Insolvenz sinnvoll?

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helloween
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Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von helloween »

Guten Tag,
ich betreute eine Flüchtlingsfrau , alleinerziehend mit 2 kleinen Kindern. Sie hat ca 7000 € Schulden, die durch einen unglücklichen Umstand entstanden sind. Es gib einen einzigen Gläubiger. Zur Zeit bedient sie Ratenzahlungen in Höhe von 50 € mtl. Lebensunterhalt wird durch Alg 2 bestritten. Eine Ausbildung hat sie nicht.
Ist es sinnvoll, Privatinsolvenz anzumelden oder weiter Raten zu zahlen? Wie ist die Einschätzung? Unter Umständen wird sie in ein paar Jahren gar nicht mehr in DE sein, weil der Aufenthalt nur subsidiär ist.
Danke für Infos.
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Re: Insolvenz sinnvoll?

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Hi helloween,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Insolvenz sinnvoll?" geschaut?
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imker
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von imker »

Was hat sie veranlasst, eine Rate von 50 EUR zu zahlen? ALG2 liegt doch selten über dem pfändungsfreien Betrag?

Wenn die 7.000 EUR einem Gläubiger zustehen, wer hat ihr den Betrag zur Verfügung gestellt, wenn sie von ALG lebt und ohne Ausbildung ist - gibt es Ansätze für eine Täuschung bei einer Kreditaufnahme?

Ist die Forderung tituliert?

Wie ist die "Gefahr", dass neue Schulden begründet werden?

M.E. ist der rechtliche Vorteil an "so einer Insolvenz" nur der Umstand, dass die Kinder keine Schulden erben. Kann sie den Druck des Gläubigers dauerhaft oder bis zur Rückkehr ins Heimatland aushalten?
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helloween
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von helloween »

Das Schuldenproblem ist folgendermaßen entstanden:
In vielen Gemeinden/Städten gibt es für Flüchtlinge "Probemietverträge" mit der Gemeindediakonie, die Flüchtlinge betreut. Nach Ablauf eines Jahres wird der Mietvertrag dann direkt an den Vermieter übergeleitet bzw. abgeschlossen.(sofern der Mieter "miettauglich" ist, also keine Schwierigkeiten aufgetreten sind) Das Haus, in dem sie wohnte, wurde nach diesem Jahr abgerissen. Der neue Mietvertrag mit dem Vermieter direkt für eine andere Whg. abgeschlossen. Bei der Abrechnung des alten Hauses, Monate später stellte der Vermieter fest, dass für 1 Jahr KEINE Miete gezahlt wurde. Normalerweise überweist das Jobcenter für Flüchtlinge direkt an den Vermieter. In diesem Falle aber an die Mieterin, sodaß sie selber hätte überweisen müssen. Aufgrund von Sprachproblemen und Unkenntnis des Systems ist dieses der Mieterin nicht aufgefallen und versäumt worden. Ebenfalls ist das Ganze dem Vermieter erst bei der Abrechnung des Hauses aufgefallen.
Die Gemeindediakonie hat ihr dann ein zinsloses Darlehen über ca 7000 € zur Begleichung der Mietschulden gewährt.

Nein, die Forderung ist nicht tituliert. Ich denke nicht, dass weitere Schulden anfallen werden, denn die Mutter kontrolliert jetzt alles 3x und kann inzwischen auch besser deutsch verstehen.

Sie hatte natürlich keine andere Wahl, als 50€ mtl. als Rückzahlung zu leisten. Darüber hinaus ist ihr die Situation sehr sehr peinlich.
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caffery
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von caffery »

helloween hat geschrieben: 4. Nov 2018, 09:11 In diesem Falle aber an die Mieterin, sodaß sie selber hätte überweisen müssen. Aufgrund von Sprachproblemen und Unkenntnis des Systems ist dieses der Mieterin nicht aufgefallen und versäumt worden. Ebenfalls ist das Ganze dem Vermieter erst bei der Abrechnung des Hauses aufgefallen.
*hust* Naja..... Ich sag da mal nichts zu;)
helloween hat geschrieben: 4. Nov 2018, 09:11 Die Gemeindediakonie hat ihr dann ein zinsloses Darlehen über ca 7000 € zur Begleichung der Mietschulden gewährt.

Sie hatte natürlich keine andere Wahl, als 50€ mtl. als Rückzahlung zu leisten.
Wer hat denn gesagt, dass sie "keine andere Wahl" hat? Die Diakonie etwa?
Natürlich hat sie eine andere Wahl. Was soll denn die Diakonie machen wenn sie nicht weiter zahlt?

Es geht allein um die Frage, ob sie die Rate zahlen "kann". Da sie vom Existenzminimum (das Minimum um zu existieren) lebt, ist diese Frage schnell beantwortet.

Einen Insolvenzantrag in die genannte Situation zu stellen halte ich persönlich für Unsinn. Die Diakonie würde ja in diesem Falle genauso wenig (nämlich nichts) an Geld bekommen als wenn sie einfach nicht mehr zahlen würde und sich auf den Pfändugsschutz beruft.

Ein Insolvenzverfahren würde einfach nur noch einmal zusätzliche Kosten für sie (und im Endeffekt die Allgemeinheit) in die Welt zimmern. Das machte aus meiner Sicht allenfalls dann einen Funken Sinn, wenn sie langfristig hier bleiben möchte und sich die Diakonie dauerhaft als "eiserner" Gläubiger entpuppen würde, was mich ehrlich gesagt ziemlich überraschen würde.

So aus dem Gefühl heraus würde ich wahrscheinlich der Diakonie mitteilen, dass die Zahlung einer 50 Euro Rate aus dem Existensminimum leider existenzgefährdend für die Dame und ihre Kinder ist (da werden sie sicher zustimmen) und diese daher eingestellt werden muss bis sich die Einkommensverhältnisse verbessern.
In Anbetracht der Umstände, könnte ich mir auch vorstellen in diesem Falle ausnahmsweise eine 10 Euro "Gut-Will-Rate" zu zahlen. Aber das ist wie gesagt nur mein Gefühl in Anbetracht der Geschichte...
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imker
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von imker »

und kenne diese Erprobungs-Mietverträge so, dass im ersten Jahr nicht der Kandidat Mieter wird, sondern die ihn betreuende Einrichtung, an die der Kandidat die Miete zu zahlen hat. Der Vermieter will damit die soziale und finanzielle Einstellung oder Fähigkeit in einem Praxisjahr überprüfen und sich den Kündigungs- und Räumungskram nicht sofort aufladn.

Kann es auch hier so gewesen sein.. sollte sich mit einem Blick in den Mietvertrag klären lassen...

Wenn die Schuldnerin an die Diakonie als Hauptmieter nicht gezahlt hat, hat doch genau diese beabsichtigte Betreuung nicht funktioniert....und es ist nichtr dem "gierigen" Vermieter, sondern der Diakonie nicht aufgefallen.
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helloween
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von helloween »

Danke für die Info. Ich glaube auch, es ist besser, der Diakonie mitzuteilen, dass sie nur 10 € zahlen kann. Möglicherweise werden sie die Forderung dann titulieren, aber das macht dann erstmal gar nichts. Bis sie überhaupt arbeiten gehen kann, wird noch einige Zeit vergehen, und auch dann wird sie immer im pfändungsfreien Bereich verdienen (mangelnde Ausbildung).
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helloween
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von helloween »

imker hat geschrieben: 4. Nov 2018, 12:37
Wenn die Schuldnerin an die Diakonie als Hauptmieter nicht gezahlt hat, hat doch genau diese beabsichtigte Betreuung nicht funktioniert....und es ist nichtr dem "gierigen" Vermieter, sondern der Diakonie nicht aufgefallen.
So ist es bei genauer Betrachtung richtig. Auch beim Jobcenter ist es nicht richtig gelaufen, denn die zahlen hier die Mieten direkt an den VM.
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helloween
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Re: Insolvenz sinnvoll?

Beitrag von helloween »

Danke für die Infos :D
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