Also meiner bescheidenen Meinung nach, sollte man diese Punkte möglichst locker sehen.
Wir haben es hier mit einem klassischen "sozial versus konservativ" Politikum zu tun. Letztere wollen naturgemäß ihrer Lobby, als dessen Vertreter sie sich sehen, irgendwie darlegen, dass sie alles versucht haben um der ganzen Suppe möglichst viel von ihrem Geschmäckle beizumischen.
... und so kommt es eben aus meiner Sicht zu solchen Zusätzen bei diesen Gesetzesentwürfen.
Auf der anderen Seite ist die von mir fachlich wie menschlich sehr geschätzte Ines Moers, die sich hier
https://www.bag-sb.de/fileadmin/user_up ... erkRSB.pdf
für meinen Dachverband zu den "verschärfenden" Punkten sehr kritisch äußert natürlich auch in erster Linie in dem was sie da schreibt Lobbyistin der Schuldner. Da liegt es in der Natur der Sache, dass sie solche Punkte maximal kritisiert.
Ich würde mich - so ich denn öffentlich in meiner Arbeitsfunktion gefragt würde - sehr wahrscheinlich ähnlich äußern. Da wir aber hier unter uns Pastorentöchtern sind sage ich mal:
Ich finde die Erhöhung der Sperrfrist logisch und auch richtig. Genauso wie ich grundsätzlich die Idee einer Verlängerung von Zweitverfahren nachvollziehen kann. Allerdings bezweifle ich tatsächlich stark, dass dies im Sinne der EU-Vorgabe sein würde.
Die Erweiterung des 295 auf Schenkungen und Spielgewinne finde ich völlig vertretbar.
Die Nummer mit den "unangemessenen Verbindlichkeiten" halte ich eher für eine Luftnummer.
Warum ich das denke? Den § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO gibt es schon längst. Er wurde 2014 zur letzten Novelle sogar noch von 1 auf 3 Jahre verschärft. Interessiert hat sich dafür in der Praxis aber niemand - zu keiner Zeit - obschon auch 2014 der Teufel von manchem an die Wand gemalt wurde.
Mir persönlich wäre nicht ein einziges Verfahren bekannt geworden, bei dem die Restschuldbefreiung aufgrund des § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO versagt worden wäre - nicht ein einziges.
Jetzt soll diese Vorschrift, die noch nie irgendeine praktische Relevanz hatte, einfach nur auf die WVP ausgeweitet werden.
Für mich wirkt es erstmal eher wie eine Art konservatives Feigenblatt. Drum ist meine Spontanreaktion: Sollen sie doch. Dass sich Gerichte reihenweise mit sowas beschäftigen um jede Menge Restschuldbefreiungen am Fließband zu versagen wäre aus meiner Sicht beim besten Willen nicht zu erwarten.
Sollte es in Extremfällen mal zu so etwas kommen, wäre es wahrscheinlich nicht ganz unbegründet und um die betreffenden Verfahren vermutlich nicht schade.
Nochmal: Wenn man versucht sich in die Gegenseite zu versetzen, haben wir es hier mit einem erheblichen Einschnitt zu tun. Restschuldbefreiungen von nicht masselosen Verfahren werden quasi vereinfacht gesagt im Schnitt um 2/5 "billiger".
Mit allen Folgen - wie z.b. der Art und Weise in denen man die Leistungsfähigkeit von Kreditnehmern bewerten sollte.
Die EU-Vorgabe lautet im Prinzip haptsächlich auf "3 Jahre für alle!" Wenn man bedenkt, dass viele EU-Länder ihre Restschuldbefreiungen an teilweise sehr hohe Bedingungen knüpfen (Verfahrenskosten tilgen, Mindestquoten etc.), dann ist dieser Entwurf in meinen Augen ziemlich "human" - oder anders gesagt: Es hätte aus meiner Sicht deutlich schlimmer kommen können.