Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

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Thomas Crown
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Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Thomas Crown »

Hallo an alle im Forum,

ich habe mir alles bisherige im Selbstständigenforum durchgelesen (auch die Urteile des BFV bzw. BGH) und mir bleiben einige Fragen offen, ich hoffe auf rege Beantwortung.

Zuvor etwas zu meinem Fall:
Ich habe eine chronische Erkrankung, die mich daran hindert, eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen, mir aber in bestimmten Grenzen (ich kann nicht alle Aufträge annehmen, die ein Gesunder annehmen könnte) eine selbstständige Tätigkeit ermöglicht (mehr möchte ich dazu nicht ausführen, weil man mich sonst zu leicht erkennen könnte, denn es gibt nicht viele Menschen mit einer solchen Erkrankung). Wegen dieser Beschränkungen ging die erste selbstständige Tätigkeit als Freiberufler dann doch pleite und seitdem beziehe ich ALG-2 und versuche mein Bestes im Nebenerwerb, da ich mich nicht auf die faule Haut legen möchte. Aus dieser ersten selbstständige Tätigkeit als Freiberufler gibt es Schulden mit Gerichtlichen Mahnverfahren (weniger als 19 Gläubiger) und der Auskunft an den Gerichtsvollzieher und Eintrag ins Schuldenregister. Ich führe ein Pfändungsschutzkonto. 2013 kam eine andere Erkrankung hinzu, so dass ich seitdem gar nicht arbeiten kann und mich auch nicht um eine Verbraucherinsolvenz kümmern konnte (was schade ist, denn dann wären jetzt 6 Jahre rum). Jetzt geht es zumindest gesundheitlich wieder bergauf und ich überlege, was ich mit den Schulden mache, wenn ich wieder so gesund bin, dass ich wieder selbstständig tätig sein kann. Für die Zukunft habe ich für die selbstständige Tätigkeit eine Idee, die ein gutes Einkommen bringen könnte.

Nun zu den Fragen:
(1) Was bedeutet, dass der IV/TH eine selbstständige Tätigkeit "freigeben" muss? Kann er mir eine solche Tätigkeit untersagen?

(2) Wenn man in die Insolvenz geht, liegt oft auch eine Kontopfändung vor und man führt bereits ein Pfändungsschutzkonto. Eine Selbstständigkeit wäre dann doch nur auf der Basis einer Firma möglich, die eine Rechtsform hat, bei der man für die Firma ein Konto eröffnen kann, dass auf den Namen der Firma läuft und nicht auf den privaten Namen, sonst wird ja alles gleich wieder gepfändet (spätestens wenn es ein Gläubiger bemerkt). Wie also machen es diejenigen hier, die weiter selbstständig tätig sind, alle mit einer entsprechenden Rechtsform der Firma?

(3) WENN man eine solche Rechtsform (aus (1)) führt, dann ist man meist der Geschäftsführer und bezieht ein Einkommen. Wie sieht es in diesem Fall mit der Regelung aus, dass man an den Treuhänder Geld entsprechend eines fiktiven monatlichen Einkommens abzuführen hat (nach Abzug Pfändungsfreibetrag)? Richtet sich das fiktive Einkommen dann nach dem, was ein Gechäftsführer einer Firma mit ähnlicher Tätigkeit bekommen würde oder danach, welches Einkommen man bei einer abhängigen Beschäftigung entsprechend der Ausbildung / Qualifikation bekommen könnte?
Man kann ja eine selbstständige Tätigkeit ausüben, die mit der ursprünglich einmal gemachten Ausbildung / Qualifikation rein gar nichts zu tun hat, wie es bei mir der Fall ist. Zudem könnte ich auch gar nicht in einer abhängigen Bschäftigung tätig sein (jedenfalls habe ich bisher trotz aller Bemühungen zwischendurch keine der gesundheitlichen Situation angepasste Beschäftigung gefunden), insofern wäre das fiktive Einkommen NULL Euro. Kann man dann (bei einer später geplanten selbstständigen Tätigkeit) einfach das Einkommen eines Geschäftsführers einer Firma mit ähnlicher Tätigkeit ansetzen? Eigentlich doch nicht, denn es geht ja um die fiktive Beschäftigung nach MEINEN Voraussetzungen / Ausbildungen / Qualifikationen. Wie seht Ihr das?

(4) Macht es eigentlich Sinn, in meiner jetzigen Situation (ALG-2, arbeitsunfähig) die Verbraucherinsolvenz zu eröffnen? Irgendwelche Kosten für das Verfahren könnte ich derzeit nicht zahlen. Wenn ich es richtig verstanden habe, wäre in meiner jetzigen Situation gar nichts an den IV/TH zu zahlen.
Wann wäre angesichts der später geplanten Selbstständigkeit ein guter Zeitpunkt?

(5) Ich war zwischendurch mal zur Erstinformation in einer Schuldnerberatung. Dort erfuhr ich, dass es auch die Möglichkeit zur Verbraucherinsolvenz in Eigenverwaltung gibt (man ist dann sein eigener IV/TH). Wisst Ihr etwas darüber?

Soweit mal zu dem, was mir gerade an Fragen einfällt. Über Antworten würde ich mich sehr freuen.

P.S. Der Benutzername ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, sonst wäre ich finanziell in einer besseren Situation (wer die Filme kennt 8-) ). Aber mit Humor geht bekanntlich alles besser.

T.C.
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

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Hi Thomas Crown,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ..." geschaut?
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imker
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von imker »

Auch wenn T. C. nicht zu fassen ist, ich würde ihm raten, sofort in die Inso zu starten, denn die beabsichtigte Selbständigkeit muss - wenn sie erst in der Zeit der Wohlverhaltensperiode erfolgt, gar nicht freigegeben werden - die ist dann frei und es gibt nur Unklarheit, ob aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit jetzt etwas abzuführen ist, weil sich damit Verhältnisse geändert haben - ist m.E nicht der Fall, weil bisher kein Arbeitgeber bereit war, einen Arbeitsplatz "auf Steuerkarte" anzubieten/einzugehen.

Also noch mal lesen zu: Selbständigkeit in der WVP - da ist der Insolvenzbeschlag "weg" und die abtretzungserklärung erfasst nur Arbeitslohn als AN....
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Witwe Bolte
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Witwe Bolte »

Zu 1:
Wenn Du als Selbständiger im (Regel-) Insolvenzverfahren bist, dann ist der Insolvenzverwalter ab Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens der „Chef vom Laden“, d.h. Du arbeitest weiter wie zuvor und sorgst dafür, dass Geld reinkommt – aber für jeden Euro, den Du ausgeben willst (egal ob fürs Geschäft oder privat) brauchst Du zuvor die Zustimmung des Insolvenzverwalters.
Es sei denn, der IV hat Deine Selbständigkeit gem. InsO § 35 (2) freigegeben.
Nein, untersagen kann er Dir die selbständige Tätigkeit nicht.
Aber alles Geld, was Du erwirtschaftest, gehört zur Insolvenzmasse über die nur der IV verfügen darf. Was machst Du, wenn er Dir keinen angemessenen „Unterhalt“ aus der Masse für Deine Tätigkeit gewährt?
Oder wenn er meint, die von Dir geplanten Betriebsausgaben seien gar nicht erforderlich?
Dann hast Du ein Problem.

Zu 2:
Ich würde mal vermuten, dass Du keine Bank findest, die einer Firma ein Konto gibt, deren Inhaber/Gesellschafter im Insolvenzverfahren ist.
Wenn der IV deine Selbständigkeit 'freigegeben' hat, dann gilt diese Freigabe auch für Dein Konto.
Im Insolvenzverfahren darf kein Gläubiger Dein Konto pfänden.
Liegt auf dem Konto aber noch eine „Alt“-Pfändung, dann empfiehlt es sich, ein anderes Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen, um Probleme mit der Bank zu vermeiden.

Zu 3:
Erübrigt sich, s. 2.
Du kennst das Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 7.12.2016, AZ 2 BvR 1602/16 ?
Danach musst Du Deine Gläubiger so stellen, als ob Du angestellt wärest.
Und der IV hat sich damit abzufinden.
Tut er es nicht und will Dir Ärger machen, dann wäre es natürlich gut, Du könntest gerichtsfest belegen, dass Du tatsächlich keine Anstellung findest.
Also regelmäßig Bewerbungen schreiben, Vorstellungstermin ggf. wahrnehmen und absagen schön ordentlich aufbewahren.

Zu 4:
Du hast meines Erachtens zwei Möglichkeiten:
1. Das Insolvenzverfahren umgehend in Angriff nehmen, dazu brauchst Du ja die Bestätigung einer „geeigneten Stelle“ (das ein aussergerichtlicher Einigungsversuch gescheitert ist), und mit der Selbständigkeit erst dann beginnen, wenn das Verfahren abgeschlossen ist und Du in der Wohlverhaltensphase bist. Das kann ein Jahr oder zwei, drei dauern, das weiß vorher keiner.
Oder
2. Die Selbständigkeit umgehend in Angriff nehmen und den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (dann „Regel“-Insolvenz) irgendwann danach stellen.
Und auf die Freigabe des IV hoffen.
Das weiß vorher auch keiner, ob „Dein“ IV freigibt oder nicht.

Beide Optionen sind also mit Unsicherheiten belastet, deswegen auch mein Rat:
Such Dir einen kompetenten Schuldnerberater, der sich auch mit Selbständigen auskennt.
Auch das könnte schwierig werden, denn nicht alle caritativen (sprich: kostenfreien) Beratungsstellen kümmern sich auch um Selbständige und nicht alle, die dort arbeiten, haben Ahnung/Erfahrung mit Selbständigen.
Ein „Profi“-Schuldnerberater kannte das o.g. Urteil des BVerfG nicht und sagte:
„Das wäre ja total ungerecht, wenn Selbständige im Insolvenzverfahren richtig viel verdienen könnten und davon nichts abgeben müssten, weil sie als Angestellte kein pfändbares Einkommen erwirtschaften würden!“
So eine „Beratung“ schenkt man sich besser, wenn Unkenntnis der Rechtslage sich mit „Moralkeule“ paart …

zu 4:
s. 3, ich glaube, das kann Dir hier in so einem Forum keiner beantworten.
Mit dem Antrag auf Eröffnung kannst Du einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stellen. Dann brauchst Du (vorerst) gar nichts bezahlen.

Zu 5:
Du meinst InsO § 270 ff ?
Damit kenn ich mich nicht aus.

Viel Glück!
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Thomas Crown
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Thomas Crown »

Schon mal Danke bis hierhin!!

@MrsRob: "Im Insolvenzverfahren darf kein Gläubiger Dein Konto pfänden."
Gilt das auch in der WVP?

Gruß TC
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Witwe Bolte
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Witwe Bolte »

Ja, auch während der WVP.
Zuerst gem. § 94 (im eröffneten Verfahren) und dann gem. § 294.
Meines Wissens.
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insolaner
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von insolaner »

zumindest kein Altgläubiger - für nach der Eröffnung entstandene neue Schulden kann theoretisch natürlich mit den entsprechenden Fristen ein vom Insolvenzverfahren unabhängiges Mahnverfahren inklusiv Pfändungen etc eingeleitet werden!

Theoretisch zumindest, denn wir sind doch alle so vernünftig, dass wir keine neuen Verbindlichkeiten eingehen, den wir nicht begleichen können :P
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Thomas Crown
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Thomas Crown »

" alles Geld, was Du erwirtschaftest, gehört zur Insolvenzmasse..."

Wenn die Schulden aus einer freiberuflichen Tätigkeit stammen, weshalb man ja dann die Schulden als Rechtssubjekt hat, aber das zukünftig erwirtschaftete Geld aus einer GmbH, zählt dann das Geld der GmbH auch zur Vermögensmasse (kann eigentlich nicht sein, da eigenes Rechtssubjekt) oder "nur" das Geschäftsführergehalt, da ja in mein Privatvermögen wechselt (abzüglich Pfändungsfreibetrag) und somit in die Insolvenzmasse?

gruß tc
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Witwe Bolte
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Witwe Bolte »

Wem gehört denn die GmbH?
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insolaner
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von insolaner »

Dein gegen Frage: wann wurde die GmbH gegründet? Wobei, das Gesellschaftskapital einer GmbH dürfte ein frisch aus dem Verfahren in die WVP übergegangener Schuldner meist nicht in der Portokasse haben...
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Thomas Crown
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Re: Unter (sehr) besonderen Voraussetzungen ...

Beitrag von Thomas Crown »

Die GmbH war nur ein Rechtsformbeispiel (zum Zwecke des Firmenkontos), es würde wohl eher eine UG, da man eben das Grundkapital einer GmbH natürlich NICHT zur Verfügung hat. Die UG würde als Gesellschaft neu gegründet und ich wäre dann Gesellschafter / Geschäftsführer.
Die UG wäre aber ein eigenes Rechtssubjekt (das z.B. auch Umsatzsteuer selbst zahlt und nicht ich als Person), insofern bliebe die Frage, ob die UG zur Insolvenzmasse gehört (ggf ist das unterschiedlich, je nach dem ob sie im Insolvenzverfahren schon besteht oder erst in der WVP neu gegründet wird).

Es gäbe ggf auch die Möglichkeit, das eine andere Person die UG eröffnet und ich dann dort als Geschäftsfüher angestellt bin, das wäre dann auch als "fiktives Einkommen" möglich (ersatzweise, weil ich ja woanders keinen Arbeitsplatz finde). Allerdings könnte ich dann als GF während der ganzen WVP nicht viel verdienen, weil alles über der Pfändungsgrenze weg wäre.
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