Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Life! Im Forum Schuldenprobleme werden sachbezogene Fragen rund ums Thema Ver- und Überschuldung diskutiert. Da es für für Schuldner daneben viele Themen gibt, die nicht direkt mit diesen Sachfragen oder Informationen zu tun haben, sondern mit persönlichen, sozialen, familiären oder beruflichen Ursachen und Folgen der Ver- und Überschuldung, haben wir dieses Forum eingerichtet. Im Forum Life! können z.B. diese Themen diskutiert werden: Schulden belasten oft Beziehungen und Partnerschaften: Wie wird man damit fertig? Oder mit dem Druck, wenn Schulden eines Partners eine neue Beziehung von Anfang an belasten? Lebenspraktische Erfahrungen: Wie vermittelt man z.B. den Kindern, dass das mit den Nike-Schuhen nicht geht? Wie wird man selbst damit fertig, wenn man auf einiges verzichten muss? Konsum und Verhältnis zu Geld: Hat sich meine Einstellung zu Geld und Konsum durch die Überschuldung geändert? Kochrezepte für die letzten '3 Tage vor dem Ersten' und andere Tipps , die den eh' schon schmalen Geldbeutel entlasten helfen.
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Shopgirl
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Shopgirl »

Und wer entscheidet, was aus der eigenen Schuld/Unfähigkeit entspringt und was einfach nur Pech ist?
Das Gericht? Der TH? Die Gläubiger?

Natürlich wird es Schuldner geben (auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass es viele sind), die selbst offenen Auges in ihr finanzielles Verderbern rennen und hinterher keinen Cent zurückzahlen können. So what? Ein Sozialstaat muss sowas aushalten können. Keiner von uns hat durch solche Fälle einen Cent mehr in der Tasche.

Von 2015, aber aktueller denn je: https://www.youtube.com/watch?v=KAy3i8Z_GPE
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caffery
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von caffery »

Shopgirl hat geschrieben: 9. Jun 2019, 11:57 Natürlich wird es Schuldner geben (auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass es viele sind), die selbst offenen Auges in ihr finanzielles Verderbern rennen und hinterher keinen Cent zurückzahlen können.
Ich weiß, dass "meine Branche" es sehr gerne öffentlich so verkauft, als wenn es diese Menschen praktisch nicht geben würde. Leider kann ich das aus meiner Arbeitsrealität so nicht bestätigen.
Besonders in Städten mit sozialen Brennpunkten bzw. allgemein strukturschwachen Gebieten ist meiner Erfahrung der Überschuldungsauslöser "Umgang mit Geld" der am häufigsten auftretende. Das gilt ganz besonders bei jungen Leuten.
Ich sage das so oft ich kann, auch wenn ich weiß, dass die Öffentlichkeitsvertreter meiner Branche mich am liebsten dafür steinigen würden;)

Die Betroffenen sagen auf meine obligatorische/statistische Frage nach dem Grund der Überschuldung sehr häufig Dinge wie "Ich war jung und dumm". Diese Aussage spiegelt sehr gut meinen Eindruck der Situation wieder. Die jungen Leute - besonders in strukturschwachen Gebieten - haben sehr häufig keinerlei finanzielle Kompetenzen erlernt. Die Regulierung der Bedürfnisse fällt sehr vielen zudem schwer - sie haben es sehr oft nie gelernt.
Zugeballert von Werbung, Influencern und Gruppendruck latschen viele quasi an ihrem 18 Geburtstag ersma in den Handyshop, dann zum Kaufhaus für ne hübsche 0% Finanzierung - später gibts dann vielleicht noch für das Ganze Rückenwind von der Targobank.

Ich bin ganz ehrlich: Ich verstehe nicht, warum das Thema derart tabuisiert wird. Es geht mir ja nicht darum, die Leute schlecht zu machen. Es geht darum eine gesellschaftliche Entwicklung zu sehen um daran zu arbeiten. Wer die Probleme nicht beim Namen nennt - weil man sich u.U. aus taktischen Gründen nicht traut - begeht aus meiner Sicht einen großen Fehler.

Ansonsten kann ich Deinen Worten nur zustimmen.
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Ruhrpottmensch
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Ruhrpottmensch »

Was die Banken und ihre immer neuen wahnwitzigen "Angebote" angeht?!

Ist halt auch so von der Politik "gewollt"...
Banken sind auch nur (noch) Wirtschaftsunternehmen. Und die deutsche Politik macht halt (im Gro) Wirtschaftspolitik...

Ohne selbst in dem Business verwurzelt zu sein... Aber ich denke, die Banken machen mit ihren ganzem Kreditgewurste sicherlich die ein oder andere müde Mark...
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Käsebrot
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Käsebrot »

Mir hat das die Bankangestellte letzte Woche sogar indirekt bestätigt. Der Trend, mehr Geld auszugeben als man hat schwappt mehr und mehr aus den Staaten zu uns rüber. Als sie noch jünger war mit dem entsprechend niedrigerem Einkommen, hat man halt nicht einfach den Kreditrahmen erhöht, sondern seine Ausgaben eingebremst. Heute wird jedem suggeriert, dass es ganz leicht ist, einen Kredit zu bekommen (was anfangs ja sogar noch stimmt...).

Während ich auf meine Beschlüsse wartete und täglich in die Insolvenzbekanntmachungen rein schaute, habe ich bei dem ein oder anderen jung klingendem Namen einfach mal nach dem Alter geschaut. Ich staunte echt nicht schlecht, wie viele Anfang/Mitte 20 bereits in die PI kommen und dann aber mit Beträgen, bei denen mit ein bisschen eigenem Einkommen das Ganze auch ohne dem Kladderadatsch zu bewerkstelligen wäre (1500-2000€). Scheint aber dann wohl einfacher zu sein, sechs Jahre auf alles zu verzichten, anstatt die Pobacken zusammen zu kneifen.

„Mein“ Gericht liegt allerdings auch in einem eher sozial schwachen Gebiet Deutschlands, wie es in Metropolen ausschaut, weiß ich nicht.
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caffery
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von caffery »

Käsebrot hat geschrieben: 9. Jun 2019, 16:09 Mir hat das die Bankangestellte letzte Woche sogar indirekt bestätigt. Der Trend, mehr Geld auszugeben als man hat schwappt mehr und mehr aus den Staaten zu uns rüber. Als sie noch jünger war mit dem entsprechend niedrigerem Einkommen, hat man halt nicht einfach den Kreditrahmen erhöht, sondern seine Ausgaben eingebremst. Heute wird jedem suggeriert, dass es ganz leicht ist, einen Kredit zu bekommen (was anfangs ja sogar noch stimmt...).
Ich sehe das als logische Folge unseres Geldsystems, dessen ureigener Charakter im dauerhaften Wachstum liegt. Jeder Teilnehmer, jede Firma, jeder Konzern, muss in jedem Jahr mehr erwirtschaften als im Jahr zuvor. Das hätte schon lange nicht mehr funktioniert, wenn man nur den Leuten erlauben würde am Wirtschaftleben teilzunehmen bzw. zu konsumieren die es sich auch leisten können. Die Politik des "billigen Geldes" ist also aus meiner Sicht kein vorübergehender Status, sondern eine logische Folge - die sich auch ohne wesentliche Veränderungen am System nicht rückgängig machen lässt.
Käsebrot hat geschrieben: 9. Jun 2019, 16:09 dann aber mit Beträgen, bei denen mit ein bisschen eigenem Einkommen das Ganze auch ohne dem Kladderadatsch zu bewerkstelligen wäre (1500-2000€). Scheint aber dann wohl einfacher zu sein, sechs Jahre auf alles zu verzichten, anstatt die Pobacken zusammen zu kneifen.
Du spielst hier wahrscheinlich auf die veröffentlichten Zahlen zu den festgestellten Forderungen an. Diese liegen fast immer deutlich geringer, als die Verschuldung zur Antragstellung tatsächlich war. Besonders bei Schuldenportfolien mit jeder Menge Konsumschulden, gehen da oft sehr viele Gläubiger "verschütt" da sie nicht angemeldet werden.
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Käsebrot
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Käsebrot »

Aus dieser Warte hab ich das noch gar nicht betrachtet. Sind das deiner Erfahrung nach dann Schuldner, deren Schulden dennoch einen fünfstelligen Betrag erreichen würden? So hohe Beträge kommen doch eher selten allein durch Konsum zusammen, oder? Also hier mal ein Handy, da mal nen Fernseher usw.
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Ruhrpottmensch
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Ruhrpottmensch »

Also ich kann nur von mir sprechen...
(Ich gehöre zwar nicht mehr zu den "ganz jungen" Schuldnern...)

Meine fünfstellige Summe kam durchaus -zum Großteil- durch "Konsum" zustande.

Ich habe eine ganze Zeit lang Computer, andere Elektronik, meine Küche und sogar Wocheneinkäufe (im Endeffekt) von (Raten)Krediten gekauft. Alles für sich keine großen Summen (Selbst die Küche war mit 4000€ relativ günstig). Aber in der Summe...

Mir ist eben eine ganze Zeit nicht in den Kopp gehen wollte, dass ich Geld ausgegeben habe, welches ich -in dem Ausmaß- einfach nicht auf der hohen Kante hatte...

Tja... Und gibt sich, wie in meinem Fall, eine doofe Gegebenheit mit der anderen die Hände und man steht da. Die Gläubiger wollen ihre Kohle haben. Ganz gleich was ist. Aber wenn einem ein recht gutes Gehalt wegbricht, ist man ziemlich schnell angearscht...
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arreis
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von arreis »

Es gibt ja diesen schönen Selbstbehalt, der ja auch in der Pfändungstabelle eine Rolle spielt. Wenn man sich jetzt mal die Nettoverdienste einiger Leute anschaut, die teilweise weit unter diesem Selbstbehalt liegen ist es kein Wunder das sich immer mehr, vor allem junge Leute überschulden, letztendlich möchten diese auch am Leben teilnehmen, was aber kaum möglich ist.
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Käsebrot
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von Käsebrot »

Aber den Selbstbehalt noch weiter reduzieren, um ein Strohfeuer lang am Leben teilnehmen zu können? Mir erscheint das ein wenig paradox...
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arreis
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Re: Ich nenne es mal meinen Standpunkt

Beitrag von arreis »

Da hast Du mich wohl falsch verstanden oder ich habe mich nicht richtig ausgedrückt.

Es geht mir darum,dass der Verdienst von vielen unterhalb des eigentlichen Selbstbehalt liegt. Wie sollen diese Leute überhaupt ein Leben planen, ohne dabei Schulden zu machen?
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