"Privatinsolvenz" - Wie gehts mir damit?!
Verfasst: 8. Okt 2018, 16:52
Hallo liebes (alte) neue Forum.
Ich bin ja auch schon "drüben" -mit selben Benutzernamen- angemeldet, jetzt aber auch hier, da scheinbar so langsam "Leben in die Bude" kommt...
In diesem Beitrag möchte ich einfach mal kurz über meine (noch sehr frischen) Erfahrungen mit der s.g. Privatinsolvent schreiben. Jeder der mag, kann gerne dran teilhaben oder auch selbst ein paar kurze Sätze schreiben...
Kurz zu meiner Situation:
Schulden in niedriger fünfstelliger Höhe, IV eröffnet Ende August 2018, im IV selbst eine Handvoll Gläubiger
Beruflich lief es bis Anfang 2017 relativ gut. Ich habe vor einigen Jahren nochmals eine Ausbildung gemacht (Finanziert über MeisterBafög) und wollte eigentlich in diesem Beruf auch Fuss fassen bzw. mich sogar mittelfristig selbstständig machen.
Leider kommt es anders als man glaubt (Blöder Spruch, passt aber recht gut)!
Mit dem Arbeitgeber, den ich bis Anfang 2017 noch hatte, lief es von Beginn an eigentlich nie wirklich rund. Es gab Missverständnisse, falsche Lohnabrechnungen und allgemein eine eher schlechte Stimmung im Betrieb. Daher war für das Frühjahr 2017 auch eine einvernehmliche Kündigung vereinbart. Diese kam jedoch durch einen juristischen Vorfall nicht Zustande, ich wurde fristlos entlassen. Detail erspare ich mir, es lief aber auf ein Verfahren vor Gericht hinaus.
"Schulden" hatte ich dieser Zeit durchaus schon, einige Verbraucherkredite (Für z.B. eine neue Küche, Elektronik) und die Rückzahlung vom MeisterBafög. Konnte die Raten aber damals noch durch meinen Lohn begleichen (Wenn auch knapp, aber es ging).
Durch den abrupten Jobverlust, hat es mich in eine persönliche Krise gestürzt, in der ich keine Kraft gefunden habe, mich um irgendetwas (Weder ALG1 noch Krankmeldungen o.ä.) zu kümmern. Ich habe in dieser Zeit von Dispokrediten, Unterstützung aus der Familie und dem kläglichen Angesparten gelebt.
Nach einem halben Jahr habe ich Mitte 2017 nochmals versucht im Beruf Fuss zu fassen, leider ging das nur für 6 Monate gut. Ich war einfach zu vorbelastet und abgelenkt - auch durch den Prozess.
Dadurch habe ich im Herbst 2017 erneut die Arbeit verloren, einhergehend mit einer gesundheitlichen (psychischen) Verschlechterung. Zum Glück (!) konnte/wollte/ musste ich mich im Herbst um Einkommen -sprich ALG1- kümmern damit ich wenigsten nicht noch mehr Schulden gemacht habe.
Natürlich muss ich jetzt mit einem geringeren Einkommen leben, so dass ich die ausstehenden Raten monatlich nur noch mit Verlust begleichen konnte. Sprich, ich habe neue Schulden gemacht.
Dies und die Verurteilung im Frühjahr 2018 (Der eigentlich Prozess startete erst deutlich nach einem Jahr) verschlechterten meinen Zustand noch mehr und ich stand nicht nur einmal vor einem "Abgrund" bzw. wusste nicht wirklich einen Ausweg.
Eine "Privatinsolvenz" kam für mich eigentlich nie in Frage. Ich wollte es eigentlich immer selbst schaffen und mich irgendwie aus dem "Schlamassel" ziehen. Ob das jetzt Erziehung gewesen ist, meine eigene Meinung zum Thema Insolvenz... Ich kann es gar nicht so richtig beantworten. Es hatte auf jeden Fall immer etwas "falsches" an sich... Irgendwie was von "Sich vor seinen Schulden drücken".
Allerdings unterschätzte ich, wie sehr "Geldprobleme" doch auf die Psyche drücken und die Situation deutlich verschlimmern.
Aufgrund dessen habe ich mich auch im März 2018 entschlossen mich Krankschreiben zu lassen. Ich bin ehrlich, natürlich auch um nicht weiter "abzurutschen" (In ALGII), aber natürlich auch um endlich die Probleme mit der Psyche in den Griff zu bekommen.
Komischerweise gab mir die Krankschreibung auch den nötigen Antrieb, um mich nach einem Termin in einer Schuldnerberatung zu kümmern.
Zum Glück ging es hier im Ort relativ schnell, nach einem ersten Aufnahmegespräch musste ich nur wenigen Tage auf den ersten "richtigen" Termin warten. Die Mitarbeiterin war -wider Erwarten- sehr verständnisvoll und durchaus fähig mich mit all meinen Fragen & Problemen zu "verarzten". Auch dadurch, dass ich "nur" einen relativ kleinen Betrag Schulden "angehäuft" & nur eine Handvoll Gläubiger hatte, ging die Bearbeitung recht flott. Nach den ersten Terminen in der Beratungsstelle, habe ich ein neues Konto bei einer anderen Bank eröffnet, dort mein Einkommen drauf überweisen lassen und die Zahlungen an die Gläubiger eingestellt. Natürlich kamen dann "recht flott" die ersten Mahnbescheide. Ansonsten hatte im Vorfeld, bis auf Mahnschreiben, keinerlei "anderer Probleme" mit meinen Gläubigern (GV, Vollstreckung etc.). Ich habe also quasi rechtzeitig die "Notbremse" gezogen.
Mit dem zuständigen Gericht hatte ich wohl auch Glück, Anfang August habe ich den Antrag eingereicht, Ende August kam die Bestätigung, dass das Verfahren eröffnet sei.
Auch der "Erstkontakt" mit dem mir zugewiesenen IV Mitte September verlief relativ unspektakulär und problemlos, ich hatte nur ein paar Tage "Rennerei" mit der Bank und meinem Konto wegen der Umstellung auf ein P-Konto. Seit einigen Tagen befinde ich mich auch in Behandlung um meine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen, aber vielleicht auch um die noch manchmal auftauchenden Gedanken des "Sich vor Schulden drücken" in den Griff zu bekommen.
Denn seien wir mal ehrlich, ich hätte es wohl versucht irgendwie durchzuziehen, womöglich mit Biegen & Brechen versucht Schulden zu bezahlen die ich einfach nicht mehr begleichen kann/konnte. Nicht in meiner momentanen Situation! Natürlich möchte ich mittelfristig auch daran etwas ändern und wieder im geregelten Arbeitsleben stehen und somit wenigsten einen Teil der Forderungen gegen mich begleichen.
Lange Rede, kurzer Sinn...
Mit Eröffnung des IV geht es mir spürbar besser, es ist wirklich so, wie man es häufig liest. Es fällt eine enorm große Belastung von einem ab und ermöglicht auch mal wieder "durchzuatmen". Natürlich habe ich noch einen langen Weg vor mir. Und sicherlich wird es auch noch den ein oder anderen Stein geben über den ich mal klettern muss. Trotzdem ist es keine Schande dieses Verfahren zu eröffnen (So wie ich Jahre lang dachte!). Ganz im Gegenteil, es bietet einem die Chance sein (finanzielles) Leben wieder in den Griff zu bekommen. Vielleicht auch über gemachte Fehler nachzudenken und diese in Zukunft zu vermeiden...
Ich kann es nur jedem empfehlen, der in ähnlicher oder vielleicht auch noch schlimmeren Situation steckt, sich Hilfe bei Beratungsstellen zu suchen. Denn meiner Meinung nach bieten die nicht nur schlichte Hilfe beim "Papierkram" an, sie helfen oftmals die Scham/Angst/Unsicherheit zu überwinden und den richtigen Schritt zu gehen...
Ich hoffe, ihr seid jetzt nicht zu abgeschreckt von dem langen Text. Aber das musste mal raus.
Vielen Dank auch an dieser Stelle für das tolle "Ersatzforum", ich werde bei Fragen und/oder zum Austausch sicherlich häufiger mal rein schauen.
Mit Grüßen
Ich bin ja auch schon "drüben" -mit selben Benutzernamen- angemeldet, jetzt aber auch hier, da scheinbar so langsam "Leben in die Bude" kommt...
In diesem Beitrag möchte ich einfach mal kurz über meine (noch sehr frischen) Erfahrungen mit der s.g. Privatinsolvent schreiben. Jeder der mag, kann gerne dran teilhaben oder auch selbst ein paar kurze Sätze schreiben...
Kurz zu meiner Situation:
Schulden in niedriger fünfstelliger Höhe, IV eröffnet Ende August 2018, im IV selbst eine Handvoll Gläubiger
Beruflich lief es bis Anfang 2017 relativ gut. Ich habe vor einigen Jahren nochmals eine Ausbildung gemacht (Finanziert über MeisterBafög) und wollte eigentlich in diesem Beruf auch Fuss fassen bzw. mich sogar mittelfristig selbstständig machen.
Leider kommt es anders als man glaubt (Blöder Spruch, passt aber recht gut)!
Mit dem Arbeitgeber, den ich bis Anfang 2017 noch hatte, lief es von Beginn an eigentlich nie wirklich rund. Es gab Missverständnisse, falsche Lohnabrechnungen und allgemein eine eher schlechte Stimmung im Betrieb. Daher war für das Frühjahr 2017 auch eine einvernehmliche Kündigung vereinbart. Diese kam jedoch durch einen juristischen Vorfall nicht Zustande, ich wurde fristlos entlassen. Detail erspare ich mir, es lief aber auf ein Verfahren vor Gericht hinaus.
"Schulden" hatte ich dieser Zeit durchaus schon, einige Verbraucherkredite (Für z.B. eine neue Küche, Elektronik) und die Rückzahlung vom MeisterBafög. Konnte die Raten aber damals noch durch meinen Lohn begleichen (Wenn auch knapp, aber es ging).
Durch den abrupten Jobverlust, hat es mich in eine persönliche Krise gestürzt, in der ich keine Kraft gefunden habe, mich um irgendetwas (Weder ALG1 noch Krankmeldungen o.ä.) zu kümmern. Ich habe in dieser Zeit von Dispokrediten, Unterstützung aus der Familie und dem kläglichen Angesparten gelebt.
Nach einem halben Jahr habe ich Mitte 2017 nochmals versucht im Beruf Fuss zu fassen, leider ging das nur für 6 Monate gut. Ich war einfach zu vorbelastet und abgelenkt - auch durch den Prozess.
Dadurch habe ich im Herbst 2017 erneut die Arbeit verloren, einhergehend mit einer gesundheitlichen (psychischen) Verschlechterung. Zum Glück (!) konnte/wollte/ musste ich mich im Herbst um Einkommen -sprich ALG1- kümmern damit ich wenigsten nicht noch mehr Schulden gemacht habe.
Natürlich muss ich jetzt mit einem geringeren Einkommen leben, so dass ich die ausstehenden Raten monatlich nur noch mit Verlust begleichen konnte. Sprich, ich habe neue Schulden gemacht.
Dies und die Verurteilung im Frühjahr 2018 (Der eigentlich Prozess startete erst deutlich nach einem Jahr) verschlechterten meinen Zustand noch mehr und ich stand nicht nur einmal vor einem "Abgrund" bzw. wusste nicht wirklich einen Ausweg.
Eine "Privatinsolvenz" kam für mich eigentlich nie in Frage. Ich wollte es eigentlich immer selbst schaffen und mich irgendwie aus dem "Schlamassel" ziehen. Ob das jetzt Erziehung gewesen ist, meine eigene Meinung zum Thema Insolvenz... Ich kann es gar nicht so richtig beantworten. Es hatte auf jeden Fall immer etwas "falsches" an sich... Irgendwie was von "Sich vor seinen Schulden drücken".
Allerdings unterschätzte ich, wie sehr "Geldprobleme" doch auf die Psyche drücken und die Situation deutlich verschlimmern.
Aufgrund dessen habe ich mich auch im März 2018 entschlossen mich Krankschreiben zu lassen. Ich bin ehrlich, natürlich auch um nicht weiter "abzurutschen" (In ALGII), aber natürlich auch um endlich die Probleme mit der Psyche in den Griff zu bekommen.
Komischerweise gab mir die Krankschreibung auch den nötigen Antrieb, um mich nach einem Termin in einer Schuldnerberatung zu kümmern.
Zum Glück ging es hier im Ort relativ schnell, nach einem ersten Aufnahmegespräch musste ich nur wenigen Tage auf den ersten "richtigen" Termin warten. Die Mitarbeiterin war -wider Erwarten- sehr verständnisvoll und durchaus fähig mich mit all meinen Fragen & Problemen zu "verarzten". Auch dadurch, dass ich "nur" einen relativ kleinen Betrag Schulden "angehäuft" & nur eine Handvoll Gläubiger hatte, ging die Bearbeitung recht flott. Nach den ersten Terminen in der Beratungsstelle, habe ich ein neues Konto bei einer anderen Bank eröffnet, dort mein Einkommen drauf überweisen lassen und die Zahlungen an die Gläubiger eingestellt. Natürlich kamen dann "recht flott" die ersten Mahnbescheide. Ansonsten hatte im Vorfeld, bis auf Mahnschreiben, keinerlei "anderer Probleme" mit meinen Gläubigern (GV, Vollstreckung etc.). Ich habe also quasi rechtzeitig die "Notbremse" gezogen.
Mit dem zuständigen Gericht hatte ich wohl auch Glück, Anfang August habe ich den Antrag eingereicht, Ende August kam die Bestätigung, dass das Verfahren eröffnet sei.
Auch der "Erstkontakt" mit dem mir zugewiesenen IV Mitte September verlief relativ unspektakulär und problemlos, ich hatte nur ein paar Tage "Rennerei" mit der Bank und meinem Konto wegen der Umstellung auf ein P-Konto. Seit einigen Tagen befinde ich mich auch in Behandlung um meine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen, aber vielleicht auch um die noch manchmal auftauchenden Gedanken des "Sich vor Schulden drücken" in den Griff zu bekommen.
Denn seien wir mal ehrlich, ich hätte es wohl versucht irgendwie durchzuziehen, womöglich mit Biegen & Brechen versucht Schulden zu bezahlen die ich einfach nicht mehr begleichen kann/konnte. Nicht in meiner momentanen Situation! Natürlich möchte ich mittelfristig auch daran etwas ändern und wieder im geregelten Arbeitsleben stehen und somit wenigsten einen Teil der Forderungen gegen mich begleichen.
Lange Rede, kurzer Sinn...
Mit Eröffnung des IV geht es mir spürbar besser, es ist wirklich so, wie man es häufig liest. Es fällt eine enorm große Belastung von einem ab und ermöglicht auch mal wieder "durchzuatmen". Natürlich habe ich noch einen langen Weg vor mir. Und sicherlich wird es auch noch den ein oder anderen Stein geben über den ich mal klettern muss. Trotzdem ist es keine Schande dieses Verfahren zu eröffnen (So wie ich Jahre lang dachte!). Ganz im Gegenteil, es bietet einem die Chance sein (finanzielles) Leben wieder in den Griff zu bekommen. Vielleicht auch über gemachte Fehler nachzudenken und diese in Zukunft zu vermeiden...
Ich kann es nur jedem empfehlen, der in ähnlicher oder vielleicht auch noch schlimmeren Situation steckt, sich Hilfe bei Beratungsstellen zu suchen. Denn meiner Meinung nach bieten die nicht nur schlichte Hilfe beim "Papierkram" an, sie helfen oftmals die Scham/Angst/Unsicherheit zu überwinden und den richtigen Schritt zu gehen...
Ich hoffe, ihr seid jetzt nicht zu abgeschreckt von dem langen Text. Aber das musste mal raus.
Vielen Dank auch an dieser Stelle für das tolle "Ersatzforum", ich werde bei Fragen und/oder zum Austausch sicherlich häufiger mal rein schauen.
Mit Grüßen