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Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 11. Feb 2020, 22:58
von Tom567
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin so ziemlich am Ende der Wohlverhaltensphase und warte eigentlich nur noch auf den Beschluß des Gericht. Nun habe ich bedingt durch Rückzahlung einer Kaution erfahren, das immer noch eine Kontpfändung von Seiten des Finanzamt besteht und die Bank die Kaution zurückhält bis die Pfändung aufgehoben ist. Von Seiten der Insolvenzverwalterin kann ich über die Kaution verfügen. Die Bank hat nachdem ich das Schreiben der Insolvenzverwalterin vorgelegt habe dort Rücksprache gehalten . Die Insolvenzverwalterin hatt darauf hin das Finanzamt angeschrieben und erhielt die Rückmeldung das die Aufhebung möglich ist, wenn es zu einer Pfandverstrickung gekommen ist. Was ist da zu tun ? Bedanke mich schon voraus über einen Hinweis oder Antwort.

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 08:26
von Witwe Bolte
Hallo Tom567 - willkommen hier!
vorab: Ich hab zwar keine Ahnung, aber eine Meinung ... *smile*.

Tja ... dumm gelaufen ... hättest Du Dir in Deinem Inso-Verfahren eine neue Bank gesucht (und gefunden) und dort ein 'sauberes' Konto (ohne Altpfändung) eröffnet, hättest Du jetzt ein Problem weniger ...
Hätte hätte Fahrradkette, ich weiß - ist auch mehr als Hinweis für andere gedacht.

Es klingt so, also ob Du als Selbständiger im Regel-Insoverfahren bist/warst.
Hast Du denn Deinen Betrieb noch ? Oder einen neuen? Mit 'Betriebsvermögen'?
Es klingt so, als ob das FA jetzt einen Weg sucht (und gefunden hat?), ihre Forderungen gegen Dich (zumindest teilweise?) vor Deiner jetzt anstehenden RSB zu 'retten' ...

Meine Vermutung: Sie geben Dein Konto nur dann frei, wenn Du Ihnen im Gegenzug ein Pfand (zwecks 'Pfandverstrickung') gibst.
Mein Rat: Ruf selbst beim FA an und frag dort, wie jetzt das weitere Verfahren ist - was von denen gewünscht wird.
Wenn Du das möglichst emotionsfrei hinkriegst (nach der langen Zeit ist das ja vielleicht möglich?),
sonst lass das lieber eine Person Deines Vertrauens machen, dann weißt Du jedenfalls, was sie jetzt von Dir wollen.

Viel Glück!

Ich hoffe, es kommen hier noch andere Antworten mit mehr Sachkenntnissen zum Thema "Pfandverstrickung".
Dein Thema ist ja übrigens nicht ganz korrekt formuliert, denn es geht ja wohl nicht um eine Kontopfändung während der WVP (das wäre ja auch nicht zulässig), sondern um eine Altpfändung, die noch aus Zeiten vor der Eröffnung Deines Inso-Verfahrens auf diesem Konto schlummerte - richtig?

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 08:40
von Graf Wadula
Diese Problem basiert auf eine Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 21. September 2017 - IX ZR 40/17 -) und ist unglaublich kompliziert. Die Folgen aus diesem Urteil sind (leider) gerichtlich noch nicht einheitlich geklärt. Jedes Amtsgericht geht mit dieser Entscheidung anders um. Inhalt dieser Entscheidung war, dass eine Kontopfändung durch das Insolvenzverfahren nicht einfach wegfällt. Die Pfändung bleibt bestehen, sie wird nur insoweit beseitigt, wie sie für das Insolvenzverfahren notwendig ist.
Und so reagieren die Amtsgerichte völlig unterschiedlich. Einige heben auf Erinnerung des Schuldners die Pfändung ganz auf, einige nicht. In diesem Fall hier kann es sogar sein, dass die Pfändung vom Finanzamt selbst erlassen wurde.
Das ganze Szenario ist sehr kompliziert und sprengt m.E. die Möglichkeiten hier im Forum. Sie sollten da wirklich einen Rechtsanwalt (mit Insolvenzerfahrung) aufsuchen.

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 08:55
von Witwe Bolte
Heißt das, Graf Wadula, es könnte evt. auch einen Weg ohne Einbeziehung des FA geben,
wenn das AG (auf die 'Erinnerung' des Schuldners hin) die Kontopfändung aufheben würde ?

Aber bei solchen Kontopfändungen (direkt vom FA) ist ein Gericht doch gar nicht involviert ?

Und das FA hat ja schon gesagt:
Pfändungsaufhebung (auf dem Konto) gegen 'Pfandverstrickung' (aus dem Betriebsvermögen?).

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 11:06
von imker
Wenn das:
Die Insolvenzverwalterin hatt darauf hin das Finanzamt angeschrieben und erhielt die Rückmeldung das die Aufhebung möglich ist, wenn es zu einer Pfandverstrickung gekommen ist.

stimmt, ist das FA mit dem Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung um Aufhebung der Pfändung zu "bitten".

Aber: Ist das ein P-Konto, auf das die Kaution ging? Was/Wieviel geht denn da zusätzlich ein? Wie hoch ist der Kautionsbetrag und wie hoch sind die monatlichen Eingänge im Feb und März und April??

Oder ist das GANZE ein Thema aus dem Bereich der Bankbürgschaft mit Sparbuch etc??

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 12:48
von Graf Wadula
Genau, wenn das FA auf Grund der AO selbst die Pfändung durchführen konnte, ist das AG als Vollstreckungsgericht raus und das FA müsste als Vollstreckungsbehörde über eine Erinnerung entscheiden.

Die Verstrickung bezieht sich auch auf das Konto. Pfändung und Pfandverstrickung laufen immer im Gleichzug. Deshalb haben ja jetzt alle Gerichte Probleme damit. Einige Gerichte heben auf, weil ein "ruhend stellen" der Pfändung und damit Verstrickung nicht möglich ist. Einige stellen ruhend. je nachdem, welches Gericht dann entschieden hat, kriegt man entweder den betrag vom Konto oder nicht. Spätestens dann mit Erteilung der RSB wird man dann, wenn der Gläubiger von sich aus nicht die Rücknahme erklärt, eine Vollstreckungsgegenklage einreichen müssen.

Re: Kontopfändung trotz Wohlverhaltensphase und Pfandverstrickung

Verfasst: 12. Feb 2020, 13:02
von caffery
Auch wenn das jetzt überhaupt nicht hilft, kann ich dem Grafen (wieder mal) nur beipflichten. Besonders diesbezüglich, dass das Thema derart komplex ist, dass hier nur ein einschlägig fähiger Jurist der dem Einzelfall bis ins kleinste Detail ansichtig wird, wirklich helfen kann.

Ich bin ja eigentlich jemand, dem ansich kein Thema in Zusammenhang mit Schulden zu komplex ist - ich habe auf deutsch gesagt den Sportsgeist mich in jeden Scheiß einlesen zu wollen bis ich es einigermaßen verstanden habe. Bei dem Thema aber bin ich spätestens seit dem genannten Urteil im "Tilt"-Modus.

Neben den bereits genannten Unsicherheiten und Verkomplizierungen gibt es zudem jeweils z.b. noch erhebliche rechtliche Unterschiede in anderen Bereichen die für einen Einzelfall entscheidend sein können. Wesentlich ist z.b. auch die Frage, ob die Pfändungsmaßnahme im Zeitraum von einem Monat vor der Insolvenzeröffnung erfolgte oder davor. Weiterhin ist es unter Umständen für den Einzelzusammenhang erheblich, ob zum Zeitpunkt der Pfändung bereits eine wirtschaftliche Notlage bestand.

Diese und weitere Dinge führen jeweils zu unterschiedlichen Wegen und Möglichkeiten die quasi allesamt rechtlich ausgesprochen kompliziert und teilweile ungeklärt sind. Ich zumindest musste mir bei dem Thema leider vor einiger Zeit eingestehen, dass es aktuell meinen Horizont übersteigt.

Da aber ganz offenkundig selbst die Amtsgerichte vor dieser BGH Entscheidung stehen, wie der Elefant vor der Spültoilette, fühle ich mich deswegen auch nicht wirklich schlecht.