Stundung der Verfahrenskosten

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Witwe Bolte
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Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Witwe Bolte »

dazu eine Frage (nur so ... für alle Fälle ...)

Ein Schuldner hat beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des (Regel-) Insolvenzverfahrens gestellt und dazu den Antrag auf RSB und einen Antrag auf Kostenstundung.

Inso wird eröffnet, RSB wird gewährt ("wenn ...") und die Kostenstundung
für den ersten Abschnitt wird gewährt.
Der Insolvenzverwalter gibt die selbständige Tätigkeit frei, gem. InsO § 35 (2).

Irgendwann später wird das Verfahren aufgehoben, der zweite Abschnitt beginnt ("Wohlverhaltensperiode") und ein neuer Kostenstundungsantrag wird gestellt
und die Stundung der Kosten wird vom Gericht erneut gewährt.

Jetzt die Frage:
Im § 35 (2) steht was von "Vermögen" (aus der selbständigen Tätigkeit bez. Insolvenzmasse)
im Schreiben des Gerichts (zur Kostenstundung) steht etwas von
"jegliche Veränderung der Einkommensverhältnisse sind mitzuteilen",
"sowie die Erlangung von Vermögen (z.B. Erbschaft)".

Frage hier jetzt: sind beim Thema Kostenstundung
"Vermögen" und "Einkommen" quasi allumfassend gemeint (wie im SGB II beim ALG2) ?

Oder gehen weder Einkommen noch Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Insolaners
weder den IV (Thema "Insolvenzmasse") noch das Gericht (Thema "Kostenstundung") etwas an,
da freigegeben ?

Hier noch einmal ein fettes DANKE an Graf Wadula
für den Beschluss des BVerfG vom 7.12.2016 AZ 2 BvR 1602/16.

Wie gesagt, rein interessehalber ... man hat ja inzwischen schon so einiges erlebt
mit der deutschen Gerichtsbarkeit (und mit Banken ...),
was dem gesunden Menschenverstand schon mal widerspricht.
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

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Hi Witwe Bolte,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Stundung der Verfahrenskosten" geschaut?
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Graf Wadula
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Graf Wadula »

Wenn die Stundung bewilligt wurde, kann sie nur im Rahmen von § 4b und § 4c InsO aufgehoben werden. Innerhalb des Verfahrens sollten genau diese Fragen (wie z.B. Ratenzahlung oder ob jemand zu Geld gekommen ist) nicht zur Diskussion stehen und das Verfahren stören. Deshalb gibt es auch während des Verfahrens keine Ratenzahlungsverpflichtung. Leider vermengen die beiden genannten §§ auch die Tatbestände untereinander. Also, erbt man beispielsweise innerhalb der Wohlverhaltensperiode, muss man den Wert des Erbes zur Hälfte herausgeben. Diesen Wert würde man zunächst für die Kosten verwenden. Reicht dieser Betrag z.B. nicht aus, kann das Gericht trotzdem nicht den anderen Teil des Erbes für die Kosten verlangen. Das ist eben in 4c nicht vorgesehen.
Genau so bei der Freigabe der Selbständigkeit; sie müssen da auch nie den Gewinn auszahlen, sondern die Gläubiger so stellen als wenn sie abhängig beschäftigt sind. Auch da müssen Sie nicht (mehr) für die Kosten einzahlen. Wie gesagt, solche Diskussionen mit dem Gericht sollten nicht das Verfahren belasten.
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Witwe Bolte
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Witwe Bolte »

Danke, Graf Wadula, das beruhigt.
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MaxMuster
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von MaxMuster »

Hallo,

ich habe mit Beantragung meiner RI den Kostenstundungsantrag gestellt. Dieser wurde auf empfehlung des IV vom Gericht gewährt. Nach Aufhebung des Verfahrens, also mit Beginn der WVP, wurde ich einmal vom Gericht angeschrieben, mit der Bitte, meine finanzielle Situation darzulegen.
Ich habe dann mit einem "Zweizeiler" geantwortet, das ich mein Lebensunterhalt durch meine Selbstständigkeit bestreite (habe keine Zahlen oder sonstiges angegeben). Und damit war das Gericht zufrieden.
Ca. 7 Monate vor Ablauf der 5 Jahresfrist habe ich noch eine Festanstellung angenommen, so das durch die von dort kommende Abführung die Verfahrenskosten gedeckt wurden. Auf Antrag wurde dann die RSB nach 5 Jahren erteilt.
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Witwe Bolte
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Witwe Bolte »

Hallo MaxMuster,
hast Du für den zweiten Abschnitt (WVP, nach Aufhebung)
auch noch mal einen Kostenstundungsantrag gestellt?
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MaxMuster
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von MaxMuster »

Wenn du den Stundungsantrag stellst, gilt der für das GANZE Verfahren und nicht nur für einen Abschnitt.
Also nein, ich habe nur einmal am Anfang den Antrag gestellt.
Sobald Geld abgeführt wird, wird es dann allerdings erst auf die Verfahrenskosten angerechnet, die gestundet wurden.

Ich könnte mir höchstens vorstellen, (aber da bin ich mir nicht sicher) das wenn am Ende des Verfahrens, also nach 6 Jahren noch Kosten offen sind, man dann einen neuen Stundungsantrag stellen muss. Aber im laufenden Verfahren, stellt man den Antrag nur einmal.

Wie das dann aber abläuft, wenn es bald die 3 Jahresregel gibt, habe ich keine Ahnung.
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Witwe Bolte
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Witwe Bolte »

In der InsO steht es anders, s. § 4a (3) letzter Satz:
"Die Stundung erfolgt für jeden Verfahrensabschnitt besonders. Bis zur Entscheidung über die Stundung treten die in Satz 1 genannten Wirkungen einstweilig ein. 4§ 4b Abs. 2 gilt entsprechend."

Und hier war es auch anders:
1. Mit dem Antrag auf Eröffnung wurde ein Stundungsantrag gestellt und
2. Nach der Aufhebung kam eine Rechnung des IV mit dem Hinweis, dass für den zweiten Abschnitt (bis zur RSB) ggf. ein neuer Stundungsantrag gestellt werden kann.

Aber wenn Du jetzt was zum Abführen hast, dann bezahlst Du damit ja vorrangig die Verfahrenskosten, so dass ein Stundungsantrag Nr. 2 in Deinem Fall nicht nötig ist.
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MaxMuster
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von MaxMuster »

Ich kann halt nur schreiben wie es bei mir war. Und ich habe nur einen Antrag zur Stundung gestellt. Und mit dem Abführen habe ich auch erst in der WVP angefangen, vorher nicht, und das auch erst so, das ich die 5 Jahre bekomme.
Mag vielleicht auch an der Rechtspflegerin gelegen haben die ich hatte. Die hat sogar zugestimmt das eine Abtretungserklärung dem Arbeitgeber nicht offen gelegt wird als ich eine Vollzeitstelle angenommen habe, und ich somit selber abführen konnte ohne das der Arbeitgeber etwas davon mitbekommen hat.
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Witwe Bolte
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Witwe Bolte »

MaxMuster hat geschrieben: 12. Nov 2020, 16:58 ...
Mag vielleicht auch an der Rechtspflegerin gelegen haben die ich hatte. Die hat sogar zugestimmt das eine Abtretungserklärung dem Arbeitgeber nicht offen gelegt wird
...
Ob die Abtretungserklärung dem Arbeitgeber offen gelegt wird oder nicht,
entscheidet allein der Insolvenzverwalter / Treuhänder - ist ja auch sein Risiko,
wenn er es nicht tut, s. BGH vom 07.04.2011 AZ  IX ZB 40/10
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Graf Wadula
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Re: Stundung der Verfahrenskosten

Beitrag von Graf Wadula »

Richtig ist, dass man einen Stundungsantrag für das ganze Verfahren stellen kann. Manche Gerichte stunden sofort für alle Verfahrensabschnitte. Manche für jeden Abschnitt besonders. Das ist überall anders.
Mit Erteilung der RSB endet die Stundung. Wenn man also die Stundung verlängert haben will, muss man einen neuen Antrag stellen (§ 4b InsO). Allerdings kann der formlos gestellt werden.
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