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Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:04
von TaDa
Guten Morgen,

ich habe folgende Frage. Nächste Woche habe ich meinen Termin und ich beabsichtige ein Insolvenzverfahren. Insgesamt sind es 26 Gläubiger und circa 60000 Euro Schulden.
Am Telefon wurde ich gefragt, ob ich selbständig war oder bin. Ich habe dies verneint. Jetzt ist mir eingefallen, dass ich bis vor 2 Jahren kurzfristig eine Honorartätigkeit ausgeführt habe. Max 12 Stunden in der Woche. Muss ich jetzt das Regelinsolvenzverfahren durchlaufen?
Ich hoffe ihr könnt mir helfen.
LG Tanja

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:07
von caffery
Willkommen!

Ja

Grüße!

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:11
von TaDa
Guten Morgen Cafferty und danke für deine Antwort.
OK, dann kann es sein, dass die Schuldnerberatung dies gar nicht mit mir macht oder weshalb hat sie so nachgefragt?
LG Tanja

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:13
von caffery
Ja, ich vermute, sie "wird das nicht mit Dir machen" wenn Du nicht für ein Verbraucherinsolvenzverfahren in Frage kommst.

Du darfst dann den Antrag einfach so stellen - ohne die Pflicht zu einem außergerichtlichen Einigungsversuch.

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:18
von TaDa
Danke für die Antwort. Ich habe sie jetzt erstmal darüber informiert und warte ab.
Mit freundlichen Grüßen
Tanja ***

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:28
von caffery
Die Abgrenzung des § 304 InsO ist nicht immer logisch -aber erstmal sachlich recht eindeutig.

Es gibt zwar vereinzelt Entscheidungen die besagen, dass man ab gewissen Grenzen auch ins Verbraucherverfahren "darf", etwa wenn die Selbständigkeit marginal war - aber das sind alles Einzelfallentscheidungen auf die man sich nicht einfach so berufen kann. Man kann es in seinem Einzelfall nur versuchen. Das macht aber wegen des ungewissen Ausgangs im Prinzip keine Beratungsstelle.

Ich habe das einmal gemacht. Ein 35-40 Gläubigermensch. War nur 2-3 Monate vor 7-8 Jahren Selbständig und hat dabei insgesamt nur 2000-3000 Euro gemacht. Die Schulden hatten damit üüüüüüberhaupt nichts zu tun.
Ich hab mir also den epischen Aufwand angetan einen Einigungsversuch hinzulegen - habe zur Antragstellung brav Urteile rausgesucht und argumentiert warum der Mensch ins Verbraucherverfahren gehört obwohl wir wahrheitsgemäß das Kreuz bei "ehemals Selbständig" bei "Ja" gesetzt haben und das Gläubigerportfolio mit Ü19 deutlich zu stattlich war.

Brachte nix - der Richter wollte nicht und bot an man könne ja vors Beschwerdegericht ziehen - oder einfach einen Regelinsolvenzantrag stellen. Letzteres wurde dann gemacht und ich hätte mir den ganzen Aufriss sparen können. Das mache ich nie wieder. Solche Erfahrungen hat fast jede Beratungsstelle mal gemacht - und macht sie in aller Regel nur einmal.

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:38
von TaDa
OK, dann werde ich mal schauen, dass ich irgendwo eine kostenlose Beratung erhalte und das selbst versuchen.
Mist.
LG Tanja

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:48
von caffery
Ach - wo wir grade dabei sind mal was einigermaßen verbindliches zum Thema Abgrenzung:

Ein in Fachkreisen sehr bekannter schuldnernaher Jurist aus dem Ruhrpott machte im Rahmen seines in gewissen Kreisen sehr beliebten Newsletters kürzlich noch einmal darauf aufmerksam, dass eine Abgrenzung zur Selbständigkeit im Sinne des § 304 InsO die gute alte Übungsleiterpauschale darstellt. Wenn man also nur im Rahmen einer solchen Übungsleiterpauschale (bis 2020 waren es 2400 Euro im Jahr/200 im Monat - zu 2021 wurde sie auf 3000 pro Jahr angehoben) tätig war oder ist, dann ist das nicht als Selbständigkeit i.S.d. § 304 InsO anzusehen.

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:54
von Witwe Bolte
TaDa hat geschrieben: 18. Feb 2021, 10:04 ... ob ich selbständig war oder bin. Ich habe dies verneint. Jetzt ist mir eingefallen, dass ich bis vor 2 Jahren kurzfristig eine Honorartätigkeit ausgeführt habe. Max 12 Stunden in der Woche.
...
Ich würde mal vermuten, dass die Beratungsstellen z.Zt. sehr gefragt sind und sich gern
(in ihren Augen) 'unnötige' Arbeit sparen wollen.
Wie hoch waren denn Deine Einnahmen aus dieser Honorartätigkeit ?
Konntest Du davon leben ?
Wieviele Gläubiger hast Du im Zusammenhang mit der Selbständigkeit ?
Und wie hoch ist die Schuldensumme von denen (im Zusammenhang mit der Selbständigkeit) ?

Letztlich entscheidet der Richter über Deinen "Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens",
ob "Regel-" oder "Verbraucher-" IV.

"Regel-" wäre insofern leichter, weil dann zuvor kein AEV (aussergerichtlichen Einigungsversuch) nötig ist und Du keine "geeignete Steele" brauchst (zwecks Bestätigung des Scheiterns desselben), sondern theoretisch noch heute ganz allein Deinen Antrag fertig machen könntest und dem Gericht schicken könntest.

WENN Du es aber lieber MIT einer Beratungsstelle machen möchtest (hoffentlich kostenfrei ?),
dann spiel das mit der "Selbständigkeit" ein bisschen runter, damit sie Dich überhaupt nehmen.

Wenn sie Dich NICHT nehmen (wollen) und der Richter entscheidet später DOCH auf Verbraucher-Insolvenzverfahren, dann musst Du ja quasi wieder von vorn anfangen.

Also überleg es Dir gut.
Viel Glück!

Re: Welches Insolvenzverfahren?

Verfasst: 18. Feb 2021, 10:57
von caffery
MrsRob hat geschrieben: 18. Feb 2021, 10:54
Wenn sie Dich NICHT nehmen (wollen) und der Richter entscheidet später DOCH auf Verbraucher-Insolvenzverfahren, dann musst Du ja quasi wieder von vorn anfangen.
Wenn jemand in seinem Regelinsolvenzantrag das Kreuzchen wahrheitsgemäß bei ehemals Selbständig setzt und über 19 Gläubiger hat wird das nicht passieren. Zumindest hätte ich da noch nie von gehört.