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Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 01:52
von insolaner
Moin,
durch die aktuelle Diskussion kam jetzt die Frage auf, ob ein IV von sich aus eine Forderung "ablehnen" kann, die vom Gläubiger angemeldet und vorab vom Schuldner akzeptiert wurde?
Konkret geht's darum, dass mehrere rechtlich teilweise verjährte Einzelforderungen (regelmässig "nur etwas" Geld, in Summe aber richtig viel) vom Schuldner anerkannt werden (sollen), um sie komplett mit in's Verfahren nehmen zu können.
Geht das, oder muss der Schuldner eine Verjährung einwenden?
Gibt es sonst auch eine Möglichkeit, verjährungshemmend die Forderung anzuerkennen?
Oder denke ich wieder zu weit, und die Forderungen sind sowieso nicht von einer Verjährung "bedroht", wenn man regelmässig über die Rückzahlung verhandelt hat (wenngleich nur mit Wischi-Waschi-Ergebnis, "ja, irgendwann mal, wenn ich Geld habe... Jaaa, mache ich..." - zählt das schon als Verhandlung?
Mag ungewöhnlich sein, dass ein Schuldner eine Forderung (resp. viiiele kleine, jeden Monat eine) unbedingt in einem anstehenden Verfahren haben
will, ist aber so
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 08:41
von Witwe Bolte
Hier war es so, dass der IV alle Forderungen nicht anerkannt hat, die nicht tituliert waren
(auch schön, wenn der Schuldenberg so quasi "von alleine" schrumpft).
Der Schuldner hat die Forderung ja schon dadurch 'anerkannt', dass er sie in die Gläubiger-Liste aufgenommen hat.
Wenn es Dir nur darum geht, genügend Gläubiger für eine Regelinsolvenz zu haben, dann zählen, glaube ich, nicht die, die übrig bleiben, sondern alle, die der Schuldner beim Antrag aufgelistet hat (erst danach wird ja -ggfs- das Verfahren eröffnet und ein IV benannt, der dann die Forderungen prüft und anerkennt -oder eben auch nicht).
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 08:54
von Graf Wadula
insolaner hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 01:52
Moin,
durch die aktuelle Diskussion kam jetzt die Frage auf, ob ein IV von sich aus eine Forderung "ablehnen" kann, die vom Gläubiger angemeldet und vorab vom Schuldner akzeptiert wurde?
Auf jeden Fall: § 178 I InsO. Auch die anderen Gläubiger können unabhängig davon die Forderung bestreiten. Der betroffene Gläubiger müsste dann gegen die Bestreitenden eine Feststellungsklage erheben.
Der Schuldner muss übrigens nichts akzeptieren, Ein Widerspruch des Schuldners hat auf die Feststellung und Schlussverteilung dann keinen Einfluss (§ 178 I 3 InsO)
insolaner hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 01:52Konkret geht's darum, dass mehrere rechtlich teilweise verjährte Einzelforderungen (regelmässig "nur etwas" Geld, in Summe aber richtig viel) vom Schuldner anerkannt werden (sollen), um sie komplett mit in's Verfahren nehmen zu können.
Geht das, oder muss der Schuldner eine Verjährung einwenden?
Gibt es sonst auch eine Möglichkeit, verjährungshemmend die Forderung anzuerkennen?
Oder denke ich wieder zu weit, und die Forderungen sind sowieso nicht von einer Verjährung "bedroht", wenn man regelmässig über die Rückzahlung verhandelt hat (wenngleich nur mit Wischi-Waschi-Ergebnis, "ja, irgendwann mal, wenn ich Geld habe... Jaaa, mache ich..." - zählt das schon als Verhandlung?
Mag ungewöhnlich sein, dass ein Schuldner eine Forderung (resp. viiiele kleine, jeden Monat eine) unbedingt in einem anstehenden Verfahren haben
will, ist aber so
Also wie gesagt; selbst wenn der Schuldner die Forderungen anerkennt, hat das keinen direkten Einfluss. Der Insolvenzverwalter wird in jedem Fall Forderungen bestreiten, die verjährt sind.
Der Schuldner muss nicht eine Forderung bestreiten. Das ist ein höchstpersönliches Recht.
Ob die Forderungen tatsächlich verjährt sind, kann ich nicht beurteilen.
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 13:53
von insolaner
MrsRob hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 08:41
Hier war es so, dass der IV alle Forderungen nicht anerkannt hat, die nicht tituliert waren
(auch schön, wenn der Schuldenberg so quasi "von alleine" schrumpft).
auweia, was ist denn das für eine bekoppte Logik? Verursacht doch unnötig Kosten...
Wenn es Dir nur darum geht, genügend Gläubiger für eine Regelinsolvenz zu haben,
absolut nicht.
Graf Wadula hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 08:54Auf jeden Fall: § 178 I InsO. Auch die anderen Gläubiger können unabhängig davon die Forderung bestreiten.
oh, das war mir so gar nicht bewusst, dass jeder Gläubiger alle anderen Forderungen die genau aufgelistet bekommt - danke, Datenschutz...
Der Schuldner muss übrigens nichts akzeptieren, Ein Widerspruch des Schuldners hat auf die Feststellung und Schlussverteilung dann keinen Einfluss (§ 178 I 3 InsO)
ich glaube, hier habe ich etwas missverständlich erklärt, es geht gar nicht darum, dass der Schuldner eine Forderung bestreiten will, sondern das genaue Gegenteil...
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 14:06
von gurami
oh, das war mir so gar nicht bewusst, dass jeder Gläubiger alle anderen Forderungen die genau aufgelistet bekommt - danke, Datenschutz...
Die anderen Gläubiger können sich die Tabelle/Akte doch ansehen bei Gericht. Ich glaube nicht das der IV den anderen Gläubigern die aufgelistet schickt.
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 15:14
von Witwe Bolte
insolaner hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 13:53
...
auweia, was ist denn das für eine bekoppte Logik? Verursacht doch unnötig Kosten
...
Meines Wissens können/müssen die Gläubiger dann per "Feststellungsklage" vom Gericht feststellen lassen, dass ihre Forderung gegen den Schuldner Bestand hat (wenn sie unbedingt in die "Tabelle" mitaufgenommen werden wollen).
Theoretisch kann der Gläubiger die Kosten dafür vermutlich zu seiner Forderung hinzurechnen.
Praktisch vermute ich mal, dass es nicht so viel (Klein-) Gläubiger gibt, die ihrem schlechten Geld dann noch gutes hinterherwerfen.
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 15:53
von insolaner
gurami hat geschrieben: ↑3. Apr 2020, 14:06
oh, das war mir so gar nicht bewusst, dass jeder Gläubiger alle anderen Forderungen die genau aufgelistet bekommt - danke, Datenschutz...
Die anderen Gläubiger können sich die Tabelle/Akte doch ansehen bei Gericht. Ich glaube nicht das der IV den anderen Gläubigern die aufgelistet schickt.
naja,
können ist ja schon entspannter -
ich würde wahrscheinlich als Gläubiger aus Neugier mal reinschauen, was und wo mein Schuldner sonst noch so da stehen hat, aber auch nur wenn es nicht zu kompliziert und teuer wäre. Im grossen Massengeschäft geht das sicherlich eher unter, genau wie manche ja erst gar nicht ihre Forderungen zur Tabelle anmelden, weil eine Nullnummer abzusehen ist...
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 18:24
von Graf Wadula
Also, vielleicht für alle mal ganz allgemein erläutert: Das Insolvenzverfahren wird eröffnet per Eröffnungsbeschluss. In dem Eröffnungsbeschluss steht zum einen eine Frist, bis zu der jeder, der meint, eine Forderung gegen den Schuldner zu haben, seine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden kann (§ 28 InsO). In dem Beschluss steht auch die Frist, ab wann diese ganzen Forderungsanmeldungen dann BEI GERICHT eigesehen werden können (§ 175 I InsO). Eine Übersendung an jeden Gläubiger erfolgt nicht.
Des Weiteren ist entweder ein Prüfungstermin oder eine schriftliche Widerspruchsfrist genannt. Bis zu dieser Frist bzw. im mündlichen Prüfungstermin kann dann von jedem Gläubiger, dem Insolvenzverwalter und dem Schuldner Widerspruch gegen eine (andere) Forderung erhoben werden. Praktisch müssten also die "interessierten" Gläubiger zum Gericht gehen, dort liegen dann alle Forderungen und dann können Sie Widerspruch erheben. Das passiert faktisch nie. Aber, angenommen Gläubiger 1 widerspricht der Forderung des Gläubigers 2, dann wird das vom Gericht in die Tabelle aufgenommen. Dann kommt es darauf an, ob die Forderung tituliert ist oder nicht (§ 179 InsO). Je nachdem bekommt der Bestreitende oder der Bestrittene einen beglaubigen Tabellenauszug zugesandt. Mit diesem beglaubigten Tabellenauszug kann er dann zum Zivilgericht laufen und dort Feststellungsklage (gegen den Bestreiter) erheben.
Ich kann Ihnen auch sagen, dass es nahezu nie vorkommt, dass Gläubiger in die Anmeldungen schaue. Die interessiert natürlich meist nur das Schicksal der eigenen Forderungen. Das Bestehen der anderen Forderungen kann der "normale" Gläubiger doch garnicht beurteilen. Die wichtigste Vorschrift ist § 178 InsO: wird von niemanden Widerspruch erhoben, gilt die Forderung als festgestellt und gilt als rechtskräftiges Urteil.
In der Praxis hat der Widerspruch/das Bestreiten vom Insolvenzverwalter erstmal nichts zu sagen. Oftmals bestreitet der Insolvenzverwalter "vorläufig", um die Forderung noch weiter zu prüfen.
Jeder, der eine Forderung bestritten hat, kann natürlich jederzeit seinen Widerspruch zurücknehmen. Auch dann ist die Forderung festgestellt und hat die Wirkungen eines Urteils.
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 3. Apr 2020, 19:27
von insolaner
danke sehr für die ausführliche Erläuterung! Das beruhigt mich deutlich, denn neben einem Nichtanmelden (weil nur Aufwand und Kosten bei sowieso abzusehendem Nullplan) scheint das ganze eher eine theoretische Möglichkeit zu sein, die in der Praxis quasi nicht vorkommt *puh*
Gibt es denn als Schuldner eine Möglichkeit, eine Forderung definitiv mit in's Verfahren zu bekommen, auch wenn sie eigentlich verjährt sein
könnte? Notarielles Schuldanerkenntnis (das kam so als Idee) kostet ja nur wieder Geld...
Es geht um Gelder, die im Laufe von Jahren nachweislich von privat an den Schuldner geflossen (resp. für den Schuldner gezahlt) sind, und "bei Gelegenheit" (sprich: "wenn Du mal wieder Geld hast") zurückgezahlt werden soll(t)en. Zumeist wurden diese Gelder für den Lebensunterhalt verwendet, manchmal auch für Anschaffungen (wenig Luxuskonsum, nur ein bisschen
)...
Re: Forderung anerkennen, Ablehnung durch IV?
Verfasst: 4. Apr 2020, 10:44
von Graf Wadula
Wie geschrieben: jeder kann eine Forderung anmelden. Es ist eher eine Frage, wie man die Forderung glaubhaft bzw. nachweisen kann. Und da wird's bei einem Darlehen natürlich schwieriger, je näher sich Schuldner und Darlehensgeber stehen. Gut wäre ein schriftlicher Darlehensvertrag. Noch besser, wenn man Auszahlungsbelege über die tatsächliche Auszahlung des Darlehens an den Schuldner hat.