Frage zur Versagung

Hier geht es in erster Linie um eine sachbezogene Diskussion von Problemen im Verbraucherinsolvenzverfahren (z.B. zur Existenzsicherung, Zwangsvollstreckung, Verbraucherinsolvenzverfahren). Für aktive und ehemals Selbstständige haben wir ein eigenes Forum 'Selbstständige' eingerichtet. Allgemeine Fragen und Probleme rund um das Thema Schulden können im Forum 'Schuldenprobleme' diskutiert werden. Wie man mit Schulden und den damit resultierenden persönlichen Belastungen und Problemen umgeht und lebt, geht es im Schwesterforum 'life!'.
Forumsregeln
Wichtiger Hinweis: Dieses Forum ersetzt keine Rechtsberatung! KEIN Benutzer darf und will auf dieser Plattform eine Rechtsberatung anbieten, so dass sämtliche Antworten nur als Austausch von Meinungen zu verstehen sind!
Bitte sucht einen Rechtsanwalt auf, wenn ihr rechtssichere Antworten erhalten möchtet!
caffery
praktischer Schuldnerberater
Reaktionen: 433
Beiträge: 2588
Registriert: 13. Aug 2018, 20:45

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von caffery »

Tjo, die Nummer mit der Gläubigerbegünstigung ist wirklich etwas verwirrend. Im Prinzip ist es aber so wie du sagtest: Zahlungen aus dem Unpfändbaren sind im Prinzip "erlaubt". Eben weil dadurch der Schaden für die anderen Gläubiger nicht mitmacht.

Ich sehe demnach kein Problem für deine 46 Euro Zahlung auf die vorgenannte Weise. Allerdings kann man sich natürlich um den Sinn des Ganzen streiten. Wenn es nur darum geht, dass man den "weg hat" ist der Sinn natürlich zweifelhaft. Wenn man aber z.b. keine Lust hat bei einem solchen Gläubiger wegen 46 Euro zu einer Persona non grata zu werden, sondern z.b. auch in Zukunft noch das ein oder andere bei denen bestellen möchte, kann das natürlich Sinn machen.

Auf den Kontoauszügen suchen die Verwalter vorrangig nach anfechtbaren Bewegungen - in erster Linie solche die unter die sog. Rückschlagsperre gem. § 88 InsO fallen. Solche Anfechtungen sind in den allermeisten Fällen sogar zum Vorteil der Schuldner, da in aller Regel Vollstreckungen/Zahlungen an Insolvenzgläubiger zurückgefordert werden und das Geld entsprechend in die Masse fließt, was zu einer (teilweisen) Deckung der Verfahrenskosten führt.

Ich würde mal vermuten, dass die meisten Versagungsanträge in IK-Verfahren anhand der Berichte wegen Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit erfolgen. Beispiele hierfür wären in etwa "der ewige Student", der die Regelstudienzeit während der Inso deutlich überschreitet oder wenn aus dem Bericht hervorgeht, dass laut Jobcenter zumutbare Arbeit beharrlich abgelehnt wurde und u.U. auch ob dessen sanktioniert wurde. Solche Dinge können z.b. aus den Berichten hervorgehen.

Es kann aber auch Versagungsanträge geben auf die ein Gläubiger ganz allein selbst kommt. Ich habe z.b. mal vom Fall eines Ex-Mitarbeiters bei einem großen Automobilkonzern gelesen. Es war allgemein bekannt, dass bestimmte Werke des Konzerns zu einem bestimmten Zeitpunkt schlossen und die Mitarbeiter mit einer relativ leicht zu recherchierenden Summe abgefunden wurden. Der findige Gläubiger zählte aus diesen Infos also 1 und 1 zusammen und strickte daraus (erfolgreich) einen Versagungsantrag.

Um das Ganze mal in Relation zu rücken: Ich arbeite mittlerweile seit fast 10 Jahren in dem Bereich, in zwei verschiedenen Beratungsstellen und habe selbst bzw. durch Kollegen zumindest Teilkenntnisse von sicherlich einer deutlich vierstelligen Zahl von Verbraucherverfahren erhalten. Ich habe in der ganzen Zeit in meinem Dunstkreis nicht einen einzigen Versagungsantrag mitbekommen. Es kann aber natürlich sein, dass es dennoch welche gab von denen ich nichts mitbekommen habe.

Lediglich gab es einige Fälle bei denen die Stundung aufgehoben wurde und im Anschluss das Verfahren wegen fehlender Deckung der Vergütung eingestellt wurde.

Anmeldungen wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gibt es hingegen relativ häufig. Wobei ich den Anteil der haltlosen Anmeldungen, nach dem Motto "Versuch macht kluch" mal so auf 95% schätzen würde.
0
Werner Hoffmann
Mitglied
Reaktionen: 0
Beiträge: 20
Registriert: 17. Okt 2018, 20:13

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von Werner Hoffmann »

Genau genommen gibt es keine Restschuldbefreiung. Auch wenn das Insolvenzverfahren mit Abtretungsphase durchlaufen ist, bestehen die Schulden weiterhin bei den Gläubigern - sie dürfen nur nicht mehr vollstreckt werden. Die Gläubiger schreiben ihre Geldforderungen ab und verbuchen diese als Verlust.

Sollte die Restschuldbefreiung tatsächlich gerichtlich versagt werden, ändert sich für den Schuldner nichts, sofern er ein Pfändungsschutzkonto hat. Nur für die Gläubiger dürfte sich die Situation erheblich verschlechtern. Es kann sein, dass nunmehr mehrere Lohnpfändungen beim Arbeitgeber eingehen und dieser seinen Job verliert. Das Arbeitslosengeld I liegt dann meist unter 1139 Euro und das Hartz4-Einkommen erst recht. Dies bedeutet dann für die Gläubiger, dass der Gerichtsvollzieher immer nur wieder fruchtlose Pfändungen aufnehmen kann, während sich für die Gläubiger die Vollstreckungskosten sinnlos immer weiter erhöhen. Die Gläubiger laufen dann sinnlos "toten Geldforderungen" hinterher.
Am besten stehen sich die Gläubiger immer noch nach dem Schlusstermin in der Abtretungsphase, sofern der Schuldner weiterhin seinen Arbeitsplatz behält.
0
Der_H
Wissender
Reaktionen: 1
Beiträge: 213
Registriert: 2. Jan 2019, 22:48

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von Der_H »

Passt ja ganz gut zum Thema.

Im § 290 liest man folgendes.
„in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens“

Wie wird da die Frist gerechnet?

Gehen wir mal vom 10.02.2015 aus.

Sind die drei Jahre am 10.02.2019 um?
Oder erst am 31.12.2019


Danke
0
tidus82
Admin
Reaktionen: 268
Beiträge: 1562
Registriert: 13. Aug 2018, 18:29

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von tidus82 »

Ich denke du meinst mit dem 10.02.2015 das „Ereignis“, was eventuell zu einer Versagung der RSB führen kann?
Dann wäre der mögliche Zeitpunkt des Insolvenzantrages der 11.02.2018 gewesen.
0
Der_H
Wissender
Reaktionen: 1
Beiträge: 213
Registriert: 2. Jan 2019, 22:48

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von Der_H »

Ja das „Ereignis“ meinte ich.

Ich dachte das läuft wie bei einer Verjährung einer Forderung...

Danke
0
arreis
Wissender
Reaktionen: 9
Beiträge: 383
Registriert: 28. Okt 2018, 11:05

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von arreis »

Für mich ist die Möglichkeit der RSB - Versagung beängstigend und komisch, fast schon lustig, zugleich.

Beängstigend, weil man sich nie wirklich sicher sein kann, dass man alles richtig gemacht hat.

Komisch, weil Gründe zur Versagung nach § 290 InsO, die nicht zum Schlusstermin angemeldet worden sind, hinfällig werden.

Selbst bei Verletzungen der Obliegenheiten nach § 295 InsO kommt, nach meinen Recherchen, eine Versagung nur dann in betracht, wenn Gläubigern durch die Verletzung ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.

Sicherlich macht man sich auch Gedanken darüber, was man macht, wenn die RSB versagt wird. Ich habe da so meine Vorstellungen, ob diese allerdings rechtlich korrekt sind, kann ich nicht beurteilen.
Zunächst würde ich meinen Ehepartner dem Arbeitgeber gegenüber wieder als unterhaltspflichtig melden und zum anderen würde mein Lohn auf ein Konto eines Familienangehörigen überwiesen, vorausgesetzt, es wäre rechtlich nicht zu beanstanden.
0
Shopgirl
Allwissender
Reaktionen: 133
Beiträge: 937
Registriert: 21. Okt 2018, 12:39

Re: Frage zur Versagung

Beitrag von Shopgirl »

.. und dann wird der Lohn bei dem Familienangehörigen gepfändet, auf dessen Konto für DEINEN Lohn keinerlei Pfändungsschutz besteht... Das ist ne miese Idee.
0
Antworten