Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

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Noname2010
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Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von Noname2010 »

Brauch bitte nochmal euer Wissen oder einen Tipp, Schuldnerberater im Urlaub und wir müssen morgen uns entscheiden 🙈🙄:
Situation:
Mein Mann hat eine Lohn und kontopfändung gläubiger Jugendamt (alte Schulden..)... Nun kann er dadurch seinen aktuellen laufenden Unterhalt an das Kind nicht mehr zahlen da der pfändungsfreibetrag bei 1000 Euro liegt. Nun reden wir seit einer woche mit amtsgericht und Jugendamt hin und her wie das funktionieren soll... Nun hat das Jugendamt vorgeschlagen, dass sie die Pfändung ruhen lassen, aber er muss zwei abtretungserklärungen unterschreiben. Eine für den laufenden Unterhalt, dass das gleich vom Lohn weggeht (bis zum 18.geburtstsg des Kindes, das Kind ist jetzt 9) und eine 2. Abtretungserklärung mit einer Rate von 200 Euro, um die Altschulden zu tilgen. So nun sind wir uns nicht sicher ob wir das wirklich machen sollten, da mein Mann in den nächsten Wochen in privatinsolvenz geht (läuft gerade erst an) und damit ja dann erstmal alle Lohn und kontopfändungen hinfällig sind. Da werden ja dann die Karten eh neu gemischt und der Insolvenzverwalter verteilt das Geld dann. Kommt er mit den beiden abtretungserklärungen in Teufels Küche? Denn die sind ja dann nicht Hinfällig wenn die Privatinsolvenz eröffnet wurde - die laufen weiter, seh ich das richtig? Kann bitte jemand helfen? Ein wichtiger Punkt noch er wechselt zwischen durch auch noch den Arbeitgeber zum 15.4.
Wir sind grad ratlos und wollen das richtige tun. 🙄
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

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Hi Noname2010,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?" geschaut?
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tidus82
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von tidus82 »

Der Pfändungsfreibetrag mit einem Kind sollte doch nicht nur 1000 Euro betragen?!? Warum wurde der noch nicht erhöht?
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Noname2010
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von Noname2010 »

Wir sind in Widerspruch gegangen aber das dauert eh die das bearbeiten. Also wir haben beim Amtsgericht und Jugendamt um Erhöhung des Betrages gebeten.
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caffery
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von caffery »

Noname2010 hat geschrieben: 1. Mär 2021, 17:47 gläubiger Jugendamt (alte Schulden..)...
Wenn die (Alt-)Schulden älter als ein Jahr sind dürften die nur normal pfänden - also nach Tabelle und nicht in den Vorrechtsbereich. Nur für laufenden Unterhalt geht das - oder für solchen der jünger als ein Jahr ist.

Eine Pfändung in den Vorrechtsberechtsbereich wird durch eine Insolvenzeröffnung NICHT komplett "weggezaubert". Der Teil der die Pfändungsgrenze übersteigt geht ab dann in die Masse - aber der Teil zwischen Pfändungsgrenze und Selbstbehalt würde weiter an diesen Unterhaltsgläubiger gehen. Eine Insolvenzeröffnung würde das nicht ändern. Es würde sich also für Deinen Mann bei der Insolvenzeröffnung im worst case nichts ändern. Das kommt aber drauf an was genau da bei euch passiert - ihr habt aber zu wenig Ahnung davon um das hier genau genug zu beschreiben.

Der richtige Weg hängt sehr stark vom genauen Charakter der Forderung(en?) ab. Das kann man auf die Ferne wirklich schwer sagen. Die Vereinbarung auf den laufenden Unterhalt ist wahrscheinlich okay. Wenn der Altunterhalt aber wirklich nur Altunterhalt ist - und dieser Teil der Forderung nur "normal" pfändbar ist, würde ich den jetzt nicht mit einer Ratenvereinbarung bedienen. Und schon gar nicht eine irgendeine Erklärung blind unterschreiben. Nachher stimmt ihr damit dem vorsätzlich pflichtwidrigen Charakter der Altschulden zu oder sowas. Das kann man einfach auf die Ferne nicht bewerten.

Aber wie gesagt - ich weiß hier nichts über die Forderungen und kenne weder euch, noch die bisherigen Zahlungen, die Beschlüsse oder die Vereinbarungen. Ich kann euch hier auf die Schnelle anhand der vorliegenden Informationen nichts raten mit dem ich gut schlafen könnte. Dafür ist das Thema zu komplex und die Informationen zu gering.
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Noname2010
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von Noname2010 »

Es geht um Schulden von 2011 bis 2020...der vollstreckungsbescheid fordert die gelder bis 2019 ein. Der laufende Unterhalt wird seit Januar 2021 in voller Höhe gezahlt.
Es ist ja so, wenn er den AG wechselt fliegt zwar die lohnfändung raus aber die kontopfändung bleibt sicher bestehen oder? Wir hatten beim Amtsgericht um Erhöhung des Freibetrages gebeten, um den laufenden Unterhalt weiter zu zahlen. Wie man es macht... Man dreht sich im Kreis :( wir wollen nun auch vor der inso keine Fehler machen.

Bleibt der Beschluss bestehen wenn er in die inso geht? Oder ist dieser erstmal hinfällig und das Jugendamt wird dann durch den Insolvenzverwalter bedient (Tilgung der alt Schulden).
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caffery
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von caffery »

Noname2010 hat geschrieben: 1. Mär 2021, 19:10 Es geht um Schulden von 2011 bis 2020...der vollstreckungsbescheid fordert die gelder bis 2019 ein. Der laufende Unterhalt wird seit Januar 2021 in voller Höhe gezahlt.
Zwei Monate ist aber nicht
Noname2010 hat geschrieben: 1. Mär 2021, 19:10 Mein Mann hat eine Lohn und kontopfändung gläubiger Jugendamt (alte Schulden..)
im Sinne des § 850d Abs. 1 Satz 4 ZPO. Insoweit würde eine Vorrechtsbereichpfändung für die Rückstände nicht verwundern. Das hätte es eher getan wenn die Schulden tatsächlich im rechtlichen Sinne "alt" gewesen wären. Das hätte eher für eine Pfändung von laufendem Unterhalt gesprochen.
Daran sieht man u.a. wie unmöglich es ist sowas in einem Forum bzw. "auf die Ferne" sinnvoll zu beraten. Du hast Dir ja bei "alte Schulden" nichts gedacht. Ich denk da sofort an "älter als ein Jahr" und zack - bin ich auf ner falschen Fährte.
Noname2010 hat geschrieben: 1. Mär 2021, 19:10 Bleibt der Beschluss bestehen wenn er in die inso geht? Oder ist dieser erstmal hinfällig und das Jugendamt wird dann durch den Insolvenzverwalter bedient (Tilgung der alt Schulden).
Wenn der Beschluss sich wirklich ausschließlich auf Rückstände bezieht, müsste aus diesem mit Insolvenzeröffnung tatsächlich NICHT mehr vollstreckt werden können. (BAG, Urteil vom 17. 09. 2009 – 6 AZR 369/08)
Das war aus Deinen Ausführungen bislang nicht ganz klar geworden. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ihr mal sowas geschrieben habt wie "Die behaupten wir zahlen gar keinen Unterhalt - machen wir aber" oder so ähnlich. Einen Pfändungsbeschluss der sich (auch) auf laufenden Unterhalt bezieht würde die Insolvenzeröffnung nicht komplett tangieren. Eben nur für den Teil der laut Tabelle pfändbar ist und in die Masse kommt. Den Vorrechtsbereich könnte dann weiter der bevorrechtigte Gläubiger "beackern".
Wenn ich damit falsch erinnere... sorry. Hab grad so einiges im Kopf;)
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Noname2010
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von Noname2010 »

Die Vollstreckung geht bis Ende 2019.das sind sozusagen altschulden und älter als ein Jahr.
Ich danke dir auf jeden Fall für deine Antwort.
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caffery
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von caffery »

Wenn dem wirklich so ist und das Jugendamt klammert den "mächtigsten Teil" seiner Forderung aus irgendeinem Grund von der Vollstreckung aus, solltet ihr den Nachweis erbringen, dass der Unterhalt nicht absichtlich vorenthalten wurde - sondern nicht gezahlt werden konnte und bis dahin die Aussetzung der Vollstreckung beantragen - habt ihr ja wahrscheinlich schon. Außerdem die Insolvenzeröffnung möglichst beschleunigen.

Aber das alles habt ihr ja wahrscheinlich schon gemacht. Einer Vereinbarung für laufenden Unterhalt steht m.E. nichts im Wege. Eine Vereinbarung für die Rückstände bis zur I-Eröffnung würde nur Sinn machen wenn man sich damit kein Eigentor schießt. Die scheinen der kompletten Forderung ja den Stempel "absichtlich" aufdrücken zu wollen und versuchen das vermutlich in ihre Vereinbarung einzubetten. Das wäre natürlich für euch nicht gut, kann ich von hier aber nicht beurteilen.
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Noname2010
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von Noname2010 »

Darf ich gleich mal noch eine Frage stellen?
Pflichtwidrig entstandene Unterhaltsschulden ( alt) sind ja von der Restschuldbefreiung bei der inso ausgenommen - richtig?
Wird dies geprüft bei Gericht oder insolvenzverwalter? Dh mein Mann war Jahrelang geringveriener und konnte es nicht zahlen.. Hat sich aber net gemeldet beim Amt 🥴🙄... Kann man im nach hinein noch feststellen, dass er nicht oder nur wenig Unterhaltspflichtig war? Oder ist der Zug abgefahren?
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caffery
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Re: Abtretungserklärung vor der Privatinsolvenz?

Beitrag von caffery »

Noname2010 hat geschrieben: 2. Mär 2021, 07:10 Pflichtwidrig entstandene Unterhaltsschulden ( alt) sind ja von der Restschuldbefreiung bei der inso ausgenommen - richtig?
Nicht automatisch
Im Insolvenzverfahren muss der Gläubiger seine Forderung "speziell" gem. § 302 InsO Abs. 1 zur Tabelle anmelden. Darüber würdet ihr eine gesonderte Mitteilung mit einer Rechtsmittelfrist erhalten. Dann wäre Dein Mann am Zuge und müsste dieser "speziellen" Anmeldung widersprechen wenn er anderer Ansicht ist. Im Zuge dieses Widerspruchs könnte er dann den Nachweis erbringen, dass der Unterhalt nicht "vorsätzlich pflichtwidrig" (oder absichtlich) vorenthalten wurde. Das ginge etwa mit Einkommensbelegen und/oder Nachweisen über geleisteten Unterhalt (an das betreffende Kind und/oder andere Berechtigte) aus der betreffenden Zeit.
"Unterhaltspflichtig" war er auf jeden Fall. Die Frage ist aber bzw. würde aber sein, ob er "fähig" war den Unterhalt zu leisten.
Im Zweifelsfall guckt sich ein (Insolvenz-)Richter von idealerweise größtmöglicher Neutralität und maximaler Weisheit den Zusammenhang an und entscheidet in eurem Sinne;)
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