Benötige Orientierung

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Ivan667
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Benötige Orientierung

Beitrag von Ivan667 »

Hallo, ich bin Etwas neu beim Thema Schulden und benötige Etwas Orientierung.

Vor ungefähr 5 Jahren habe ich ein Studium abgebrochen, da ich Studium und Arbeit parallel nicht unter einen Hut bekommen habe. Dadurch sind einige Schulden entstanden, u.A. Mietschulden, nachträgliche Krankenversicherung, sowie eine geringe Überziehung des Kontos.

Nach dem Studium habe ich wieder Arbeit in meinem alten Beruf angefangen, und angefangen diese Schulden abzuzahlen.
Leider wurde mein Jahresvertrag nicht verlängert, und das finden neuer Arbeit hat sich etwas schwierig gestaltet, und ich bin dann durch diverse private Probleme in eine Depression abgedriftet, wodurch ich mich auch nicht mehr um die Gläubiger gekümmert habe. In der Phase kamen dann auch neue Schulden hinzu, Mietschulden sowie Schulden bei den Kreiswerken.

Seit knapp 3 Jahren beziehe ich Hartz 4, und hatte in der Periode auch kurzzeitig einen Betreuer, der sich (sehr halbherzig) um die Schulden gekümmert hat. Das ist aber auch zu spät passiert, und vor ca. 2 Jahren habe ich eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben. Der Betreuer hat dann noch ein P-Konto eingerichtet, und da ich nur Hartz 4 beziehe, ist in Sachen Schulden seit ca. 2 Jahren nichts mehr passiert.

Den Betreuer bin ich glücklicherweise wieder los geworden, und auch meine gesundheitlichen Probleme habe ich mittlerweile im halbwegs Griff.
Nun habe ich einen Arbeitsvertrag angeboten bekommen, der sehr vielversprechend ist, und habe durch das KCA sehr großzügige Unterstützung angeboten bekommen, u.A. Einstiegsgeld, Führerschein, und PKW Zuschuss.

Ich würde gerne mit den Gläubigern Regelungen vereinbaren, soweit dies möglich ist, damit möglichst wenige Überraschungen passieren, und offensichtlich kann ich nicht einfach substanzielle Hilfe vom Amt über mein P-Konto laufen lassen, da der Führerscheinzuschuss usw dann wohl weggepfändet wird.
Ich würde mich gerne selbst soweit es möglich ist um alles Kümmern, dabei gibt es aber 2 Probleme

1. Ich kenne mich im Schuldenthema nicht aus (bin aber bereit mich einzuarbeiten)
2. Die Unterlagen die zwischenzeitlich beim Betreuer waren und von diesem geführt wurden sind schlecht sortiert und lose, d.h. möglicherweise unvollständig. Ich habe also eine große Unsicherheit was deren Vollständigkeit angeht.

Nun gehe ich davon aus, das ich mittlerweile neue Post erhalten hätte, wenn es grobe Angelegenheiten gäbe, um die sich der Betreuer damals nicht gekümmert hat, da ja 2 Jahre vergangen sind.

Ich bin noch dabei Unterlagen zu sichten, und habe keine exakte Summe, aber die Gesamtschulden liegen irgendwo zwischen 5.000 und 10.000€.

Konkrete Fragen:

1. Soll ich eine Schuldenberatung konsultieren, und wenn ja welche?
2. Erfährt der neue Arbeitgeber zwangsläufig von den Gläubigern? In dem Fall würde ich ihn gleich von Anfang an einweihen
3. Wie einigt man sich mit Gläubigern? Kann man Mahngebühren, Zinsen usw wegverhandeln? Wie ist die Verhandlungsposition als Schulder der gut 2 Jahre nach EV nichts bezahlt hat, und nun neue Arbeit annimmt? (in 2 Wochen)
4. Welche Fallstricke gibt es, auf die ich besonders aufpassen muss?
5. Wie kann ich das so regeln, das die Hilfsangebote vom Amt mich auch erreichen und den Zwecken (Führerschein, Auto) zugeführt werden, die zur Aufnahme der Arbeit zwingend nötig sind?

Ich würde mich freuen, wenn mir Jemand der sich mit der Thematik auskennt, eine grobe Orientierung gibt, weil ich bisher keine wirkliche Erfahrung mit dem Thema habe.
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Re: Benötige Orientierung

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Hi Ivan667,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Benötige Orientierung" geschaut?
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Ruhrpottmensch
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von Ruhrpottmensch »

Erstmal... Super, dass Du die Thematik jetzt offenbar "geordnet" angehen möchtest.
Ich kenn das aus eigener Erfahrung, wie sehr die Psyche auf den Antrieb drücken kann und man sich deswegen auch lange nicht kümmern kann... Bzw. wie sehr eine Schuldenlast auf die Psyche drückt...

Tatsächlich kann ich Dir als "Durchschnittsschuldner" leider wenig Deiner Fragen wirklich beantworten...
Da solltest Du eventuell noch auf die Praktiker hier im Forum warten...

Aus meinen eigenen Erfahrungen (Im schon eröffneten Insoverfahren):

Ja... Eine Schuldnerberatung ist eine hervorragende Idee. Schau Dich mal im Netz nach einer caritativen Beratung in Deiner Nähe um. Da kann es, je nach Region & "wie voll der Tisch ist", zwar zu Wartezeiten kommen, aber habe ich durchweg positive Erfahrungen gemacht. Eine kostenpflichtige Beratung bei einem Anwalt, "Schuldnerberater" o.ä. wird in Deiner finanziellen Situation nicht wirklich Zielführend sein...

Was das Thema "Schulden" angeht, würde ich mit einem -potentiellen- AG immer offen darüber reden. Denn gerade ohne Insoverfahren hängt an Schulden oftmals noch ein ziemlich langer Rattenschwanz dran wie z.B. Konto/Gehaltspfändung. Und spätestens dann würde ein AG es mitbekommen...
Also... Höflich, aber bestimmt raus mit der Sprache. Sollte ein AG sich, wegen der Schulden, gegen Dich entscheiden... So war es eh nicht der richtige... ;)

Der erste Schritt sollte meinem Gefühl nach wirklich der Weg zu einer Schuldnerberatung sein. Die können, gemeinsam mit Dir, auch den ganzen Papierberg aufarbeiten und alles in relativ geordnete Bahnen bringen. Vor allem können sie mit Dir einen "Fahrplan" erstellen wie Du in deiner Situation am besten mit den Schulden weiter verfährt...
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imker
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von imker »

mal so ganz platt gefragt: die großzügige Unterstützung durch das KCA (?) wird ein rückzahlbares Darlehen sein?

und ganz platt ergänzt: professionelle Inkassobuden sind eine auf Ertrag und Gewinn ausgerichtete Veranstaltung und keine sozial geprägte Einrichtung.

Daher sind wirklich guttuende Vereinbarungen selten und bei jungen Menschen nach meiner beschränkten Erfahrung eher sehr selten und kommen vielleicht mal bei ganz alten Personen (da habe ich es mal mit weniger als 2% der Schuldensumme geschafft) vor, wobei in solchen Fällen oft auch intern auf die Dusseligkeit, die Erbschaft rechtzeitig auszuschlagen oder sich anderweitig zu wehren, ganz erfolgreich gesetzt wird.

um die Frage nach "Möglichkeiten" einzuschätzen: in welcher Höhe ist aus der neuen Tätigkeit ein Netto-Einkommen zu erwarten - und das dann auch für die nächsten sechs oder mehr Jahre?
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Ivan667
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von Ivan667 »

Ruhrpottmensch hat geschrieben: 1. Nov 2019, 15:26 Ja... Eine Schuldnerberatung ist eine hervorragende Idee. Schau Dich mal im Netz nach einer caritativen Beratung in Deiner Nähe um.
Habe ich schon, werde gleich Montag versuchen dort einen Termin zu bekommen.
Ruhrpottmensch hat geschrieben: 1. Nov 2019, 15:26 Eine kostenpflichtige Beratung bei einem Anwalt, "Schuldnerberater" o.ä. wird in Deiner finanziellen Situation nicht wirklich Zielführend sein...
Das verstehe ich nicht ganz?
imker hat geschrieben: 1. Nov 2019, 19:22 mal so ganz platt gefragt: die großzügige Unterstützung durch das KCA (?) wird ein rückzahlbares Darlehen sein?
Nein.
imker hat geschrieben: 1. Nov 2019, 19:22 und ganz platt ergänzt: professionelle Inkassobuden sind eine auf Ertrag und Gewinn ausgerichtete Veranstaltung und keine sozial geprägte Einrichtung.

Daher sind wirklich guttuende Vereinbarungen selten und bei jungen Menschen nach meiner beschränkten Erfahrung eher sehr selten und kommen vielleicht mal bei ganz alten Personen (da habe ich es mal mit weniger als 2% der Schuldensumme geschafft) vor, wobei in solchen Fällen oft auch intern auf die Dusseligkeit, die Erbschaft rechtzeitig auszuschlagen oder sich anderweitig zu wehren, ganz erfolgreich gesetzt wird.
Ich bin mir nicht ganz sicher was du damit meinst. Mein Ansatz wäre herauszufinden was jedem Gläubiger zusteht, eventuell überzogene Forderungen an Mahnkosten anzufechten und herunterzuhandeln, und dann das was übrig bleibt dem Gläubiger freiwillig als Rate zu Zahlen, damit Konto- oder Lohnpfändungen gar nicht erst passieren müssen. Bis jetzt hat quasi kein Gläubiger in den letzten 2 Jahren auch nur einen Cent gesehen.
imker hat geschrieben: 1. Nov 2019, 19:22 um die Frage nach "Möglichkeiten" einzuschätzen: in welcher Höhe ist aus der neuen Tätigkeit ein Netto-Einkommen zu erwarten - und das dann auch für die nächsten sechs oder mehr Jahre?
Ich glaube es gibt hier einige Missverständnisse. Ich zahle zur Zeit nur 350€ Warmmiete, und habe auch sonst sehr geringe Lebenshaltungskosten. Ich kann mit Geld in der Regel sehr gut umgehen, und habe auch keine unsinnigen Verträge etc abgeschlossen. Ich lebe zur Zeit sehr gut von Hartz 4 und kann jeden Monat etwas Geld weglegen für Überraschungen und größere Anschaffungen. Die Schulden wurden in einer depressiven Phase angehäuft, in der ich einfach vollkommen mit meinen Lebensumständen überfordert war.

Das Nettoeinkommen dürfte sich auf 1600-1650€ belaufen, zuzüglich einer noch unbekannten Summe vom Amt für mindestens 6 bis maximal 24 Monate. Nach meinen Recherchen sind das in der Regel bis zu 350€ im Regelfall und bis zu 700€ in besonderen Fällen.

Dem gegenüber stehen Schulden von weniger als 10.000€. Das Abzahlen der Schulden selbst sehe ich also als unproblematisch an, wenn ich die Pfändungsfreigrenze von 1178€? ansetze sind das schon 422€ Abzahlung im Monat. Dazu kommt das Einstiegsgeld vom Amt, also würde ich von einem Zeitraum von ca. 12-18 Monaten ausgehen, in dem ich die Schulden Abbezahle. Die 1178€ reichen auch völlig aus, um Miete, Lebenshaltungskosten und PKW zu finanzieren, da komme ich immer noch deutlich Hartz 4 heraus.

Mir geht es eher um das Organisatorische, ich möchte keine Überraschungen erleben, nur weil ich es versäumt habe, bestimmte Prozesse in die Wege zu leiten.
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Ruhrpottmensch
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von Ruhrpottmensch »

Ivan667 hat geschrieben: 2. Nov 2019, 13:16 Mir geht es eher um das Organisatorische, ich möchte keine Überraschungen erleben, nur weil ich es versäumt habe, bestimmte Prozesse in die Wege zu leiten.
Deine "Planung" in allen Ehren (Ist ja gut, dass Du Dir viele & solide Gedanken machst!)...
Eine "Schuldenbereinigung" hält oftmals aber einige an Überraschungen bereit. Ganz gleich auf welchem Wege. Da muss sich nur ein Gläubiger mal etwas quer stellen...

Deswegen ja auch mein Rat zu einer Beratung zu gehen.... ;)
Die haben den deutlich besseren Überblick und gucken vor allem "von außen" mal drauf. Gänzlich ohne irgendwelche hoffnungsvollen "Wunschvorstellungen".

"Schuldnerberater" o. Anwälte die sich mit "Schuldenbereinigung" auskennen, geben Dir wahrscheinlich sehr schnell einen Termin. Wollen aber dementsprechend auch bezahlt werden. Und warum sollte man in einer Überschuldung noch weitere Kosten produzieren, wenn es nicht wirklich notwendig ist. Rechtssichere Schreiben kann Dir auch eine caritative Schuldnerberatung aufsetzen...
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imker
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von imker »

Ivan667 hat geschrieben: 2. Nov 2019, 13:16
imker hat geschrieben: 1. Nov 2019, 19:22 um die Frage nach "Möglichkeiten" einzuschätzen: in welcher Höhe ist aus der neuen Tätigkeit ein Netto-Einkommen zu erwarten - und das dann auch für die nächsten sechs oder mehr Jahre?
Ich glaube es gibt hier einige Missverständnisse. Ich zahle zur Zeit nur 350€ Warmmiete, und habe auch sonst sehr geringe Lebenshaltungskosten. Ich kann mit Geld in der Regel sehr gut umgehen, und habe auch keine unsinnigen Verträge etc abgeschlossen. Ich lebe zur Zeit sehr gut von Hartz 4 und kann jeden Monat etwas Geld weglegen für Überraschungen und größere Anschaffungen. Die Schulden wurden in einer depressiven Phase angehäuft, in der ich einfach vollkommen mit meinen Lebensumständen überfordert war.

Das Nettoeinkommen dürfte sich auf 1600-1650€ belaufen, zuzüglich einer noch unbekannten Summe vom Amt für mindestens 6 bis maximal 24 Monate. Nach meinen Recherchen sind das in der Regel bis zu 350€ im Regelfall und bis zu 700€ in besonderen Fällen.

Dem gegenüber stehen Schulden von weniger als 10.000€. Das Abzahlen der Schulden selbst sehe ich also als unproblematisch an, wenn ich die Pfändungsfreigrenze von 1178€? ansetze sind das schon 422€ Abzahlung im Monat. Dazu kommt das Einstiegsgeld vom Amt, also würde ich von einem Zeitraum von ca. 12-18 Monaten ausgehen, in dem ich die Schulden Abbezahle. Die 1178€ reichen auch völlig aus, um Miete, Lebenshaltungskosten und PKW zu finanzieren, da komme ich immer noch deutlich Hartz 4 heraus.

Mir geht es eher um das Organisatorische, ich möchte keine Überraschungen erleben, nur weil ich es versäumt habe, bestimmte Prozesse in die Wege zu leiten.
Das verstehe ich so, dass Du
1. alles über 1178 EUR an Monatseinkommen zur Schuldentilgung einplanst
2. sicher bist, dass der geplante Zustand (Arbeitslohn und sparsames Leben) für die Dauer der Schuldentilgung sicher ist und nicht (wieder) schlechter wird.

Ich rate auch dringend zu einem Gang zu einer irgendwie gearteten professionellen Beratung.

Ich berate in diesem "Geschäftsfeld" seit 2006 und kenne Fälle, in denen die Planung der Schuldner, alles zurückzahlen zu wollen auch aufging.

Die Mehrzahl der mir bekannten Fälle hat entweder von vornhein dieses Ziel nicht oder erkennt vor Verfahrenseröffnung oder im Verlauf des Verfahrens, dass es nicht erreichbar ist.

Das liegt daran, dass bei 7.500 EUR Schulden mit einer Minimalverzinsung von 5% über Basiszinsatz jährlich etwa 400 EUR und damit 1/12 der für die Schuldentilgung geplanten Mittel draufgeht. Ganz grob gerechnet wird es wohl mindestens 6 und maximal 10 Jahre dauern, bis alles getilgt ist.

Das halte ich für eine Belastung, die ich meinem ärgsten Feind nicht empfehlen würde.

Ist die angestrebte Tätigkeit mit körperlicher Arbeit und Hausbesuchen verbunden? Hast Du sie schon einmal über mehr als 12 Monate ausgeführt? Warum ist der Arbeitgeber bereit, Dich einzustellen? Gab es eine Person, die die Tätigkeit in der Vergangenheit ausgeübt hat und wohin ist die verschwunden?

Ich finde es anerkennswert, dass die gemachten Schulden zurückgezahlt werden sollen. Ich habe kein Verständnis für dieses Ziel, wenn es unrealistisch ist, alles zurückzuzahlen. Ich würde mir überlegen, ob der Arbeitsplatz mit der Offenlegung der Schulden beim Chef wirklich gefährdet ist und wenn das nicht der Fall ist, würde ich alles offenlegen und die Beratungsstelle tätig werden lassen. Dein Glaube an das Nachgeben von prof. Gläubigern wird durch das mir bekannte reale Verhalten überhaupt nicht gestützt. Oder wieder ganz platt: wenn die aktuelle Schuldenhöhe nicht bekannt ist solltest Du Dir erst einmal Gedanken darüber machen, welcher Schuldenhöhe "gewuppt" werden kann und bei einem höheren Schuldenbetrag akzeptieren, dass es nicht mit einer 100% Tilgung zu schaffen ist.
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caffery
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von caffery »

Ivan667 hat geschrieben: 2. Nov 2019, 13:16 Mein Ansatz wäre herauszufinden was jedem Gläubiger zusteht, eventuell überzogene Forderungen an Mahnkosten anzufechten und herunterzuhandeln, und dann das was übrig bleibt dem Gläubiger freiwillig als Rate zu Zahlen, damit Konto- oder Lohnpfändungen gar nicht erst passieren müssen. Bis jetzt hat quasi kein Gläubiger in den letzten 2 Jahren auch nur einen Cent gesehen.
Das ist eben Dein "Denkfehler" und auch das was Imker beschreibt:

Du hast keine Erfahrungen mit der Inkassobranche. Die werden sehr wahrscheinlich nicht mit Dir darüber verhandeln ob deren Forderung überhöht ist und auch nicht mit Dir verhandeln nur weil die zwei Jahre kein Geld gesehen haben.

Was in diesem Szenario - zumindest bei einigen Gläubigern - viel wahrscheinlicher ist:
Du meldest Dich egal welchen Inhalts bei denen und landest wieder oben in deren Prioritätenkartei. Dadurch werden sie den Druck wieder deutlich erhöhen und kaum beachten was Du denen eigentlich mitteilen wolltest.
Einige werden versuchen Dir Vereinbarungen unterzujubeln, die Deine Schuldsummen zunächst mal noch weiter erhöhen und - was noch ungleich schlimmer ist - Deine rechtliche Situation noch weiter verschlechtern.
Dann fängst Du vielleicht an rumzudiskutieren und die werden den Druck noch weiter erhöhen.
Im "schlimmsten" Falle suggerierst Du Zahlungsbereitschaft oder teilst denen gar mit, dass aktuell bei Dir was zu holen ist und Du Dich jetzt mit einem Multigläubigerportfolio auf Einigungssuche begibst.
In diesem Szenario ist Deine eigentliche Absicht völlig obsolet und nicht wenige Gläubiger werden diese Ansage dergestalt aufnehmen, dass sie einfach dankend abnicken und reinvollstrecken.

Denn: Das Ziel der Branche ist nicht deckungsgleich mit Deinem. Du willst Deine Schulden loswerden. Deren vorrangiges Ziel ist aber NICHT, dass Du Deine Schulden tilgst sondern viel eher, dass Du möglichst lange möglichst viel zahlst.
Das muss man sich bewusst machen: Die verdienen ihr Geld mit Schulden - und zwar nicht vorrangig mit denen die schon da sind, sondern mit denen die sie zusätzlich generieren.

Ich rate Dir also in diesem Stadium nicht selbst Kontakt zu (Inkasso-)Gläubigern aufzunehmen. Bei den wenigen Fällen in denen Schuldner es geschafft haben, ein Multigläubigerportfolio über Jahre und Jahrzehnte in Eigenregie abzuzahlen haben die Leute unfassbar viel Geld für Fantasiegebühren etc. an die Inkassobranche verbrannt - nicht selten in einem Ausmaß, dass einem die Tränen kommen.

Lass Dir also bitte helfen und gehe zu einer karitativen Beratungsstelle.
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von Ivan667 »

So langsam nähern wir uns der Sache.
caffery hat geschrieben: 2. Nov 2019, 19:56 Das ist eben Dein "Denkfehler" und auch das was Imker beschreibt:

Du hast keine Erfahrungen mit der Inkassobranche.
Die habt ihr. Deswegen bin ich hier und frage.
caffery hat geschrieben: 2. Nov 2019, 19:56 Die werden sehr wahrscheinlich nicht mit Dir darüber verhandeln ob deren Forderung überhöht ist und auch nicht mit Dir verhandeln nur weil die zwei Jahre kein Geld gesehen haben.

Was in diesem Szenario - zumindest bei einigen Gläubigern - viel wahrscheinlicher ist:
Du meldest Dich egal welchen Inhalts bei denen und landest wieder oben in deren Prioritätenkartei. Dadurch werden sie den Druck wieder deutlich erhöhen und kaum beachten was Du denen eigentlich mitteilen wolltest.
Einige werden versuchen Dir Vereinbarungen unterzujubeln, die Deine Schuldsummen zunächst mal noch weiter erhöhen und - was noch ungleich schlimmer ist - Deine rechtliche Situation noch weiter verschlechtern.
Dann fängst Du vielleicht an rumzudiskutieren und die werden den Druck noch weiter erhöhen.
Im "schlimmsten" Falle suggerierst Du Zahlungsbereitschaft oder teilst denen gar mit, dass aktuell bei Dir was zu holen ist und Du Dich jetzt mit einem Multigläubigerportfolio auf Einigungssuche begibst.
In diesem Szenario ist Deine eigentliche Absicht völlig obsolet und nicht wenige Gläubiger werden diese Ansage dergestalt aufnehmen, dass sie einfach dankend abnicken und reinvollstrecken.

Denn: Das Ziel der Branche ist nicht deckungsgleich mit Deinem. Du willst Deine Schulden loswerden. Deren vorrangiges Ziel ist aber NICHT, dass Du Deine Schulden tilgst sondern viel eher, dass Du möglichst lange möglichst viel zahlst.
Das muss man sich bewusst machen: Die verdienen ihr Geld mit Schulden - und zwar nicht vorrangig mit denen die schon da sind, sondern mit denen die sie zusätzlich generieren.
Verstanden.
caffery hat geschrieben: 2. Nov 2019, 19:56 Ich rate Dir also in diesem Stadium nicht selbst Kontakt zu (Inkasso-)Gläubigern aufzunehmen. Bei den wenigen Fällen in denen Schuldner es geschafft haben, ein Multigläubigerportfolio über Jahre und Jahrzehnte in Eigenregie abzuzahlen haben die Leute unfassbar viel Geld für Fantasiegebühren etc. an die Inkassobranche verbrannt - nicht selten in einem Ausmaß, dass einem die Tränen kommen.

Lass Dir also bitte helfen und gehe zu einer karitativen Beratungsstelle.
Du schreibst hier speziell das ich selbst nicht Kontakt aufnehmen soll. Was ändert sich denn grundlegend, wenn das Jemand anderes macht, also z.B. die Beratungsstelle? Die Möglichkeiten für den Gläubiger und die Signalisierungen bleiben doch gleich?

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Zusammen mit dem was ich sonst bisher gelesen habe, scheint mir der ideale Weg so auszusehen:

- Die Gläubiger nicht kontaktieren
- Neues Konto eröffnen und das Gehalt sowie alle Zahlungen vom Amt auf ein den Gläubigern unbekanntes Konto leiten
- Schuldensumme ansparen und dann auf einen Schlag abbezahlen, damit dem Gläubiger kein Handlungsspielraum für Unsinn bleibt
- Gläubiger priorisieren die demnächst einen Titel erwirken möchten
- Dann Gläubiger priorisieren die Titel erwirkt haben
- Dann Gläubiger priorisieren, die keinen Titel erwirkt haben und dies auch wohl nicht tun werden

Sehe ich das in Etwa so richtig?
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Ivan667
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von Ivan667 »

imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Das verstehe ich so, dass Du
1. alles über 1178 EUR an Monatseinkommen zur Schuldentilgung einplanst
Korrekt. Damit liege ich nach Abzug von Warmmiete, 400€ Lebenshaltungskosten, PKW Versicherung, PKW Steuer und Sprit für den Arbeitsweg immer noch bei 270€ die als Puffer jeden Monat bleiben. Damit würde ich erstmal auskommen.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 2. sicher bist, dass der geplante Zustand (Arbeitslohn und sparsames Leben) für die Dauer der Schuldentilgung sicher ist und nicht (wieder) schlechter wird.
Ich lebe seit 3 Jahren sparsam, und komme wie gesagt mit Hartz 4 gut aus. Neue Jobs bei neuen Arbeitgebern sind nie 100% sicher, es kann natürlich sein das ich während der Probezeit gekündigt werde, und wieder auf Hartz 4 zurückfalle.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Ich rate auch dringend zu einem Gang zu einer irgendwie gearteten professionellen Beratung.

Ich berate in diesem "Geschäftsfeld" seit 2006 und kenne Fälle, in denen die Planung der Schuldner, alles zurückzahlen zu wollen auch aufging.

Die Mehrzahl der mir bekannten Fälle hat entweder von vornhein dieses Ziel nicht oder erkennt vor Verfahrenseröffnung oder im Verlauf des Verfahrens, dass es nicht erreichbar ist.
Wie ich im Startbeitrag erklärt habe, haben die Schulden sich nicht nur angehäuft. Es gab eine Phase von 1 Jahr, in dem ich ähnlich verdient habe wie mir nun in Aussicht steht, und in diesem Jahr hatte ich alle Gläubiger kontaktiert, und Ratenzahlungen abgeschlossen. Damals habe ich ebenso ca 450€ im Monat abgezahlt, und der Schuldenberg ist auch zügig dahingeschmolzen. Am Ende des Jahres waren dann aus 8000€ nur noc h 3000€ geworden. (Grob über den Daumen, die genauen Zahlen müsste ich nachschauen, auch habe ich nicht alle Gläubiger sofort angeschrieben und die Tilgung von 450€ bestand dann am Jahresende, nicht am Anfang)
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Das liegt daran, dass bei 7.500 EUR Schulden mit einer Minimalverzinsung von 5% über Basiszinsatz jährlich etwa 400 EUR und damit 1/12 der für die Schuldentilgung geplanten Mittel draufgeht. Ganz grob gerechnet wird es wohl mindestens 6 und maximal 10 Jahre dauern, bis alles getilgt ist.

Das halte ich für eine Belastung, die ich meinem ärgsten Feind nicht empfehlen würde.
Das verstehe ich nicht ganz. Kannst du mir das Aufschlüsseln? Wie Ende ich bei, nehmen wir einfach mal 10.000€ Schulden an, + 422€ Tilgung Minimum pro Monat, bei 6-10 Jahren?
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Ist die angestrebte Tätigkeit mit körperlicher Arbeit und Hausbesuchen verbunden?
Geringfügig, ist zu 50% ein Bürojob und nein.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Hast Du sie schon einmal über mehr als 12 Monate ausgeführt?
Ja, bei 2 verschiedenen Arbeitgebern für insgesamt 8 Jahre.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Warum ist der Arbeitgeber bereit, Dich einzustellen? Gab es eine Person, die die Tätigkeit in der Vergangenheit ausgeübt hat und wohin ist die verschwunden?
Ich habe in der Firma nun für einen Monat zur Probe gearbeitet, und mir einen umfassenden Eindruck von der Firma gemacht. Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, aber ich habe den Arbeitgeber schlicht fachlich überzeugt. Es gab 2 Vorgänger die verschwunden sind, einer davon in eine besser bezahlte Stelle bei einer anderen Firma.
Ich bewerte diesen Job erstmal als Chance, nach doch längerer Arbeitslosigkeit einen Wiedereinstieg zu finden, und nicht primär danach, ob ich in der Firma in 30 Jahren auch in Rente gehen werde. Diese Bewertung würde anders ausfallen.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Ich finde es anerkennswert, dass die gemachten Schulden zurückgezahlt werden sollen. Ich habe kein Verständnis für dieses Ziel, wenn es unrealistisch ist, alles zurückzuzahlen.
Ich halte es für den einfachsten Weg, den ich gehen kann. Warum ist das so unrealistisch? Klärt sich vermutlich wenn du die Rechnung mit 6-10 Jahren von Oben aufschlüsselst.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Ich würde mir überlegen, ob der Arbeitsplatz mit der Offenlegung der Schulden beim Chef wirklich gefährdet ist
Wahrscheinlich nicht. Ich scheue mich nur Fässer aufzumachen, die man zu lassen könnte.
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 und wenn das nicht der Fall ist, würde ich alles offenlegen und die Beratungsstelle tätig werden lassen. Dein Glaube an das Nachgeben von prof. Gläubigern wird durch das mir bekannte reale Verhalten überhaupt nicht gestützt.
Der Glaube hat sich zügig verflüchtigt, keine Angst. Wie würde eine Beratungsstelle vorgehen? Welche Möglichkeiten haben die, die ich nicht habe? Worin unterscheidet sich die Reaktion der Gläubiger auf mich zu der Reaktion auf eine Beratungsstelle?
imker hat geschrieben: 2. Nov 2019, 17:35 Oder wieder ganz platt: wenn die aktuelle Schuldenhöhe nicht bekannt ist solltest Du Dir erst einmal Gedanken darüber machen, welcher Schuldenhöhe "gewuppt" werden kann und bei einem höheren Schuldenbetrag akzeptieren, dass es nicht mit einer 100% Tilgung zu schaffen ist.
Ich denke ich bin bis Heute Abend mit der Sichtung sämtlicher Unterlagen durch. Ich habe noch einen groben Überblick, daher habe ich anfangs 5-10.000€ angegeben.

Ihr habt nun mehrfach die karitative Beratungsstellen empfohlen. Ist das eine klare Empfehlung gegen die kommerziellen Anbieter?
Unter der Voraussetzung das ich in 2 Wochen in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, wie sehr sollte ich mich mit der Beratung unter Zeitdruck setzen?

Ihr braucht auch nicht in jedem Beitrag erwähnen, das ich zu einer Beratungsstelle gehen soll. Das ist sowieso geplant, ich nutze nur das Wochenende zur Vorbereitung. Zudem muss ich auch die Beratungsstelle bewerten können, und ob deren Maßnahmen die sie vorschlagen überhaupt sinnig sind.
Ich könnte nicht einfach blind Jemandem vertrauen, ohne den Prozess selbst halbwegs zu verstehen.
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imker
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Re: Benötige Orientierung

Beitrag von imker »

Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass Du keinen weiteren Rat von mir mehr benötigst oder erträgst.

Kommerzielle "Stellen" vereinbaren mit Dir eine monatliche Zahlung, mit der zunächst deren Vergütung getilgt wird und später versucht wird,damit Gläubiger zufrieden zu stellen. Da wartet so ein "Kandidat" wie Du meist erst einmal 12 bis 36 Monate, bisdie Gläubiger ein Angebot erhalten.

Bei den von Dir für richtig gehaltenen Monatsbeträge von mehr als 400 EUR mag es mit dem Erfolg oder erkannten Mißerfolg schneller gehen.

Und schau Dir mal die von Dir "damals" getroffenen Vereinbarungen an, ob die Beendigung der vereinbarten Ratenzahlung alte Forderungshöhen wieder aufleben lassen und Zahlungen zunächst auf Vergleichskosten verbucht werden durften.
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