Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

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Thomaz
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von Thomaz »

Danke für eure Antworten. Allerdings sind die Rückmeldungen sehr unterschiedlich, was die Sinnhaftigkeit einer schnellen Insolvenz angeht.
Kennt jemand ähnliche Fälle, also kann auf Erfahrungsberichte zurückgreifen?

Danke euch!
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tidus82
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von tidus82 »

Ich sehe da persönlich keine verschiedenen Meinungen zu einer Insolvenz. Es wird dir ziemlich eindeutig von allen nahe gelegt, dass du die Insolvenz aktuell nicht in Angriff nehmen solltest - und das wäre auch mein Ratschlag.

Geh der Therapie erstmal nach und Versuch dich aufs wesentliche zu konzentrieren.
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caffery
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von caffery »

Ich kann hier auch mit ausgeklügelten Messverfahren keine wesentlich unterschiedlichen Standpunkte feststellen.
Thomaz hat geschrieben: 14. Aug 2021, 16:25 Kennt jemand ähnliche Fälle, also kann auf Erfahrungsberichte zurückgreifen?
Ja, jede Menge. Meine Erfahrung ist, dass die Rückfallquote von Spielern - besonders in den ersten 1-2 Jahren nach dem letzten "Ausbruch"- in etwa so hoch ist wie bei jeder stofflichen Sucht. Also im Bereich 90+%.

Als Unterschied zu stofflichen Süchten habe ich bislang allenfalls die auffallend vorherrschende Fehleinschätzung von Betroffenen festgestellt, dass soetwas "auf gar keinen Fall und nie wieder" passieren wird, sowie im Prinzip grundsätzlich den fast schon panischen Drang, das Geschehene möglichst schnell wieder ungeschehen zu machen - mangels besserer Ideen durch eine Insolvenz. Stoffsüchtler haben da meines Eindruckes nach deutlich häufiger eine deutlich realistischere Einstellung zu und sehen ihren Weg zurück in aller Regel kleinschrittiger.

Das alles macht Spieler aus meiner Sicht sehr häufig zu einer Zielgruppe die ganz ausgesprochen schwer rein Schuldner- oder Insolvenzrechtlich zu beraten ist. Deswegen mache ich das normalerweise auch kaum bzw. nur basal sondern verweise zunächst an Kollegen mit entsprechendem suchttherapeutischen Hintergrund, während ich - aus meiner Sicht völlig zurecht - auf das Versagungs- und Strafrechtsrisiko im Zusammenhang mit einer Insolvenzeröffnung hinweise.
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Käsebrot
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von Käsebrot »

Ich denke, der Eindruck der unterschiedlichen Standpunkte entsteht dadurch, dass ein paar Fragen gestellt wurden, die darauf hinaus zielten festzustellen, ob ein zeitnahes Insolvenzverfahren evtl. doch möglich wäre.

Aber ohne da jetzt große Erfahrungen mitzubringen sehe ich das auch so, dass du erstmal nachhaltig deine Sucht in den Griff bekommen muss bevor alles andere überhaupt Sinn macht. Eine PI als Art der Therapie zu nutzen ist sicher nicht der richtige Weg.

Du wirst auch mit deinen Schulden nicht obdachlos werden und/oder verhungern. Vorausgesetzt du schaffst es (mit entsprechender Unterstützung) deine Prioritäten richtig zu setzen. Wenn du das Geld für Miete und Essen dann wieder verspielst, wird es natürlich schwierig.
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caffery
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von caffery »

Käsebrot hat geschrieben: 15. Aug 2021, 11:01 Ich denke, der Eindruck der unterschiedlichen Standpunkte entsteht dadurch, dass ein paar Fragen gestellt wurden, die darauf hinaus zielten festzustellen, ob ein zeitnahes Insolvenzverfahren evtl. doch möglich wäre.
Klar ist es "möglich". Ich bin mir sicher, dass 95% der Anwälte oder kommerziellen Berater Tomaz sagen würden: "Klar, kein Ding - Augen zu und durch!".
Dazu würde ich mal ganz frech die These in den Raum werfen, dass das Honorar solcher Berater dasselbe bleibt, wenn Verfahren erfolglos enden oder eben nicht. Kein Honorar würde es nur dann geben, wenn man den Rat ausgibt derzeit keinen Antrag zu stellen.

Welche Erfolgsaussichten ein solches Verfahren hätte - so muss man aus meiner Sicht nur lesen. Dann sollte sich jede Diskussion eigentlich erledigt haben.

§ 290 InsO
Versagung der Restschuldbefreiung
(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

4. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er (...) Vermögen verschwendet (...) hat,


Wenn wir jetzt aus dem Text vergleichen welche Parameter vorliegen müssen damit das beschriebene Szenario zutrifft:

1. Insolvenzgläubiger (wird er sein)
2. Der seine Forderung angemeldet hat (wird er)
3. In den letzten 3 Jahren vor dem Antrag (trifft zu)
4. vorsätzlich oder grob fahrlässig (über "vorsätzlich" ließe ich mit mir streiten - aber das dargelegte Verhalten ist aus meiner Sicht die Mutter von "grob fahrlässig")
5. Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt (Es wurde vor wenigen Wochen/Monaten nachweislich ein nicht unwesentlicher Betrag an den Schuldner zugeführt der nun verspielt wurde, welcher der Insolvenzmasse unterlegen hätte - was eindeutig die Befriedigung beeinträchtigt)
6. Vermögen verschwendet (Was bitte soll das sonst sein?)

Ich sehe hier eine Trefferquote von 100%. Meine steile These (als "Schuldnerfreund!") dazu: Ihr werdet keinen Richter auf diesem Planeten finden der das anders sieht. Wenn man mich jetzt zwingen würde Gegenargumente zu suchen - worin ich eigentlich ganz gut bin - mir würden keine einfallen.
Alles woran man sich klammern könnte wäre also die Hoffnung, dass der oben beschriebene Insolvenzgläubiger es (aus welchen Gründen auch immer) nicht "beantragt". Aus meiner Sicht ein ausgesprochen dünnes Brett.
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Käsebrot
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von Käsebrot »

Es war auch nur en Versuch, diese Verwirrung evtl. ein bisschen zu entwirren. Dass es objektive Punkte gibt, die das Ganze in eine sehr eindeutige Richtung lenken, liegt auf der Hand.
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insolaner
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von insolaner »

ich kann die Argumente voll und ganz nachvollziehen - aber ist eine *Krankeit* wirklich "grob fahrlässig"?

Trotzdem sehe ich in diesem 'Rechts'system wenig Chancen auf entsprechende "Gerechtigkeit" im (Wunsch)Sinne des Schuldners.
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Thomaz
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von Thomaz »

Hatte auch privat mit einigen geschrieben, daher meine Schlussfolgerung, dass die Meinungen und Ratschläge komplett unterschiedlich sind.

Zum einen gibt es die Position wie bei caffery, die einen Versagungsgrund sieht. Der Standpunkt sollte klar sein. Andererseits gibt es einige (auch Schuldnerberater), die darauf verweisen, dass mit Vermögensverschwendung was ganz anderes gemeint ist (zum Beispiel wenn man noch Vermögen hat und dies kurz vorher "verschenkt" oder ähnliches). Außerdem müssten die Gläubiger vorsätzlich und grob fahrlässig erstmal beweisen. Vorsätzlich fällt raus, bleibt die Frage, ob es fahrlässig oder grob fahrlässig ist...

Ich weiß jetzt jedenfalls immer noch nicht, wie meine nächsten Monate aussehen werden.

Beides muss angegangen werden: die Spielsucht UND der erdrückende Schuldenberg.
Es bringt nichts nur die Spielsucht anzugehen, wenn man nicht weiß wie man finanziell die nächsten Monate und Jahre bewältigen soll.
Es bringt nichts nur den Schuldenberg anzugehen, sonst könnten durch einen Rückfall neue Schulden aufgebaut werden.

Mein Problem ist jetzt nur, wenn die Insolvenz raus fallen sollte und es für mich keine "zweite Chance" gibt, wie es dann weitergehen kann. 3 Jahre erstmal aussitzen, damit ich mir der Versagungsgrund nicht mehr vorgeworfen werden kann, schaffe ich finanziell nicht.
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Witwe Bolte
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von Witwe Bolte »

Thomaz hat geschrieben: 16. Aug 2021, 21:35 ...
3 Jahre erstmal aussitzen, damit ich mir der Versagungsgrund nicht mehr vorgeworfen werden kann, schaffe ich finanziell nicht.
Warum nicht ?

Falls Du jetzt sofort den Antrag auf Inso+RSB-Verfahren stellst und
falls die Verfahren dann eröffnet werden (es sind ja immer zwei Verfahren),
dann musst Du doch auch drei Jahre mit dem nicht-pfändbaren Teil Deines Einkommens auskommen (weil Du den pfändbaren Teil an den Inso-Verwalter abtreten musst).

Falls die RSB dann nach drei Jahren versagt werden sollte,
dann gilt halt eine Frist, bevor Du einen zweiten RSB-Antrag stellen kannst
(von -meines Wissens- drei, fünf oder zehn Jahren, je nach Versagungsgrund).

Also bleibt doch nur die Frage:
Wie hoch ist Deine Risiko-Bereitschaft, jetzt nach drei Jahren "Sparflamme" Deine RSB zu riskieren ?

Ob Du ein Leben auf (finanzieller!!) "Sparflamme" schaffst oder nicht,
hängt doch gar nicht von der Frage ab, ob Inso+RSB JETZT oder später.

Oder sehe ich da was falsch ?

Ich vermute mal, dass Spielsüchtige bereit sind, ein hohes Risiko einzugehen ...
(wie wäre es sonst zu erklären, dass intelligente Menschen freiwillig so viel Geld
- und noch nicht einmal nur das eigene - in einen "Gully" zu werfen ?)

Folglich, vermute ich weiter, wirst Du jetzt die beiden Anträge stellen - und auf Dein "Glück" hoffen, dass Dir die RSB in drei Jahren nicht versagt wird.

Treffen wir uns im Herbst 2024 hier wieder ?
Bis dahin !

Aber noch einmal:
Dein "das schaffe ich finanziell nicht" ist unlogisch,
denn Du musst es ja schaffen, ganz egal, ob mit oder ohne Inso-Verfahren,
wenn Du nicht ganz in die Kriminalität abrutschen willst.

Der pfandfreie Betrag beträgt jetzt übrigens 1.252,64 Euro/Monat (ggfs. plus ... Euro, wenn Du ein höheres monatliches Einkommen hast oder wenn Du Unterhaltsberechtigte hast wie einen Ehepartner oder Kind-er).

Bedenke: Sehr viele Menschen müssen jeden Monat mit weniger Geld auskommen.
Und zwar oft ohne die Aussicht, dass ihre Lage sich in wenigen Jahren wieder ändern kann
(z.B. Langzeitarbeitslose, Rentner).
Warum solltest Du es also nicht schaffen ?

Warum sind in dieser Gruppe "spielsüchtig" eigentlich so viele junge (und ja oft intelligente) Männer ?
(jedenfalls hier im Forum, nach meinem Eindruck).
Warum sind es nur selten Ältere oder Frauen ?

Welche Synapsen sind da falsch geschaltet ?
Oder sind es "die Hormone" ?
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caffery
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Re: Glücksspiel, Privatinsolvenz, Versagung der RSB?

Beitrag von caffery »

So langsam wirds hier aber schräg...
Thomaz hat geschrieben: 16. Aug 2021, 21:35 Zum einen gibt es die Position wie bei caffery, die einen Versagungsgrund sieht. Der Standpunkt sollte klar sein. Andererseits gibt es einige (auch Schuldnerberater), die darauf verweisen, dass mit Vermögensverschwendung was ganz anderes gemeint ist (zum Beispiel wenn man noch Vermögen hat und dies kurz vorher "verschenkt" oder ähnliches).
Das Geld, welches Dir von der Bank geliehen wurde, war Vermögen und das hast Du direkt nach Erhalt verzockt.
Hallo? In welcher Welt muss man leben um das nicht mit "Verschwendung" in Verbindung zu bringen?
Thomaz hat geschrieben: 16. Aug 2021, 21:35 Außerdem müssten die Gläubiger vorsätzlich und grob fahrlässig erstmal beweisen. Vorsätzlich fällt raus, bleibt die Frage, ob es fahrlässig oder grob fahrlässig ist...
Bitte was?
Wenn ich mir 30 Riesen leihe und damit an einen Tisch gehe um sie auf Rot zu legen in dem Wissen, dass die Chance bei über 50% liegt, dass was anderes kommt und alles weg ist: In welcher Welt muss man leben um das nicht zumindest "grob fahrlässig" zu nennen?
Thomaz hat geschrieben: 16. Aug 2021, 21:35 Beides muss angegangen werden: die Spielsucht UND der erdrückende Schuldenberg.
Stimmt - aber NACHEINANDER und nicht gleichzeitig. Zuerst Spielsucht - und wenn die nur noch ein dunkler Schleier der Vergangenheit ist - dann Schuldenberg. Jeder der Dir was anderes erzählt hat aus meiner Sicht entweder von Schuldner- und Insolvenzberatung oder von Spielsucht keine Ahnung.
Thomaz hat geschrieben: 16. Aug 2021, 21:35 Es bringt nichts nur die Spielsucht anzugehen, wenn man nicht weiß wie man finanziell die nächsten Monate und Jahre bewältigen soll.
Klar! Mit dem Schutz der Pfändungsgrenze des § 850c ZPO!
Aus meiner Sicht hast Du einen Tunnelblick. Lass Dich mal anständig bzgl. Schuldnerschutz beraten, damit der weggeht!;) Ist nur lieb gemeint.
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