*öhm*
Ich bin etwas erschrocken. Mir ist zwar klar, worauf die Dame hier schielt - ich kann mir aber nicht wirklich vorstellen, dass sie ernsthaft glaubt mit dem schmalen Brett wirklich etwas ausrichten zu wollen.
Das Thema ist in Gänze ziemlich unmöglich zu vermitteln, da unfassbar viele formaljuristische "hätte, sollte, könnte, wäre etc." Formulierungen einmal durch den kompletten Paragraphenmenschenwortschatz und wieder zurückgedreht werden.
Aber ich versuchs mal ganz vereinfacht: Die Dame spielt vermutlich auf ein "antikes" BGH Urteil an:
BGH, Urteil vom 10.12.2003, Az.: XII ZR 155/01
Das Dingen wurde auch später noch häufiger aufgegriffen und besagte im Prinzip auf den ersten Blick das, was die Anwältin verkaufen wollte. Tenor ganz vereinfacht gesagt: Wer einen Unterhaltstitel hat und den dann nicht verfolgt, der hat es wohl doch nicht so unbedingt nötig. Der Schuldner kann sich in solchen Fällen unter gewissen Voraussetzungen schon nach einem Jahr Untätigkeit des Gläubiger auf Verwirkung von Rückständen berufen.
ABER: Erstens galt das Urteil aus meiner Sicht noch nie für Unterhaltsvorschussforderungen. Das geht allein schon aus dem Sinnzusammenhang des Richerspruchs hervor. Denn der bezog sich ja eindeutig auf die augenscheinlich fehlende Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers und den daraus folgenden Schluss für den Schuldner.
Da aber ein öffentlicher Gläubiger natürlich keine existentielle Bedürftigkeit bzgl. einer solchen Forderung haben kann, entfällt aus meiner Sicht die Grundlage für eine Argumentation in diese Richtung.
Außerdem wurde das genannte BGH Urteil längst durch aktuellere Rechtsprechung stark relativiert. Die Voraussetzungen, die für eine Verwirkung deratiger Ansprüche gegeben sein müssen, lesen sich z.b. in BGH, 31.01.2018 - XII ZB 133/17 schon wieder deutlichst komplexer. Da ist keine Rede mehr von "Nach einem Jahr ist die Nummer u.U. verwirkt - auch mit Titel".
... aber wie gesagt: Für öffentliche Forderungen hat das m.E. ohnehin noch nie getaugt. Aber scheinbar taugt die alte BGH Entscheidung immernoch um Leuten damit eine Rechtsberatung zu verkaufen - mit ziemlich vorhersehbarem Ende wenn man mich fragt.