Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

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Sina4
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Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von Sina4 »

Hallo zusammen,

rechtlich ist ja Wucher in Deutschland verboten. Gilt das auch bei Banken und deren Kreditangeboten. Mir fällt immer wieder auf, dass die Kreditagebote bei den üblichen Verdächtigen die Zinsen massiv Angebot abweichen. Obwohl bei vielen Antragstellern die finanzielle Sicherheit vorhanden wäre. Die Zinsen können mit Wucher verglichen werden...ist das dann nicht strafbar?
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

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Hi Sina4,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?" geschaut?
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caffery
praktischer Schuldnerberater
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von caffery »

Nein, es ist nicht strafbar. Strafbar wäre es nur, wenn jemand mit vorgehaltener Waffe o.ä. dazu gezwungen wurde einen Vertrag zu unterschreiben. Leider ist es aber nach meinem Kenntnisstand leider so, dass die aller aller meisten Leute die Kreditverträge - selbst zu den absurdesten Konditionen - unterschrieben haben, dies getan haben ohne dass ihren eine Waffe vorgehalten wurde.
... auch wenn das, angesichts so manchen Vorgangs der mir bereits unter die Augen kam, für mich schwer zu begreifen ist.

Von daher ist der beste Schutz gegen Wucher der gesunde Menschenverstand jedes Einzelnen.

Was Du meinst, ist § 138 BGB. Vorgänge die man erfolgreich vor Gericht dem dort formulierten (ziemlich schwammigen) Text zuordnen kann sind "nichtig".

Praktisch ist es aber ausgesprochen schwierig sich bei Kreditverträgen erfolgreich darauf zu berufen - mir zumindest ist kaum Rechtsprechung in Zusammenhang mit Kreditgeschäften bekannt in denen dies gelungen ist.
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S.Nitschke
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von S.Nitschke »

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caffery
praktischer Schuldnerberater
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von caffery »

Danke für den sehr schönen Überblick:)

Bislang ist das aber alles meines Wissens rechtlich sehr schwierig. Ich habe aber auch gehört, dass das "Bündnis gegen Wucher" von vielen Gerichten sehr wohlwollend betrachtet wird - wie auch grundsätzlich die Gerichte eher auf der Seite des Verbrauchers zu stehen scheinen.

Allerdings ist es meines Wissens bisher so, dass alle Gerichte die in dem Artikel genannt sind, NICHT aufgrund von Wucher die Verträge für Nichtig erklärt haben bzw. im Sinne des Verbrauchers entschieden haben. Die Gerichte haben sich sozusagen kreativ "drumrumgewunden" wenn man so will.

Das Hamburger Landgericht hat sich mit der Wucherfrage im Urteil garnicht beschäftigt sondern die Forderung einfach für verjährt erklärt und damit mal eben den unsäglichen 497 BGB neu definiert.

Die anderen Urteile ergingen im Wesentlichen durch juristische Spitzfindigkeiten in Bezug auf die Widerrufsbelehrungen. Mit "Wucher" hatten die ganzen Urteile im Endeffekt wenig zu tun. Auch wenn man wohl behaupten kann, dass die Richter es dafür gehalten haben - dennoch haben sie alle einen anderen Weg gefunden um zu einem Urteil im Sinne des Verbrauchers zu kommen.


Wenn mir eine persönliche Anmerkung dazu erlaubt ist: Ich persönlich halte das mit dem "Wucher" auch für sehr schwierig. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass der Grundsatz "Verträge zwischen zwei geschäftsfähigen Parteien sind einzuhalten" richtig ist. Man sollte das aus meiner Sicht nicht zu sehr aushöhlen.
Für Wucher müssen per gesetzlicher Definition im Wesentlichen drei Chrakterisitka vorliegen: Eine Notsituation bzw. eine Zwangslage, sowie fehlendes Urteilsvermögen des "übers Ohr gehauenen" UND ein "auffälliges Missverhältnis zwischen Kosten und Ertrag.
Aus meiner Sicht ist es aber grundsätzlich schwierig in solche Kreditgeschäfte mehr hineinzuinterpretieren als den letzten Punkt (zu dem es selten zwei Meinungen gibt). Würde man die anderen Punkte einfach so bejahen, würde das ja salopp gesagt bedeuten, dass A: "Blank sein" bereits eine ausreichende Notsituation im juristischen Sinne ist B: "Ohne Unterschrift kein Kredit" bereits eine Zwangslage und guter Letzt C: Der Verbraucher beim Vertragsabschluss im Prinzip intellektuell nicht geschäftsfähig oder temporär völlig breit war.

Als geschäftsfähiger Bürger hat man nun einmal eine gewisse Verantwortung für sein Handeln. Ich finde es - bei allem Verständnis für die Lage von überschuldeten - schwierig einfach zu sagen: Egal welchen Müll ihr unterschriebt - ihr könnt da nichts für!
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S.Nitschke
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Registriert: 30. Okt 2018, 13:58

Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von S.Nitschke »

caffery hat geschrieben: 5. Dez 2019, 17:52
Wenn mir eine persönliche Anmerkung dazu erlaubt ist: Ich persönlich halte das mit dem "Wucher" auch für sehr schwierig.
Dem stimme ich zu. Die einzigen praktischen Fälle an die ich mich erinnern kann (und das ist schon tausend Jahre her) waren Kreditverträge, die kurz nach der Wiedervereinigung abgeschlossen wurden, mit sogenannten "Wucherzinsen". Aber auch da war unser Mantra schon Sittenwidrig ist ein Kreditvertrag nur dann, wenn ein „auffälliges Missverhältnis“ zwischen der Leistung, also der Bereitstellung des Kredits, und dem als Gegenleistung dafür erhobenen Zins besteht.. Gefühlter Wucher ist doch halt etwas anderes :lol:
Es gab mal ein Urteil des BGH von 1988 (Az. III ZR 30/87), dem konkretere Anhaltspunkte zu entnehmen waren wann Wucher vorliegt. Von Wucherzinsen kann demnach gesprochen werden wenn der Zinssatz den üblichen Marktzins um 100 Prozent übersteigt. – also mehr als doppelt. Aber wie schon gesagt, es steht niemand neben dem Bankschalter und zwingt einen Kreditverträge zu unterschreiben......
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Newa
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von Newa »

Gibt es da nicht vom AK Inkassowatch und Hans-Peter Ehlen Vorgänge wegen Sittenwidrigkeit/Anfechtungen hinsichtlich der Zinsen bei der Sigmabank
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Inso?
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von Inso? »

Der BGH hat bereits 1990 entschieden das Wucher vorliegt wenn ein Unterschied zwischen dem vereinbarten Zins und dem Marktzins bei mindestens 12 % p. a. liegt.

Ansonsten sagt der BGH mit Urteil 24.03.1988, III ZR 30/87, das Zinswucher vorliegt wenn der Zins 90% - 100% höher ist als der durchschnittliche Marktzinssatz für entsprechende Verträge.

Also so abstrakt ist das nicht.
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caffery
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Re: Gibt es auch bei Banken ein Schutz gegen Wucher?

Beitrag von caffery »

Inso? hat geschrieben: 19. Dez 2019, 09:51 Der BGH hat bereits 1990 entschieden das Wucher vorliegt wenn ein Unterschied zwischen dem vereinbarten Zins und dem Marktzins bei mindestens 12 % p. a. liegt.

Ansonsten sagt der BGH mit Urteil 24.03.1988, III ZR 30/87, das Zinswucher vorliegt wenn der Zins 90% - 100% höher ist als der durchschnittliche Marktzinssatz für entsprechende Verträge.

Also so abstrakt ist das nicht.
Wenn man es rein auf den Faktor "Zinshöhe", also rechtlich gesprochen das "Missverhältnis aus Kosten und Ertrag" bezieht magst Du recht haben. Das ist aber nicht der einzige relevante Faktor - und war es auch meines Wissens in den genannten Urteilen nicht. Es muss immer auch der Faktor "Ausnutzung einer Zwangslage", bzw. Willensschwäche und/oder "Mangel an Urteilsvermögen und Erfahrung" mitmachen.
Bei den (fast schon nostalgischen) BGH-Urteilen wurde meines Wissens davon ausgegangen, weil es sich bei den "bewucherten" um Ossis kurz vor und während der Wende handelte. Hier ging man einfach davon aus, dass der "Noch-Ossi" bzw. "BRD-Neubürger" in einer Ausnahmesituation war und einfach keinerlei Erfahrung mit den Feinheiten der kapitalistischen Gesellschaft hatte bzw. haben konnte - ums mal blumig zu formulieren.
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