vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

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molinari09
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vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von molinari09 »

Hallo,

ich habe eine Forderung, die als vbuH angemeldet ist. Normalerweise würde ich Widerspruch gegen den Rechtsgrund einlegen, habe jetzt aber gehört, dass es ratsam ist, gegen die gesamte Forderung Widerspruch einzulegen, da ansonsten nach ggf. erteilter Restschuldbefreiung wieder vollstreckt werden könnte. Ist es tatsächlich besser gegen die gesamte Forderung Widerspruch und welche Folgen hätte das?
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

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Hi molinari09,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung" geschaut?
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tidus82
Admin
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von tidus82 »

Hallo und herzlich willkommen!

Ich glaube da hast du etwas missverstanden - im Gegenteil. Wenn die Forderung grundsätzlich korrekt ist, sie aber keine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung ist, dann solltest du NUR gegen das Merkmal vbuH Widerspruch einlegen.
Dann muss der Gläubiger erstmal nachweisen, dass es tatsächlich vorsätzlich war.

Sollte der Gläubiger das nicht tun, dann wird diese Forderung ganz normal als Insolvenzforderung behandelt und wird von der Restschuldbefreiung vollumfänglich umfasst.

NUR wenn der Rechtsgrund weiterhin bestehen bleibt (weil du z.Bsp. keinen Widerspruch gegen das Merkmal eingelegt hast), dann kann sie nach der Restschuldbefreiung weiter (ggf. auch zwangsweise) eingefordert werden.

Also - what to do:
Prüfen ob die Forderung überhaupt korrekt ist - wenn nein: Gesamtwiderspruch gegen die gesamte Forderung.
wenn ja: Prüfen ob das Merkmal vbuH tatsächlich korrekt ist - wenn nein: Widerspruch gegen das Merkmal vbuH - und nur dagegen.
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Graf Wadula
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Re: vbuH

Beitrag von Graf Wadula »

Hallo,
tidus82: bis 2014 hätten Sie recht gehabt und so hat das jedes Gericht gesehen. Dann kam aber der BGH und hat folgende Entscheidung getroffen: Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZB 93/13 -. Danach haben die Gerichte nach Erteilung der Restschuldbefreiung auch einen vollstreckbaren Tabellenauszug zu erteilen, wenn der Schuldner nur gegen den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung Widerspruch eingelegt hat. In dieser Entscheidung wird dann der Schuldner darauf verwiesen, dass er eine Vollstreckungsabwehrklage erheben muss.
Es ist also tatsächlich so: wenn die TE nur gegen den Rechtsgrund Widerspruch erhebt, kann der Gläubiger dann nach Erteilung trotzdem einen vollstreckbaren Tabellenauszug erhalten und vollstrecken. Die TE muss dann im Falle der Vollstreckung Vollstreckungsabwehrklage erheben.
Legt die TE insgesamt Widerspruch ein, kann kein vollstreckbarer Tabellenauszug erteilt werden. Allerdings droht dann für die TE die Tragung der Prozesskosten in einem etwaigen nachfolgenden Feststellungsprozess.

Man kann also sagen, und das sehen auch alle Kommentatoren und nahezu alle Gerichte so, dass es sich um eine "katastrophale" Entscheidung handelt und entgegen jedem Rechtsverständnis zielt. Aber sie ist nun mal in der Welt. Ich weiß, dass einige Gerichte sich nicht an die Entscheidung halten und eine neue Entscheidung provozieren wollen. Aber nach derzeitige Lage kann es - fernab der materiellen Richtigkeit - wichtiger sein, insgesamt Widerspruch einzulegen.
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tidus82
Admin
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von tidus82 »

Es tut mir leid Pocahontas - ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Es war mir nicht bewusst und war fest der Meinung, dass es so wäre wie ich es schrieb.
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caffery
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von caffery »

tidus82 hat geschrieben: 24. Apr 2020, 09:40
NUR wenn der Rechtsgrund weiterhin bestehen bleibt (weil du z.Bsp. keinen Widerspruch gegen das Merkmal eingelegt hast), dann kann sie nach der Restschuldbefreiung weiter (ggf. auch zwangsweise) eingefordert werden.
Deine völlig zutreffenden Ausführungen muss ich leider noch um einen "Horror"aspekt ergänzen:

Ich hatte bereits vor einiger Zeit hier

viewtopic.php?f=4&t=398

auf ein aus meiner Sicht desaströses BGH Urteil (BGH, Urteil vom 04.09.2019 - VII ZB 91/17) zu dem Thema hingewiesen.

Dieses besagt, dass jeder Gläubiger der seine Forderung als vbuh angelemdet hat UND dem Rechtsgrund der Anmeldung durch den Schuldner nicht widersprochen wurde, seine Forderung automatisch den Charakter einer deliktischen Forderung im Sinne des § 850f Abs. 2 ZPO erhält. Das bedeutet: Pfänden ohne Pfändungstabelle in den sog. Vorrechtsbereich - quasi bis aufs Hartzniveau.

Ich persönlich hielt dieses Urteil im ersten Moment noch für einen Ausrutscher der Richter (zu viel Champagner am Abend vorher oder sowas) - allerdings wurde das Urteil dieser Tage nochmals bestätigt und dadruch quasi auf ewig in Stein gemeißelt:

BGH, Beschluss vom 11.03.2020 - VII ZB 38/19

Die Folgen dieser Rechtsprechung sind aus meiner Sicht katastrophal und wird vermutlich zu Auswüchsen bei der Forderungsanmeldung als vbuh "ins Blaue" führen - nach dem Motto: versuchen kann man es ja mal.

Nochmal im Einzelnen: JEDER Gläubiger kann seine Forderung als vbuh anmelden. Dies muss er zunächst auch nichtmal großartig begründen. Wenn der Schuldner dieser Anmeldung nicht widerspricht, wird die Anmeldungsbehauptung des Gläubigers quasi automatisch als wahr klassifiziert.
Auf diese Weise hat man als Gläubiger die Möglichkeit, einer "Wald und Wiesen Forderung" das deliktische Attribut zu verleihen. Die Folge ist nicht nur ein Überleben der Restschuldbefreiung, sondern die Aufwertung der Forderung von einer "normalen" zu einer deliktischen. Alles was der Gläubiger braucht, ist einen Insolvenzschuldner der keine Ahnung hat und die Rechtsmittelfrist für die vbuh Anmeldung tatenlos verstreichen lässt.

Also: Widersprecht um Gottes Willen dem Rechtsgrund der Anmeldung - so lange dieser nicht zu 1000% zutreffend ist.

Die Ausführungen des Grafen sind (natürlich) auch richtig. Ich würde sie aber als nachrangig wichtig betrachten. Denn ein Gläubiger der eine Forderung "ins Blaue" anmeldet (und dem Rechtsgrund der Anmeldung widersprochen wurde) würde mit geringer Wahrscheinlichkeit mit dem schmalen Brett eines solchen Tabellenauszugs zu vollstrecken versuchen. Zumal er dies auch nur "normal" (ohne 850f Abs. 2 ZPO) versuchen könnte.

... und selbst wenn, dann hat man da noch Handlungsoptionen mit hohen Erfolgsaussichten.

Hat man aber die vbuh "durchgewunken", sieht es ziemlich düster aus...
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molinari09
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von molinari09 »

Verstehe ich das richtig: es wäre also sinnvoll Gesamtwiderspruch einzulegen, auch wenn ich die Forderung im wesentlichen anerkennen. Ich müßte dann allerdings die Kosten der Feststellungsklage tragen, die der Gläubiger anzustrengen hätte. Wäre das die einzige negative Konsequenz? Und müßte ich bei einer Vollstreckungsabwehrklage nicht auch die Kosten tragen.
Vielen Dank schon einmal für die schnellen Antworten!
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molinari09
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von molinari09 »

...grundsätzlich würde ich ja eigentlich nur dem Rechtsgrund nach widersprechen, aber wenn das zur Folge hat, dass man noch 30 Jahre mit dieser Forderung zu tun haben könnte...
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caffery
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von caffery »

molinari09 hat geschrieben: 24. Apr 2020, 10:12 Verstehe ich das richtig: es wäre also sinnvoll Gesamtwiderspruch einzulegen,
Das kann man aus meiner Sicht so oder so sehen. Wenn Du es so machst, dann erkaufst Du Dir sozusagen Sicherheit.
Wenn die Forderungsanmeldung als vbuh offensichtlich unrichtig ist, aber das Bestehen der Forderung dem Grunde nach völlig unstrittg ist, würde ich perönlich nicht so handeln.

Wenn Du nur dem vbuh-Attribut widersprichst, wird das so vermerkt. Ob der Gläubiger nach der Restschuldbefreiung mit diesem Tabellenauszug tatsächlich vollstrecken will steht in den Sternen. Besonders dann, wenn es sich um eine überschaubare "normale" Inkassoforderung handelt.

Selbst wenn er das tut, kann und sollte man dagegen vorgehen. In diesem Falle wäre ein Erfolg (wenn man die Forderung richtig eingeschätzt hat) sehr wahrscheinlich. Es entstünden also praktisch keine Kosten für Dich - nur für den Gläubiger.

Wenn man jetzt eine Feststellungsklage erzwingt, kostet es Dich in jedem Falle (weil die Forderung ja vermutlich zurecht besteht). Alles was Du davon hättest, wäre die absolute Sicherheit, dass der Gläubiger nach der RSB nicht mehr versuchen könnte mit dem Tabellenauszug zu vollstrecken.

Unterm Strich ist es also eine Abwägungssache und kommt sehr auf die Forderung selber und den persönlichen Sportsgeist an.

Dass die vom Grafen genannte Entscheidung auch völlig fürn Arsch ist, ist aber völlig unstrittig...
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molinari09
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von molinari09 »

...aber wird der Gläubiger überhaupt eine Feststellungsklage anstrengen, wenn er, wie Du sagtst die vbuH nur "ins Blaue" angemeldet hat? So wie ich es verstehe, ist mein Widerspruch in Hinblick auf die Verteilung vollkommen irrelevant, insofern der IV die Forderung anerkannt hat und der Gläubiger bekommt Hinblick auf seine Forderung seinen Anteil in der Insolvenz. Oder?
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caffery
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Re: vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung

Beitrag von caffery »

molinari09 hat geschrieben: 24. Apr 2020, 10:35 ...aber wird der Gläubiger überhaupt eine Feststellungsklage anstrengen, wenn er, wie Du sagtst die vbuH nur "ins Blaue" angemeldet hat?
Der Gläubiger muss keine Feststellungsklage anstrengen, er muss erstmal nur "behaupten". Wenn dem vbuh Attribut widersprochen wurde, kann er nach der RSB versuchen "ganz normal" mit dem Tabellenauszug zu vollstrecken (wo drin steht vbuh angemeldet - vbuh wurde widersprochen).
Er "behauptet" also in diesem Fall wieder, dass er recht hat.

Dagegen kann/sollte man als Schuldner dann Vollstreckungsabwehrklage erheben (kein Hexenwerk!). Dann würde sich ein Richter das angucken und (wenn Du richtig liegst) in Deinem Sinne entscheiden und die Sache wäre gegessen.

Den zweiten Teil Deiner Nachricht verstehe ich nicht.
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