PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

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faknam
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PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von faknam »

Hallo zusammen,

wir wenden aktuell 40% unseres Einkommens zur Schuldentilgung auf und kommen monatlich mit viel Glück immer auf einen Saldo von 0,- EUR. Da die Stimmung in der Familie zunehmend angespannter wird, haben wir uns mit der Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz auseinandergesetzt bzw. quasi schon dazu durchgerungen. Allerdings haben wir einen sehr konservativen Vermieter - dessen Reaktion wir diesbezüglich nicht einschätzen können - und wohnen in einer Gegend mit einem der schwierigesten Wohnungsmärkte Deutschlands. Nun las ich einerseits, dass der Vermieter zwangsläufig vom Insolvenzverwalter informiert wird, andererseits gibt es das BGH Urteil IX ZB 45/15 (Die Mietkaution steht nach einer Enthaftungserklärung dem Schuldner zu.). Kann man irgendwie vermeiden, dass der Vermieter involviert wird? Das ist tatsächlich unser großer Sorgenpunkt, den Weg der Verbraucherinsolvenz zu beschreiten. Wir haben wie gesagt abgesehen von horrenden Kreditschulden keinerlei offene Forderungen, sind also quasi noch nicht "auffällig" geworden und durch die Verbraucherinsolvenz würden wir im Vergleich zu jetzt eine deutliche monatliche Liquiditätssteigerung erreichen.

Danke für euer Anmerkungen!

Nachtrag: Die Mietkaution ist bei einer Bank auf einem Mietkautionskonto hinterlegt, die Urkunde dazu wurde dem Vermieter übereignet. Nun führt diese Bank auch mein Gehaltskonto inkl. Dispo, welcher beim Gang in die Verbraucherinsolvenz platzen wird. Inwieferfern tangiert das dann das Mietkautionskonto?
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

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Hi faknam,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?" geschaut?
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Shopgirl
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von Shopgirl »

Die Mietkaution scheint (wie es üblich ist), an den Vermieter verpfändet zu sein.
Falls deine Sorge ist, dass die Bank mit deinen Schulden aufrechnet, ist dies durch das Pfandrecht nicht möglich.

Dass der Vermieter nichts von der Insolvenz erfährt, kann dir niemand versprechen und ist auch eher unwahrscheinlich. Rechtlich stellt eine Insolvenz aber natürlich keinen Kündigungsgrund dar.
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Ruhrpottmensch
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von Ruhrpottmensch »

Nach meinem Kenntnisstand wird der Vermieter bei einem Mietverhältnis immer angeschrieben.
Selbst wenn er nicht zu den aufgeführten Gläubigern zählt.

Allerdings sollte die Furcht vor Kündigung nicht zu groß sein. Allein wegen einer PI der Mieter wird ein Vermieter nicht so einfach kündigen können. Besonders wenn keine Mietschulden vorhanden sind.
Sucht eventuell das Gespräch, argumentiert meinetwegen damit, dass bei einer PI ab sofort die Finanzen "geregelt" sind und dies die Chancen auf weitere Mietzahlungen deutlich verbessert (Als wenn ihr weiter in unsicheren "Verhältnissen" lebt und weiterhin von hier nach da das Geld "verschiebt").

Das Mietkautionskonto bei der Bank sollte davon eigentlich nicht tangiert werden da es kein "normales" Girokonto ist. Dazu, und zu der eventuellen Mietkaution, können aber die Praktiker mehr sagen...
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arreis
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von arreis »

Den Vermieter außen vorlassen geht gar nicht. Mit beginn des Insolvenzverfahrens über nimmt der IV/TH Deinen Mietvertrag und ist der eigentliche Mieter der Wohnung. Diesen Mietvertrag kündigt er dann aber wieder weil er ansonsten für Mietschulden aufkommen müsste.
Das Ganze hat aber rein rechtlich keine Auswirkungen auf das momentan bestehende Mietverhältnis und es besteht auch kein Grund dafür, das der Vermieter einen Kündigt.

Das ist in den genauen Texten etwas komplizierter, aber so ist es einfach.
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caffery
praktischer Schuldnerberater
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von caffery »

faknam hat geschrieben: 11. Aug 2019, 20:14 wir wenden aktuell 40% unseres Einkommens zur Schuldentilgung auf und kommen monatlich mit viel Glück immer auf einen Saldo von 0,- EUR. Da die Stimmung in der Familie zunehmend angespannter wird, haben wir uns mit der Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz auseinandergesetzt bzw. quasi schon dazu durchgerungen.
Möchtest Du das mal mit ein paar Zahlen füttern? Einkommen, Unterhaltsverpflichtungen, Gesamtverschuldung?
faknam hat geschrieben: 11. Aug 2019, 20:14 Nun las ich einerseits, dass der Vermieter zwangsläufig vom Insolvenzverwalter informiert wird, andererseits gibt es das BGH Urteil IX ZB 45/15 (Die Mietkaution steht nach einer Enthaftungserklärung dem Schuldner zu.). Kann man irgendwie vermeiden, dass der Vermieter involviert wird?
Nein. Das Zweite was Du schriebst ist nebenbei eine direkte Folge aus dem Ersten. Der Vermieter bekommt die Enthaftungserklärung und die Kaution ist damit (wie auch alles andere was das Mietverhältnis betrifft) nicht mehr Teil des Insolvenzverfahrens. Von daher ist dieser Brief an den Vermieter absolut obligatorisch.
Alles andere wurde ja schon geschrieben. Außer es schlimmstenfalls "doof finden", kann der Vermieter damit nichts anfangen.
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Christian
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von Christian »

faknam hat geschrieben: 11. Aug 2019, 20:14 Nun las ich einerseits, dass der Vermieter zwangsläufig vom Insolvenzverwalter informiert wird, andererseits gibt es das BGH Urteil IX ZB 45/15 (Die Mietkaution steht nach einer Enthaftungserklärung dem Schuldner zu.). Kann man irgendwie vermeiden, dass der Vermieter involviert wird?
.. und gestatttet wir noch den Hinweis ;
dem Insolvenzverwalter stehen ( bzw. den Gläubigern ) , sofern die Wohlverhaltensphase noch nicht begonnen hat, Rückzahlungen aus den Nebenkostenabrechnungen zu. Speziell auch aus diesem Grund wird der IV den Vermieter kontaktieren..
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faknam
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von faknam »

Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge. Das eine Verbraucherinsolvenz per se keinen Kündigungsgrund für das Mietverhältnis darstellt ist uns bewusst, aber es könnte ja z.B. Eigenbedarf angemeldet werden und davor hat speziell mein Partner große Angst, denn der Wohnungsmarkt hier ist wie gesagt äußerst schwierig.

caffery hat geschrieben: 12. Aug 2019, 06:18 Möchtest Du das mal mit ein paar Zahlen füttern? Einkommen, Unterhaltsverpflichtungen, Gesamtverschuldung?
Gerne... unverheirateter 4-Personen-Haushalt, davon 2 minderjährige jeweils leibliche Kinder.

Netto-Einkommen

Person A: 2600,- EUR Hauptjob, 450,- EUR Nebenjob

Person B: 2000,- EUR Hauptjob, 384,- EUR Kindergeld


Verbindlichkeiten

Person A: 85000,- EUR verteilt auf 9 Gläubiger (geringste Einzelforderung 2500,- EUR, höchste 25000,- EUR), monatliche Ratenbelastung 1100,- EUR

Person B: 77000,- EUR verteilt auf 7 Gläubiger (geringste Einzelforderung 2000,- EUR, höchste 51000,- EUR), monatliche Ratenbelastung 890,- EUR


In 2 Wochen haben wir einen Termin bei der Schuldnerberatung. Kann einer der Profis hier eventuell sagen, wie hoch in unserem Fall erfahrungsgemäß die Quote bei einem Vergleich ausfiele?
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Ruhrpottmensch
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von Ruhrpottmensch »

faknam hat geschrieben: 12. Aug 2019, 07:08 Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge. Das eine Verbraucherinsolvenz per se keinen Kündigungsgrund für das Mietverhältnis darstellt ist uns bewusst, aber es könnte ja z.B. Eigenbedarf angemeldet werden und davor hat speziell mein Partner große Angst, denn der Wohnungsmarkt hier ist wie gesagt äußerst schwierig.
Erstmal... Uff... Das ist bei Euch scheinbar ne ganz schöne "Hausnummer".
Respekt, dass Ihr Euch der Verschuldung stellt und über ein Insoverfahren nachdenkt.

Was die Ängste um die Wohnung angeht, kann ich das durchaus nachvollziehen. Das gehört wohl zu der größten Angst vor eine Inso... Sein "Nest" zu verlieren. Aber wie schon geschrieben, sucht das Gespräch -grad wenn es sich um einen privaten Vermieter handelt- erläutert das kommende Vorgehen und betont, dass dem Vermieter keinerlei Nachteile dadurch entstehen. Ihr scheint beide in soliden Einkommensverhältnissen zu leben, nicht "auf den Kopf gefallen" und Euch der Lage durchaus bewußt zu sein. Da spekuliere ich jetzt einfach mal ins Blaue, dass sich der Vermieter durchaus auf den "Deal" mit der PI einlassen wird... :)

Ich drücke auf jeden Fall ganz feste die Daumen, dass Ihr alles geregelt bekommt und vielleicht schon bald etwas ruhiger schlafen könnt. Grad bei so einem "Berg" wird die PI eine wesentliche Erleichterung darstellen... Da würde Dir wohl jeder "Betroffene" hier im Forum zustimmen...
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Christian
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von Christian »

Ich kann Ruhrpottmensch nur sowas von zustimmen. Bei der Forderung.. ab in die Privatinsolvenz. Und die Rechnung ist doch ganz einfach;
Ihr habt zwei Kinder. Nehmt euer aktuelles Nettoeinkommen. Schaut in die aktuelle Pfändungstabelle. Und ihr könnt jetzt schon erkennen, welches Nettoeinkommen euch während der PI bleibt ( unter Berücksichtigung dass keine weiteren Werte in die Masse fließen werden ).
Mit den Zahlen könnte man auch noch zum Vermieter gehen, um hier eine entsprechende Sicherheit herzustellen. Denn oft herrschen hier Mißverständnisse. Das z.B. nur ein Existenzminimum bleibt. Dem ist halt nicht so.
Zum Vergleich meine Zahlen :
Forderung Gesamt 100.000 EUR, Unterhalt ein Kind; Gehalt Netto 2.700 EUR ; Pfändung : ca . 550 EUR ( nach Pfändungstabelle ). Da ich alleinstehend bin und mir eine kleine Singlewohnung gesucht hatte ( Warmmiete : 300 EUR ) komme ich wunderbar zurecht. Bin nun im dritten Jahr und freu mich, dass es in zwei Jahren vorbei sein wird.
Ich kann euch nur berichten, dass ich selten in meinem Leben so ein Gefühl von Berfeiung erlebt habe. Euch wird es ebenso ergehen..
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tidus82
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Re: PI angestrebt ---> Vermieter außen vorlassen möglich?

Beitrag von tidus82 »

faknam hat geschrieben: 12. Aug 2019, 07:08 [...] es könnte ja z.B. Eigenbedarf angemeldet werden und davor hat speziell mein Partner große Angst, denn der Wohnungsmarkt hier ist wie gesagt äußerst schwierig.
Nun, um Eigenbedarf anzumelden gehört einiges dazu. Es reicht nicht einfach zu sagen: "Eigenbedarf" und schon seid ihr raus.

Ich denke ihr könnt euch tatsächlich sehr beruhigt zurücklehnen und mit dem Vermieter reden - denn gerade innerhalb der Insolvenz sollte die Miete gesichert sein.

Ich habe es meinem Vermieter damals so erklärt (auch wenn ein klitzekleines bisschen gelogen):
"Wenn ich jetzt meine Miete nicht mehr zahlen würde, dann würde ich die RSB riskieren und ggf. sogar eine Sperre für die Insolvenz bekommen -> Also ist doch die Miete oberste Priorität für mich!" und er nickte und stimmte absolut zu.
Und da ich keine Mietschulden hatte war für ihn alles in Ordnung.
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