"Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

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Lisbeth
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"Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von Lisbeth »

Hallo liebe Community :)

Ich habe bereits ein wenig im Forum recherchiert, aber nichts zu meinem Problem gefunden, deshalb wäre ich für ein paar Ratschläge sehr dankbar. Also es geht um Folgendes:

Ich wurde und werde beim Durchlaufen meines kürzlich eröffnetem Insolvenzverfahrens anwaltlich beraten. Und genau da liegt jetzt die Problematik. Bevor der Antrag zur Eröffnung der Privatinsolvenz zum Gericht geschickt wurde, gab es einen außergerichtlichen Einigungsversuch mit den Gläubigern. Dieser ist gescheitert. Während der Verhandlungen mit den Gläubigern sind 3 neue Gläubiger entstanden die nicht Teil der außergerichtlichen Verhandlungen waren. Diese sind wegen Corona und meiner sowieso schon vorhandenen Zahlungsunfähigkeit entstanden.(Stromanbieter etc.) Diese 3 Gläubiger wollte ich während des Ausfüllen meines Antrags zur Gläubigerliste hinzufügen, war mir darüber aber unsicher und habe deshalb bei meinem Anwalt nachgefragt ob und wie ich das genau machen soll. Seine Assistentin am Telefon meinte jedoch dass ich die Gläubiger jetzt nicht mehr hinzufügen könne weil es dafür zu spät sei und ich das aber nach Eröffnung des Verfahrens nachholen könnte. Da das Verfahren jetzt seit knapp 3 Wochen offiziell eröffnet ist, habe ich bei meinem Anwalt nochmal nachgefragt wie genau ich die Nachtragung der 3 Gläubiger jetzt in Angriff nehmen soll und wie ich diese dem Insolvenzverwalter mitteile. Mein Anwalt persönlich meinte daraufhin dass ich dem Insolvenzverwalter "AUF KEINEN FALL" die fehlenden Gläubiger mitteilen soll da das ganze Insolvenzverfahren sonst platzen würde. Ich sollte die Gläubiger einfach ignorieren, die Briefe weg schmeißen und die könnten sich ja sonst unter "insolvenzbekanntmachungen.de" informieren und sich an den Insolvenzverwalter wenden. Ich finde diese Vorgehensweise ehrlich gesagt ziemlich fragwürdig. :?

Spätestens wenn die sich wirklich an den Insolvenzverwalter wenden, kommt doch raus dass diese Gläubiger nicht von der Insolvenz erfasst wurden. Und wie soll ich dann beweisen, die nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich nicht mit angegeben zu haben? Außerdem geht allein schon aus meinen Kontoauszügen hervor dass diese Gläubiger vor Eröffnung der Insolvenz bereits existiert haben, da an diese vor Einreichen des Antrags noch Ratenzahlungen gegangen sind. Mit Abgabe musste ich diese dann ja laut meines Anwalts einstellen.

Die Sachbearbeiterin vom Insolvenzverwalter fragte bereits gezielt ob noch Gläubiger existieren die nicht von der Insolvenz erfasst wurden und wenn ja dass ich ihr diese mitteilen soll damit die noch zur Tabelle angemeldet werden können. Das klang danach als wenn es kein Problem wäre, allerdings bin ich mir einfach total unsicher und weiss nicht was ich tun soll.

Also Leute, ich brauche dringend euren Rat :embarrassed: Ich hab wirklich überhaupt keinen Plan was ich tun soll :neutral:

Ich wäre für ein paar Ratschläge sehr dankbar.

Liebe Grüße
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

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Hi Lisbeth,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema ""Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?" geschaut?
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Witwe Bolte
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von Witwe Bolte »

Ganz klar: Nachmelden !

Merkwürdige Aussage vom Anwalt.
Und den (Anwalt) hast Du vermutlich bezahlt ... (statt Deinen Strom zu bezahlen ?)

*fass-am-kopp*
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Nie_mehr_Schulden
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von Nie_mehr_Schulden »

Wie hoch sind denn die neu enstandenen Gläubiger?!
Könntest du die irgendwie sofort bezahlen?
Wenn nicht bitte sofort nachmelden. Je länger du wartest, desto negativer wirkt dies auf den Insolvenzverwalter.

Hier kann wahrscheinlich niemand klugscheißen, weil die meisten hier mit hohen Schulden zu kämpfen haben, aber Strom gehört zu den den Dingen, die auf der Prioliste auf zwei stehen, die gezahlt werden müssen. Bitte in Zukunft nicht mehr unbezahlt lassen.
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tidus82
Admin
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von tidus82 »

Auf gar keinen Fall einfach blauäugig bezahlen! Das wäre Gläubigerbevorzugung!
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INTI
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von INTI »

tidus82 hat geschrieben: 23. Sep 2021, 06:02 Auf gar keinen Fall einfach blauäugig bezahlen! Das wäre Gläubigerbevorzugung!
Nein, das stimmt nicht. Aus dem unpfändbarem Einkommen darf man seine Gläubiger befriedigen. Das pfändbare Einkommen fliesst sowieso an den Insolvenzverwalter.
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INTI
praktischer Schuldnerberater
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von INTI »

Lisbeth hat geschrieben: 22. Sep 2021, 18:11

Die Sachbearbeiterin vom Insolvenzverwalter fragte bereits gezielt ob noch Gläubiger existieren die nicht von der Insolvenz erfasst wurden und wenn ja dass ich ihr diese mitteilen soll damit die noch zur Tabelle angemeldet werden können. Das klang danach als wenn es kein Problem wäre, allerdings bin ich mir einfach total unsicher und weiss nicht was ich tun soll.
Genauso sieht es aus, schleunigst nachmelden. Wird dies versäumt, können für die Gläubiger Schadensersatzansprüche entstehen, die dann nicht von der RSB erfasst werden.
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Witwe Bolte
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von Witwe Bolte »

Finde ich auch: Nein, nicht bezahlen !
(ist doch sinnlos, wenn bereits ein Inso-Verfahren eröffnet wurde)

at tidus82: Bisher dachte ich, dass man (als 'Insolvenzler') mit seinem Nichtpfändbaren machen kann, was man will - auch Gläubiger bezahlen.
Nein ?
Doch nicht ?
Bisher dachte ich, der § 283c StGB "Gläubigerbegünstigung" betrifft nur eigentlich pfändbares Einkommen oder Vermögen, wenn der Insolvenzler daraus Gläubiger bevorzugt bedienen würde
(denn der Einzug und die Verteilung obliegt dem Insolvenzverwalter).

at Lisbeth: Offensichtlich ist es Deinem Insolvenzverwalter bekannt (anders als Deinem, von Dir bezahlten Anwalt ?), dass es durchaus öfter vorkommt, dass auch nach Abschluss des "aussergerichtlichen Einigungsversuches" und nach Einreichung des Inso-Antrages es vorkommen kann, dass noch neue Gläubiger dazukommen, denn er hat Dich ja extra danach gefragt.

Willst Du ihn jetzt wirklich anlügen?
Das kommt gar nicht gut.
Es ist doch auch wirklich nicht nötig !

Nochmal deutlich: Es ist völliger Quatsch, was der Anwalt gesagt hat (wenn Du ihn richtig verstanden hast), dass das Inso-Verfahren dann "platzen" würde.

Beantworte die Frage der Sachbearbeiterin umgehend - und zwar ehrlich !
Und frag lieber hier weiter, wenn Dir was unklar ist (oder was komisch vorkommt), als "Deinen" Anwalt.
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Witwe Bolte
Guru
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von Witwe Bolte »

Danke at INTI für die prompte Klarstellung.
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tidus82
Admin
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von tidus82 »

Ach sorry, stimmt - alles gut :D danke für die Richtigstellung
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caffery
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Re: "Vergessene" Gläubiger im Eröffnungsverfahren?

Beitrag von caffery »

Dann senfe ich auch nochmal.

Kurzfassung:

Nicht zahlen - nachmelden - besser vorbereiten.

Langfassung:

Eine jetzige Zahlung wäre zwar aus den genannten Gründen höchstwahrscheinlich nicht "schädlich" im Sinne "Gläubigerbegünstigung", es wäre aber schlicht unsinnig.

Die Gläubiger sollten umgehend nachgemeldet werden - und zwar tout de suite. Wenn sie noch innerhalb der gerichtlich festgelegten Meldefrist nachgemeldet werden und die "neuen" Gläubiger die Chance behalten die Frist auch einzuhalten, ist aus Deiner Sicht "alles gut". Wenn die Meldefrist verstrichen ist, müssten die Gläubiger zur Nachmeldung ihrer Forderung eine Gebühr zahlen. Diese könnten sie Dir -besonders bei absichtlichem Verschweigen - bereits als Schadensersatz geltend machen. Wenn gar das Verfahren schon schlussgerechnet wurde und nicht einmal mehr nachgemeldet werden kann, ist eine deutlich höhere Schadensersatzforderung möglich.

Darüber hinaus können absichtlich oder grob fahrlässig "vergessene" Gläubiger in Extremfällen auch zu Versagungsanträgen führen.

Zu guter Letzt noch die pädagogische Keule;)
Bei der Geschichte stellen sich mir als Berater so ein bisschen die Fußnägel hoch. Insolvenzverfahren sollen nachhaltig sein. Was für mich als Berater auch bedeutet, dass ich mit darauf achten sollte, dass der Antrag in eine weitestgehend stabilisierte Haushaltssituation hinein gestellt werden sollte und nicht mitten in eine Situation des absoluten Chaos.
Anders gesagt: Die Schulden sollten während der Beratungsphase vor Antragserstellung bereits einige Zeit von der Haushaltssituation abgekoppelt werden - wonach der Haushalt dergestalt auf Stabilität überprüft werden sollte, dass dieser in der Lage ist zu wirtschaften ohne dabei mit höchster Wahrscheinlichkeit neue Schulden zu produzieren.
In der Phase zwischen Einigungsversuch und Antragstellung 3 neue Gläubiger in die Welt zu setzen spricht nach meiner Lesart natürlich nicht wirklich dafür, dass o.g. stattgefunden hat. Das ist aber auch nicht verwunderlich wenn ein Anwalt beauftragt wurde. Diese achten auf sowas fast nie - ist ja auch nicht deren Auftrag.
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