dortmund Beschl. 18.4.2016 -255 IN 24/15- und AG Fürth Beschl. 13.1.2016 -IN 581/15- ) haben sich bei solchen Geschichten für Sperrfristen ausgesprochen.

RA Henning beispielsweise geht davon aus, dass BGH Beschl. vom 20.3.14 -IX ZB 17/13 dafür spricht, dass es hier grundsätzlich zu Einzelfallentscheidungen kommen soll. Es soll von der Frage abhängig gemacht werden, ob der Schuldner "unredlich" gehandelt hat. Ein schönes Wort, zu dem es wahrscheinlich in etwa so viele Meinungen geben dürfte wie zu Worten wie "unschön" oder "nachhaltig".

Es ist also vorher durch einen Fachmann mit viel Erfahrung zu prüfen, welche Aussichten ein solches Vorgehen bezogen auf Deinen Einzelfall haben kann. Am besten einen, der eine Idee zu der Handhabung Deines Gerichtes zu dem Thema hat. Danach muss man immernoch genau abwägen und muss sich immer gewisser Restrisiken bewusst sein.


PS: Auch wenn DAS jetzt eigentlich keinen interessiert: Ich persönlich sehe diesen "Move" ausgesprochen kritisch. Unsere Beratungsstelle hat sich (mit meiner vollsten Unterstützung) vor ein paar Jahren dazu entschlossen, solche Fälle nur in absoluten Ausnahmefällen (wenn die Einzelfall-Geschichte dahinter wirklich wirklich herzrührend ist) im Rahmen der Insolvenzberatung zu beraten.
Wir machen bei sowas im Prinzip ausschließlich Existenzsicherung und Basis-Schuldnerschutz. Genau das wäre dann auch meine persönliche Antwort auf die Frage "Was sollte ich sonst machen?". Vom Unpfändbaren leben und genau die Zeit dafür nutzen um sein Leben ohne Neuverschuldung zu begehen die der Gesetzgeber dafür vorgesehen hat bevor man das Recht auf einen neuen Versuch hat. In diesem Falle wären das eben 10 Jahre. Mag zwar hart klingen - aber ich persönlich sehe das so.
Wer unbedingt meint er müsse gesetzliche Winkelzüge suchen um das zu umgehen (und im Endeffekt reden wir hier darüber), den verweise ich gerne an einen Anwalt - für sowas sind die nämlich da.
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Aramy
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von Aramy »

Vielen vielen Dank für diese ausführliche Antwort! Das wusste ich alles nicht. Ich wusste mir nur keinen Rat. Ob meine Geschichte nun herzrührend ist, kann ich nicht sagen. Ich schreibe das gerne genauer, damit Sie sich ein Bild machen können. Ich weiß nicht, zu wem ich gehen soll, um Rat einzuholen. Es scheint einfach Niemanden zu geben, der sich auskennt. Um Winkelzüge ging es mir nicht, nur um einen Ausweg aus meiner Lage. Was wäre, wenn ich von dem leben würde, was nicht pfändbar ist? Dazu bin ich gerne bereit, nur habe ich irgendwie keine Idee, wie das dann insgesamt weitergeht. Ich beschreibe das alles nachher noch genauer, ich habe leider noch einen Termin mit meiner Tochter.
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caffery
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von caffery »

Aramy hat geschrieben: 17. Feb 2020, 18:43 Um Winkelzüge ging es mir nicht
Eigentlich ist es sowas wie der Prototyp eines juristischen Winkelzugs.
Der einzige Sinn hinter der Rücknahme des RSB-Antrags ist doch der, dass man die 10-jährige Sperrfrist aus dem § 287a Abs. 2 Nr. 1 InsO damit umgehen will. Mit dieser Rechtsvorschrift wollte der Gesetzgeber ausdrücklich Kettenverfahren verhindern - also sicherstellen, dass Schuldner nicht ein Restschuldbefreiungsverfahren an das nächste hängen.
Oder anders gesagt: Sich trotz InsO nicht am laufenden Band weiter verschulden sollen, nur um direkt im Anschluss die nächste Runde zu starten.
Indem man seinen Antrag einfach zurückzieht bevor die Restschuldbefreiung erteilt werden kann, nur um sich auf dem Absatz umzudrehen und wieder einen neuen zu stellen, hebelt den Willen des Gesetzgebers durch die Hintertür aus - und ist damit aus meiner Sicht ein juristischer Winkelzug in Reinform;)
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Aramy
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von Aramy »

sorry ich war mal wieder etwas out of order, das macht mir alles so schlimme Angst, dass ich dann völlig handlungsunfähig bin. Also... möglicherweise wäre es ein Winkelzug, das kann ich nicht gut beurteilen, die ganze Materie ist mir zu wenig vertraut.

Ich glaube schon sagen zu können, dass es sich hier um einen Unglücksfall handelt und viel Pech handelt. Dazu bin ich 50 Jahre und (noch) allein erziehende Mutter dreier Kinder. Wenn ich jetzt 10 Jahre warte... denn das wäre ja dann die Alternative.
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ichhabwasvergessen
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Re: Neue Schulden während laufendem Verfahren

Beitrag von ichhabwasvergessen »

Winkelzüge sind legal. Das System erlaubt sie, auch wenn sie als unfein angesehen werden können. Es steht der Politik jederzeit frei, Gesetze so zu gestalten, dass dieser oder jener Winkelzug nicht mehr möglich ist.

Niemand in den 'höheren Etagen' würde sich übrigens zieren, Winkelzüge zu machen, wenn man sich damit den Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Man würde eher den Kopf über Laute schütteln, die sich ihrer zu ihrer Rettung nicht bedienen.
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