PI nach selbstverschuldetem Unfall?

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AdiDana
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PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von AdiDana »

Liebe Community,
diesmal frage ich nur indirekt etwas für mich. Mein Sohn war als Beifahrer in einen Unfall verwickelt. Der Fahrer (26 J, /m), hat nach einer Feier im Nachbarort den Porsche seiner sich im Urlaub befindlichen Eltern aus der Garage geholt, um vermeintlich eine junge Frau nach Hause zu fahren. Er hatte getrunken (0,66 Promille) und war mit dem Porsche überfordert. Die junge Frau hat vermutlich auf dem Schoß meines Sohnes gesessen und war somit natürlich nicht angeschnallt. Es kam zu einem Unfall in einem Kreisel, bei dem die junge Frau aus dem Auto geschleudert wurde und sofort verstarb, mein Sohn wurde als Beifahrer sehr schwer verletzt (Hirnblutung, Arterien gerissen, div. Wirbel gebrochen, den rechten Arm sehr schwierig gebrochen). Nach all dem Schmerz und Leid und der Trauer, geht es nun auch um das finanzielle. Mein Sohn wird noch lange nicht wieder arbeiten können (wenn überhaupt jemals), die junge Frau ist tot, den Eltern sind Bestattungskosten, Wohnungsauflösung, etc. pp als Kosten entstanden und die Eltern des Porsche Fahrers wollen den Porsche ersetzt bekommen. Er wird sich wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verurteilen lassen müssen.
Auch wir - bzw. mein Sohn - haben mittlerweile immense Kosten im 5-stelligen Bereich. Die Versicherung des Porsche will nichts zahlen, die Unfallversicherung meines Sohnes will nichts zahlen, wir haben uns einen Anwalt genommen.

Nun zur eigentlichen Frage. Der Fahrer und somit Unfallverursacher hat gesagt, er werde nach dem Urteil eine PI anstreben, da ihm klar ist, dass er diese Kosten nicht tragen kann. Kann er das tatsächlich tun? Und würde mein Sohn dann leer ausgehen was Schmerzensgeld, Schadenersatz etc. pp betrifft?

lg Adidana
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

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Hi AdiDana,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "PI nach selbstverschuldetem Unfall?" geschaut?
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caffery
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von caffery »

Ach Du lieber Himmel - was für eine erschütternde Geschichte!

Man vergebe mir, dass ich die inhaltlich einfach mal übergehe und mich auf die Schlussfrage beschränke:

Ja, natürlich kann die Person einen Insolvenzantrag stellen und natürlich sind alle seine Forderungen zunächst mal Teil des Verfahrens.

Ausgenommen sind allerdings grundsätzlich "Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten". (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ivm § 302 Nr. 2 InsO)
Mit letzteren Nebenfolgen sind auch Schmerzensgelder gemeint.

Gläubiger haben außerdem die Möglichkeit ihre weiteren Forderungen während des Meldeprozesses gem. § 174 InsO ivm § 302 Nr. 1 InsO als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung anzumelden. Damit dies zum Erfolg führt, braucht man aber entweder einen Insolvenzschuldner der nicht weiß was er tut (und die Rechtsmittelfrist verpennt) oder aber einen tatsächlich nachweisbaren Vorsatz der zu dem Schuldverhältnis geführt hat. Diesbezüglich ist die Rechtsprechung in Bezug auf die Restschuldbefreiungsfähigkeit solcher Forderungen (in dem Fall leider) auf der Seite der Trinker.
(Argumentation: Saufen war zwar Vorsatz - aber der Unfall nicht)

Ich schicke einfach mal eine Ladung Kraft für alle Beteiligten an dieser furchtbaren Geschichte in die Welt.
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Witwe Bolte
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von Witwe Bolte »

Na, das scheint mir schon ein Fall von "vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung",
da ja selbst die Kfz-Versicherung nichts zahlt
(die drücken sich zwar bekanntlich gern vor jeder Zahlung, aber hier vermutlich auch mit Erfolg,
falls dieser Aspekt vor Gericht entschieden wird).

Schlimme Geschichte.
Aber für sämtliche Kosten wird der Fahrer wohl aufkommen müssen,
würde ich mal vermuten.
Das ist nix mit RSB.

... es sei denn, die Porsche-Eltern wollen ihrem Sohn helfen und behaupten ggf., Sohnemann sei (im Sinne der Kfz-Versicherung) ein "berechtigter Fahrer" gewesen, er habe und durfte sich den Porsche der Eltern öfter ausgeliehen ... aber dann bleibt noch die Sache mit dem Alkohol am Steuer ...

Und vor Gericht geht es bekanntlich wie auf hoher See - da ist man in Gottes Hand.
Oder wie geht der Spruch?

Man könnte möglicherweise auch versuchen, Deinem Sohn eine Mitschuld anzuhängen ...
(dass er wusste - und nicht verhindert hat - dass der Fahrer alkoholisiert gefahren ist,
ausserdem hatte er die junge Frau auf dem Schoss ...).

Wirklich schlimme Geschichte.
Auch ganz ohne die finanziellen Aspekte.
Könnt Ihr Euch einen guten Anwalt leisten ?
(Muss man aber auch erstmal finden ... habe gerade eine Geschichte gehört, dass ein Anwalt seinen eigenen Klienten übern Tisch gezogen hat und vor Gericht reingerissen hat ...)
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Witwe Bolte
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von Witwe Bolte »

caffery hat geschrieben: 16. Dez 2022, 11:52 ...
(Argumentation: Saufen war zwar Vorsatz - aber der Unfall nicht)
...
Tatsächlich ?
Das erstaunt mich echt.
Aber ich sach ja: "Vor Gericht und auf Hoher See ..."

Nachsatz: Ich hatte meinen ersten Beitrag oben geschrieben, bevor ich cafferys Beitrag gelesen hatte.
Also glaube mal besser dem Profi als mir, AdiDana.
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caffery
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von caffery »

Witwe Bolte hat geschrieben: 16. Dez 2022, 12:08 Na, das scheint mir schon ein Fall von "vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung",
da ja selbst die Kfz-Versicherung nichts zahlt
Ich habe zwar Verständnis dafür, dass Dir das in dem bedrückenden Zusammenhang einer solchen Geschichte "so scheint" aber rein faktisch betrachtet hat das überhaupt nichts miteinander zu tun. (BGH Az: IX ZR 29/06 Urteil vom 21.06.2007)
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Witwe Bolte
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von Witwe Bolte »

... sogar ein BGH-Urteil ...
Ich bin echt baff.

Zumal man denkt, die Kfz-Versicherung (hier die Klägerin)kann sich einen "guten Anwalt" durchaus leisten.
Hat ihr aber nichts genützt.
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imker
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von imker »

@AdiDana: Dein Sohn will von der Kfz-Versicherung Geld haben, weil der besoffene Fahrer ihn durch den Unfsall verletzt hat und die Versicherung will nicht zahlen. Das ist das Teil-Problem?

Habe ich das richtig verstanden?

Der Fahrer zahlt nicht mehr ode weniger als auch die Versicherung zahlen muss - die Versicherung allerding begrenzt auf die Versicherungssumme ... der Fahrer unbegrenzt - und dann kommt die Insolvenz in Spiel und die Frage, was Dein Sohn von der Fahruntüchtigkeit des Fahrer wusste oder wissen musste - je höher der Schaden um so knauseriger wird die Versicherung wirken.
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AdiDana
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von AdiDana »

@Imker, ja, das ist richtig. Mein Sohn will, dass die KFZ-Versicherung (oder der Fahrer) des Porsche für Unfallfolgekosten aufkommt.

Mein Sohn kann sich nicht erinnern warum er im Porsche saß und warum diese Fahrt so statt gefunden hat. Er hatte seinem Vater noch eine whatsapp geschieben, dass er zu Fuß auf dem Heimweg sei und in 15 Minuten zu Hause sei. Warum er dann auf halbem Weg letztendlich in den Porsche eingestiegen ist, wird ein Rätsel bleiben. Er sagt nur immer wieder, dass er niemals dort eingestiegen wäre, wenn der Fahrer offensichtlich getrunken gehabt hätte.

Eigentlich muss die Porsche Versicherung zahlen "Bei einem selbstverschuldeten Unfall sind die Bei- und Mitfahrer über die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrers beziehungsweise Halters geschützt." Hier war aber der Fahrer nicht der Halter, er war außerdem alkoholisiert, etc.
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imker
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von imker »

Alkohol beim Fahrer führt nach meiner Erinnerung nicht zur Versagung des Anspruchs der geschädigten Person - die Versicherung holt sich in diesen Fällen die Versicherungsleistung bei dem Trunkenheitsfahrer zurück und bekommt im Regelfall den Betrag nicht vollständig

in welchem Bundesland ereignete sich der Unfall??
und was hat die Auswahl des eigenen Anwalts geleitet oder bestimmt?
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AdiDana
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Re: PI nach selbstverschuldetem Unfall?

Beitrag von AdiDana »

Der Unfall war in Hessen
Die Auswahl des Anwaltes war nicht einfach. Warum ich einen Anwalt gesucht hatte, war das Vorgehen der Polizei nach dem Unfall. Punkt 1 war, dass uns niemand benachrichtigt hat, obwohl mein Sohn seine Papiere dabei hatte, Punkt 2 war, dass am zweiten Tag nach dem Unfall die Polizei vor der Tür stand und die kleine Tüte mit seinen Habseligkeiten, die wir im Krankenhaus ausgehändigt bekommen haben, einfach mitgenommen hat. Angeblich hätten Sie einen richterlichen Beschluss, den man uns aber nicht zeigen könnte und eine Quittung oder irgendetwas über die Konfiszierung der Dinge konnte uns auch keiner aushändigen. Ich habe ihnen Handy und Bauchtasche ausgehändigt (stand völlig unter Schock), Geldbeutel mit Papieren behalten. Habe dann div. Anwälte kontaktiert, die durch die Presse vom Unfall erfahren hatten und den Fall nicht annehmen wollten. Gefunden habe ich dann einen Anwalt mit Verkehrsrecht und Strafrecht, für den Fall, dass man meinen Sohn mit anklagen will.
Aktuell gilt er immer noch als Geschädigter, die eingezogenen Sachen haben wir bis heute nicht wieder zurück.
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