Der Weg zur Schuldenberatung gewagt.
Verfasst: 11. Jul 2019, 20:08
Guten Tag.
Ich wollte mal allgemein etwas los werden, wenn man Schulden hat und sich unsicher ist, wie man weiter vorgehen soll. Ich bin schon seit fast 10 Jahren von zu Hause ausgezogen und hatte bisher immer versucht, mein Leben halbwegs auf die Reihe zu bekommen.
Als ich ausgezogen bin, ging es erstmal ohne Ersparnisse an die Beschaffung einer Wohnungseinrichtung. Da ich ein ruhiger Mensch bin und es gerne zu Hause sehr gemütlich habe, hatte ich mir damals direkt eine Couch bzw. Wohnzimmer auf Pump gekauft. Die Raten waren erschwinglich, man konnte alles relativ gut zahlen mit einem normalen Verdienst. Doch das Möbelhaus gab damals noch eine Art Kreditrahmenkarte dazu mit einem Rahmen von direkt 2.500 Euro. Hey, dachte ich mir, klasse Finanzspritze. Ich gab munter Geld aus und wenn es eng wurde, ging ich an die Rahmenkarte. Irgendwann war der Betrag aufgebraucht und man musste zurückzahlen. Die Raten waren mit Zinsen sehr hoch, sodass man ewig hätte zahlen können. So ging ich zur Bank und schuldete um. Höherer Kredit, alter abbezahlt und weiter ging es. Dazu kam ein Freundeskreis mit Leuten, die von zu hause her schon mehr Geld hatten und gerne viel unternahmen. Aufgrund meines schwachen Selbstbewusstseins konnte ich nie Nein sagen und ging überall mit, was mich auch viel kostete. Zudem war ich sehr dumm bzw. gutmütig und gab gerne mal etwas aus oder lud andere wohin ein, denn das kam ja dann gut an.
Leider stand ich am Ende ohne alles da. Geld ausgegeben und manche falschen Freunde weg (zumindest hier Gott sei dank!).
Irgendwann stand ich da - Reparaturen und sonstige Forderungen standen ins Haus und ich wusste nicht mehr weiter.
Da mein damaliger Gebrauchtwagen schlapp machte und ich kein Geld für die Reperatur hatte und auch niemand, den ich privat nach Hilfe hätte fragen können, ging ich ins Autohaus und schloss eine Autofinanzierung ab.
Ich dachte nie im Leben, dass ich die Finanzierung bekomme, da ich schon einige Kredite hatte. Aber die Bank stimmte zu. Dies ging noch ein paar Jahre gut, ich versuchte IMMER, meine Raten zu zahlen, aber am Ende hatte ich bereits Mitte des Monats kaum noch Geld übrig und zahlte im Prinzip nur Geld an Banken zurück und lebte aus dem Dispo mit Essen und Trinken.
Später wurde ich krank, habe noch meinen Job verloren und dann schlug alles wie eine Bombe ein.
Wer finanzielle Probleme hat und nicht mehr weiter weiß, redet sich immer ein, dass man alles bezahlen könne und man sich ja einfach nicht so aus der Verantwortung ziehen möchte mit einer Privatinsolvenz.
Das dachte ich viele Jahre auch. Hatte große Angst vor einer Schuldnerberatung, dass man mir dort nur Vorwürfe machen würde usw.
Vor dem Jobverlust kam es, weil ich die Raten nicht mehr stemmen konnte, zur Gehaltspfändung. Spätestens da hätte ich schalten müssen. Aber ich versuchte mein Scheindasein immer weiter aufrecht zu erhalten. "Es geht ja schon irgendwie".
Nein, gar nichts ging mehr. Ich wurde immer unruhiger, war von Haus aus sowieso psychisch angeschlagen und zog mich von meinen wenigen Leuten, die ich noch hatte, immer mehr zurück. Kein Geld mehr für Kino oder mal eine kleine Reise. Selbst Kleidung kaufen war nicht mehr möglich.
Ich hatte sogar schon einen Hass auf das gelbe Postauto entwickelt. Wenn ich es schon vorfahren sah, schnürte sich mein Hals regelrecht zu. Der Weg zum Briefkasten war wie eine Tortur. Manchmal mehrere Briefe an einem Tag. In meiner schlimmen psychischen Phase warf ich sie verschlossen in eine Schublade. Irgendwann, nachdem gar nichts mehr ging, traute ich mich und machte einen Termin bei der Schuldnerberatung.
Ich öffnete auch hierzu alle Briefe, sortierte meine Forderungen und legte einen Ordner an. Zumindest das gröbste hatte ich zusammen. Als ich dann den Termin hatte, war ich mega aufgeregt - aber zu Unrecht.
Der Berater sah sich meine Unterlagen an, wir stellten zusammen, wie hoch die Schulden ungefähr sind. Mehr nicht. Ich wollte mich erklären, wie es soweit gekommen ist, aber er wollte es nicht wissen. Keine Vorwürfe, kein Mahnen. Ich ging das erste mal seit langem positiv aus einem Gespräch heraus.
Ich bin nun noch ganz am Anfang. Gerade werden erstmal alle Gläubiger angeschrieben, aber mein Berater meinte, dass wohl die Privatinsolvenz die einzige Option wäre. Danach hätte ich Ruhe.
Zwischenzeitlich musste ich auch die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher abgeben, dies war aber auch halb so wild. Die Konsequenzen sind eben jetzt da, aber ich will ja auch wieder aus dem ganzen raus. Der Gerichtsvollzieher war auch sehr nett, er sprach mir auch Mut zu und meinte auch, dass nicht nur arme Menschen bei ihm sitzen, sondern er hätte aus allen Lebenslagen schon Leute erlebt, die da durch mussten.
Was mir auch sehr geholfen hat, sich seinen Freunden anzuvertrauen. Die Situation zu schildern, alles rauszulassen. Wer Angst hat, dass sich deswegen Freunde abwenden, dem möchte ich sagen, dass er dann trotzdem die richtige Entscheidung trifft. Denn Freunde, die das nicht verstehen oder für einen da sind, sind auch keine richtigen Freunde.
Ich hatte im privaten Umfeld viel Verständnis bekommen, teilweise offenbarten sich meine Freunde auch, dass sie ähnliche Situationen kennen oder kannten, von denen ich nichts wusste. Sowas stärkt auch wieder das Vertrauen und das Bewusstsein, dass man eben nicht alleine mit solchen Sorgen ist.
Heute könnte ich mir in den Hintern treten, wie viel Geld ich unnötig verpulvert hatte. Was hätte ich alles mit dem Geld sparen können, darüber darf man aber nicht nachdenken. "Hätte, hätte, Fahrradkette"
Wichtig ist es, nach vorne zu schauen. Es ist nie zu spät!
Man denkt zwar immer, dass 6 Jahre Restschuldbefreiung sehr lange sind, aber ich habe meine Schulden fast 10 Jahre mit mir rumgeschleppt und es probiert, also ist das doch ein geringes Problem.
Alles ist lösbar, man muss nur wollen. Zu hause alles in Schubladen stecken lässt das Problem nicht verschwinden.
Ich kann es jedem nur raten, wenn es gar nicht mehr anders geht, den Weg zur Schuldenberatung zu wagen. Es kostet nur einen 5minütigen Anruf, dann hat man einen Termin und dann läuft alles langsam an.
Ich wollte mal allgemein etwas los werden, wenn man Schulden hat und sich unsicher ist, wie man weiter vorgehen soll. Ich bin schon seit fast 10 Jahren von zu Hause ausgezogen und hatte bisher immer versucht, mein Leben halbwegs auf die Reihe zu bekommen.
Als ich ausgezogen bin, ging es erstmal ohne Ersparnisse an die Beschaffung einer Wohnungseinrichtung. Da ich ein ruhiger Mensch bin und es gerne zu Hause sehr gemütlich habe, hatte ich mir damals direkt eine Couch bzw. Wohnzimmer auf Pump gekauft. Die Raten waren erschwinglich, man konnte alles relativ gut zahlen mit einem normalen Verdienst. Doch das Möbelhaus gab damals noch eine Art Kreditrahmenkarte dazu mit einem Rahmen von direkt 2.500 Euro. Hey, dachte ich mir, klasse Finanzspritze. Ich gab munter Geld aus und wenn es eng wurde, ging ich an die Rahmenkarte. Irgendwann war der Betrag aufgebraucht und man musste zurückzahlen. Die Raten waren mit Zinsen sehr hoch, sodass man ewig hätte zahlen können. So ging ich zur Bank und schuldete um. Höherer Kredit, alter abbezahlt und weiter ging es. Dazu kam ein Freundeskreis mit Leuten, die von zu hause her schon mehr Geld hatten und gerne viel unternahmen. Aufgrund meines schwachen Selbstbewusstseins konnte ich nie Nein sagen und ging überall mit, was mich auch viel kostete. Zudem war ich sehr dumm bzw. gutmütig und gab gerne mal etwas aus oder lud andere wohin ein, denn das kam ja dann gut an.
Leider stand ich am Ende ohne alles da. Geld ausgegeben und manche falschen Freunde weg (zumindest hier Gott sei dank!).
Irgendwann stand ich da - Reparaturen und sonstige Forderungen standen ins Haus und ich wusste nicht mehr weiter.
Da mein damaliger Gebrauchtwagen schlapp machte und ich kein Geld für die Reperatur hatte und auch niemand, den ich privat nach Hilfe hätte fragen können, ging ich ins Autohaus und schloss eine Autofinanzierung ab.
Ich dachte nie im Leben, dass ich die Finanzierung bekomme, da ich schon einige Kredite hatte. Aber die Bank stimmte zu. Dies ging noch ein paar Jahre gut, ich versuchte IMMER, meine Raten zu zahlen, aber am Ende hatte ich bereits Mitte des Monats kaum noch Geld übrig und zahlte im Prinzip nur Geld an Banken zurück und lebte aus dem Dispo mit Essen und Trinken.
Später wurde ich krank, habe noch meinen Job verloren und dann schlug alles wie eine Bombe ein.
Wer finanzielle Probleme hat und nicht mehr weiter weiß, redet sich immer ein, dass man alles bezahlen könne und man sich ja einfach nicht so aus der Verantwortung ziehen möchte mit einer Privatinsolvenz.
Das dachte ich viele Jahre auch. Hatte große Angst vor einer Schuldnerberatung, dass man mir dort nur Vorwürfe machen würde usw.
Vor dem Jobverlust kam es, weil ich die Raten nicht mehr stemmen konnte, zur Gehaltspfändung. Spätestens da hätte ich schalten müssen. Aber ich versuchte mein Scheindasein immer weiter aufrecht zu erhalten. "Es geht ja schon irgendwie".
Nein, gar nichts ging mehr. Ich wurde immer unruhiger, war von Haus aus sowieso psychisch angeschlagen und zog mich von meinen wenigen Leuten, die ich noch hatte, immer mehr zurück. Kein Geld mehr für Kino oder mal eine kleine Reise. Selbst Kleidung kaufen war nicht mehr möglich.
Ich hatte sogar schon einen Hass auf das gelbe Postauto entwickelt. Wenn ich es schon vorfahren sah, schnürte sich mein Hals regelrecht zu. Der Weg zum Briefkasten war wie eine Tortur. Manchmal mehrere Briefe an einem Tag. In meiner schlimmen psychischen Phase warf ich sie verschlossen in eine Schublade. Irgendwann, nachdem gar nichts mehr ging, traute ich mich und machte einen Termin bei der Schuldnerberatung.
Ich öffnete auch hierzu alle Briefe, sortierte meine Forderungen und legte einen Ordner an. Zumindest das gröbste hatte ich zusammen. Als ich dann den Termin hatte, war ich mega aufgeregt - aber zu Unrecht.
Der Berater sah sich meine Unterlagen an, wir stellten zusammen, wie hoch die Schulden ungefähr sind. Mehr nicht. Ich wollte mich erklären, wie es soweit gekommen ist, aber er wollte es nicht wissen. Keine Vorwürfe, kein Mahnen. Ich ging das erste mal seit langem positiv aus einem Gespräch heraus.
Ich bin nun noch ganz am Anfang. Gerade werden erstmal alle Gläubiger angeschrieben, aber mein Berater meinte, dass wohl die Privatinsolvenz die einzige Option wäre. Danach hätte ich Ruhe.
Zwischenzeitlich musste ich auch die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher abgeben, dies war aber auch halb so wild. Die Konsequenzen sind eben jetzt da, aber ich will ja auch wieder aus dem ganzen raus. Der Gerichtsvollzieher war auch sehr nett, er sprach mir auch Mut zu und meinte auch, dass nicht nur arme Menschen bei ihm sitzen, sondern er hätte aus allen Lebenslagen schon Leute erlebt, die da durch mussten.
Was mir auch sehr geholfen hat, sich seinen Freunden anzuvertrauen. Die Situation zu schildern, alles rauszulassen. Wer Angst hat, dass sich deswegen Freunde abwenden, dem möchte ich sagen, dass er dann trotzdem die richtige Entscheidung trifft. Denn Freunde, die das nicht verstehen oder für einen da sind, sind auch keine richtigen Freunde.
Ich hatte im privaten Umfeld viel Verständnis bekommen, teilweise offenbarten sich meine Freunde auch, dass sie ähnliche Situationen kennen oder kannten, von denen ich nichts wusste. Sowas stärkt auch wieder das Vertrauen und das Bewusstsein, dass man eben nicht alleine mit solchen Sorgen ist.
Heute könnte ich mir in den Hintern treten, wie viel Geld ich unnötig verpulvert hatte. Was hätte ich alles mit dem Geld sparen können, darüber darf man aber nicht nachdenken. "Hätte, hätte, Fahrradkette"
Wichtig ist es, nach vorne zu schauen. Es ist nie zu spät!
Man denkt zwar immer, dass 6 Jahre Restschuldbefreiung sehr lange sind, aber ich habe meine Schulden fast 10 Jahre mit mir rumgeschleppt und es probiert, also ist das doch ein geringes Problem.
Alles ist lösbar, man muss nur wollen. Zu hause alles in Schubladen stecken lässt das Problem nicht verschwinden.
Ich kann es jedem nur raten, wenn es gar nicht mehr anders geht, den Weg zur Schuldenberatung zu wagen. Es kostet nur einen 5minütigen Anruf, dann hat man einen Termin und dann läuft alles langsam an.