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Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 08:07
von caffery
Der Bundestag hat gestern beschlossen, dass die gesetzlichen Grundlagen betreffend des P-Kontos geändert werden. Die Änderung wird in etwa einem Jahr in Kraft treten.
Die Änderungen sind aus meiner Sicht insgesamt positiv zu werten - auch wenn ein paar Stimmungstöter darunter sind. Wer alles lesen will:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/231/1923171.pdf

Das WIchtigste aus meiner Sicht mit dem ärgerlichsten gleich zu Beginn:

- Den Herrschaften ist KEINE Regelung zu den sog. faktischen Unterhaltspflichten eingefallen. Von mir auch wohlwollend Patchworkarschkarte genannt. Wer sich also eine Partnerin bzw. einen Partner mit Kindern schnappt, sollte auch in Zukunft entweder lieber nicht überschuldet sein, sicherstellen, dass die neue Flamme wirtschaftlich auf Rosen gebettet ist oder Anspruch auf Hartz haben - ansonsten sollte man seine Partnerschaft lieber in getrennten Wohneinheiten führen, da einem ansonsten u.U. unweigerlich ein Leben unterhalb des Existenzminimums droht. (Katastrophal)
- Die Pfändungstabelle wird nicht mehr alle zwei Jahre sondern jährlich an die Inflation angepasst. (Ist okay)
- Es wird eine Regelung für Gemeinschaftskonten eingeführt (Super!)
- Nicht verbrauchtes Guthaben wird dann grundsätzlich drei Monate in die Folgemonate übertragen bevor es ausgekehrt werden darf (Ein Träumchen - damit werden dann aber unzählige BGH-Entscheidungen obsolet - warum nicht gleich so?)
- Guthaben auf dem Konto darf durch das kontoführende Institut nicht mehr aufgerechnet werden. (Das ist natürlich für Banken schwer zu verstehen - ich finds natürlich gut;)
- Es wird eine Regelung für Nachzahlungen von Hartz oder Grusi geben, damit sie stressfreier freigegeben werden können. (Überfallig - also super)
- P-Kontobescheinigungen haben grundsätzlich nur 2 Jahre GÜltigkeit (Nerv!! Kotz!! Ich verstehe es aber.)

Zum Schluss noch ein Zuckerchen für alle Insolaner:
Der § 36 InsO wird um folgende zarte Worte ergänzt:
"Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter."
Das ist natürlich Musik in unser aller Ohren.

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 08:24
von Witwe Bolte
Danke für diese Infos, caffery.
Mich überrascht allerdings Dein "Zum Schluss ..."
War das denn bisher nicht so?
Ich dachte, es war schon so, dass der Schuldner über sein nicht-pfändbares Guthaben auf einem P-Konto frei verfügen kann und der IV damit nichts zu tun hat.
Falsch gedacht?
Oder dient die kommende Ergänzung des §36 nur der Klarstellung?

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 10:25
von tidus82
Ich vermute, dass das vielmehr eine In-Stein-Meißelung ist von der Auslegung die die Banken eh zum größten Teil schon haben. Aaaaaber - immernoch liest man ja oft, dass auch ein P-Konto mit der Eröffnung der Insolvenz komplett gesperrt ist und der Verwalter dort erst aktiv wird. Ich gehe stark davon aus, dass diesen paar Banken-Hansels jetzt auch damit klar wird, dass das Guthaben der (Über)Lebensführung dient und das nicht zu sperren ist.

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 11:18
von luxus1805
Gilt das denn auch für Altpfändungen die Monate vor eröffnung der Insolvenz auf dem P-Konto liegen?

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 12:10
von Witwe Bolte
Wenn Du ein P-Konto hast, dann kannst Du doch über Dein nicht-pfändbares Guthaben auf dem Konto verfügen, egal, ob eine Altpfändung vorliegt oder nicht.
Ich glaube, ich verstehe Deine Frage nicht.

Wenn Du Dein P-Konto allerdings wieder umwandeln willst in ein "normales", dann solltest Du Dir vorher von der Bank am besten schriftlich bestätigen lassen, dass keine Altpfändung vorliegt.

Aber das hat ja nichts mit "Freigabe durch den IV" zu tun - oder ?

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 12:20
von luxus1805
Ich meinte damit, das was an Geldern schon von der Bank separiert wurde und auf einem Auskehrungskonto gebucht worden ist.

Also alles was sich in den Monaten und Jahre über den Freibetrag gesammelt hat.

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 13:07
von Witwe Bolte
Ja klar - aber wo siehst Du hier jetzt einen Zusammenhang mit den von caffery o.g. geplanten Änderungen?
Ich sehe da nirgendwo was von/zu Altpfändungen.

Meinst Du wg. "Freigabe durch den IV" ?

Was sagt denn Deine Bank, warum sie Dein Geld einbehält und es weder dem Gläubiger (mit dem Alt-PFÜB) noch dem IV überweist?

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 13:33
von luxus1805
Die Bank sagt das wäre eine öffentliche restliche Verstrickung und die muss irgendwie beseitigt werden.

Aber habe kein plan wie ich das machen soll.

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 13. Okt 2020, 16:36
von Witwe Bolte
luxus1805 hat geschrieben: 13. Okt 2020, 13:33 Die Bank sagt das wäre eine öffentliche restliche Verstrickung und die muss irgendwie beseitigt werden.

Aber habe kein plan wie ich das machen soll.
Ich auch nicht. Ich habe keine Ahnung, was das sein soll, wahrscheinlich meist Du "öffentlich rechtlich" ?

Lass Dir von der Bank doch mal schriftlich geben,
1) warum sie das Geld einbehält und
2) was Du tun musst, um das Geld freizubekommen,
bitte mit Rechtsgrundlage.

Dann kannst Du einen Profi fragen, wie das zu tun ist, was die Bank verlangt.

Re: Änderung der gesetzlichen Grundlagen für das P-Konto

Verfasst: 15. Okt 2020, 10:41
von caffery
luxus1805 hat geschrieben: 13. Okt 2020, 13:33 Die Bank sagt das wäre eine öffentliche restliche Verstrickung und die muss irgendwie beseitigt werden.
Das Problem mit den öffentlich rechtlichen Verstrickungen wurde/wird durch die Gesetzesänderung nicht behoben. Aus meiner Sicht ist hier eine Gelegenheit verschenkt worden. Auch wenn ich mich auf politisch dünnes Eis bewege, sage ich einfach mal möglichst wertfrei was zu den Hintergründen:

Der Antrag, die gesetzlichen Vorschriften um einen Passus zu ergänzen, der das Problem mit den öffentlich rechtlichen Verstrickungen beendet hätte kam leider von der AfD. Obschon das Problem eigentlich allen ein Dorn im Auge ist, passierte mit dem Antrag das was passieren musste: Alle haben abgelehnt. Ob man jetzt ein Schelm sein muss um zu vermuten, dass die Ablehnung weniger inhaltliche Gründe gehabt haben könnte und vielleicht eher mit dem Antragsteller zu tun hatte, überlasse ich jedem selbst.

Aus meiner Sicht steht dieser Zusammenhang bespielhaft dafür wie widersinnig sich unsere Politik entwickelt hat. Entscheidungen werden schon lange nicht mehr nach Inhalten getroffen, sondern hängen scheinbar allein davon ab wer das Thema als erstes angesprochen hat.

Aufgrund der vorgenannten Zusammenhänge können wir auf jeden Fall davon ausgehen, dass das Problem in absehbarer Zeit nicht behoben werden wird, da jeder der es versuchen würde sich dem Vorwurf aussetzen würde, ins Horn der AfD zu blasen.

Es ist mir fast schön blöd das Gefühl zu haben, das jetzt hinterherschieben zu müssen: Ich persönlich halte nichts von der AfD. Ich kann aber dennoch nicht verstehen, warum ein Thema nicht ein Thema bleiben kann und warum nicht auch jemand dessen politische Einstellung ich insgesamt nicht teile, zu bestimmten Themen auch richtig liegen kann.

(zu lesen auf dem verlinkten PDF ab Seite 28 unten)