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Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 13:49
von Käsebrot
Hallo,
weiß zufällig jemand, ob es bezüglich der Unpfändbarkeit der Wechselschichtzulage ein hochrangiges Urteil gibt? Mein AG vertritt die Auffassung, dass die WSZ pfändbar ist, weil sie schließlich auch versteuert wird und die Unpfändbarkeit nur für die steuerfreien Zuschläge gilt
Mein alter AG hat die WSZ nicht gepfändet und es hat keine Sau interessiert. Es geht zwar nur um rund 50€ netto im Monat, da ich jedoch bis Mitte des Jahres aufgrund meiner Fortbildung auf viele Zuschläge verzichten muss und auch meinen Nebenjob sicher nicht immer ausreizen kann, wären das in Summe immerhin nochmal 300€ die mir flöten gehen.
Antrag bei Gericht ist soeben in Arbeit, hab ja zum Glück nix weiter zu tun.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 14:14
von Graf Wadula
Obergerichtliche Entscheidungen gibt es nicht. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hält diese für unpfändbar. Vielleicht können sie da was raussaugen: VG Düsseldorf, Urt. v. 4.5.2012, - 13 K 5526/10-
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 14:16
von caffery
LAG Berlin-Brandenburg, 09.01.2015 - 3 Sa 1335/14
sagt eindeutig, dass Wechselschichtzulagen unpfändbar sind.
BGH Beschl. v. 20.09.2018, Az.: IX ZB 41/16
geht da nur indirekt drauf ein. Ich würde aber mal behaupten, dass Formulierungen, die hier in Bezug auf Sonn- und Feiertagsarbeit formuliert wurden wie:
"Arbeit außerhalb der regulären Arbeitszeiten führe zu einer Mehrbelastung, die über bloße Unbequemlichkeiten hinausgehe, und zu Nachteilen für die Beziehungen des Arbeitnehmers zu seinem sozialen Umfeld. Mit der neueren Rechtsprechung mehrerer Vollstreckungs-, Insolvenz- und Verwaltungsgerichte seien Zulagen für ungünstige Arbeitszeiten daher als Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a ZPO unpfändbar."
auch sehr eindeutig auf Wechselschichten zutreffen müssten.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 14:26
von Käsebrot
Und genau damit argumentiert der Anwalt meines Arbeitgebers: es handelt sich nur um ein Urteil eines LAG
Wobei der gleiche Trottel wiederum trotz eines BAG-Urteils (oder BGH?) einen Beschluss von meinem Gericht haben wollte, dass das Nebeneinkommen nur zur Hälfte berücksichtigt werden darf
Beim Querlesen hatte ich jetzt bloß gesehen, dass nur auf die Schichtzulage eingegangen wird und das ist ja nochmal was anderes.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 14:33
von caffery
Käsebrot hat geschrieben: ↑27. Jan 2020, 14:26
Und genau damit argumentiert der Anwalt meines Arbeitgebers: es handelt sich nur um ein Urteil eines LAG
Wobei der gleiche Trottel wiederum trotz eines BAG-Urteils (oder BGH?) einen Beschluss von meinem Gericht haben wollte, dass das Nebeneinkommen nur zur Hälfte berücksichtigt werden darf
Tja, was soll ich sagen?
Angesichts solcher Aussagen steht man erstmal ratlos da, wie der Elefant vor der Spültoilette.
Sportsgeist oder Schlucken und drauf s*h*** - das ist jetzt die Frage;)
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 14:39
von Käsebrot
Mehr als Nein sagen kann ja das Gericht nicht. Und klagen lohnt sich nicht für fünfeinhalb Monate plus die drei Monate rückwirkend.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 15:55
von caffery
Tjo, ich habe nochmal ein bisschen rumgelesen - mit leider weniger erfreulichem Ergebnis. Das BAG stellte in einer (sprachlich wirklich lesenswerten, da ausgesprochen abenteuerlichen) Argumentationskette - die praktisch eine komplette sprachliche und geschichtliche Abhandlung darstellt - die Gläubigerinteressen betreffend Wechselschichtzulagen über die des Schudlners:
"Demgegenüber sind die Zuschläge nach § 8 TV für Wechselschicht-, Samstags- und Vorfeiertagsarbeit keine Erschwerniszulagen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO. Hier fehlt es an einer gleichgewichtigen gesetzgeberischen Wertung wie bei Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, die ein Zurückstehen der Gläubigerinteressen bei der Pfändung rechtfertigen könnte."
BAG Urteil vom 23.8.2017, 10 AZR 859/16
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 16:54
von Graf Wadula
caffery hat geschrieben: ↑27. Jan 2020, 15:55
Tjo, ich habe nochmal ein bisschen rumgelesen - mit leider weniger erfreulichem Ergebnis. Das BAG stellte in einer (sprachlich wirklich lesenswerten, da ausgesprochen abenteuerlichen) Argumentationskette - die praktisch eine komplette sprachliche und geschichtliche Abhandlung darstellt - die Gläubigerinteressen betreffend Wechselschichtzulagen über die des Schudlners:
"Demgegenüber sind die Zuschläge nach § 8 TV für Wechselschicht-, Samstags- und Vorfeiertagsarbeit keine Erschwerniszulagen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO. Hier fehlt es an einer gleichgewichtigen gesetzgeberischen Wertung wie bei Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, die ein Zurückstehen der Gläubigerinteressen bei der Pfändung rechtfertigen könnte."
BAG Urteil vom 23.8.2017, 10 AZR 859/16
Tja, dann sind ja die Chance extrem gering. Es sei denn, keiner liest diese Entscheidung und hängt sich an Aufsätze von Herrn Pape etc.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 27. Jan 2020, 18:12
von Käsebrot
Und dem gegenüber steht unser Manteltarifvertrag, der genau definiert, wann die Wechselschichtzulage überhaupt gezahlt wird. Und zwar wirklich nur dann, wenn man spätestens nach einem Monat wieder zu Unzeiten, sprich nachts, eingesetzt wird.
Re: Wechselschichtzulage
Verfasst: 20. Feb 2020, 19:16
von Käsebrot
So, jetzt kam ein Schreiben vom Gericht, dass ich gebeten werden, den Antrag zurück zu nehmen, da sich das Gericht der Rechtsvedrehung des TH anschließen wird.
Allerdings sehe ich das o. g. Urteil nicht als vergleichbar an, weil unser Mantel-TV ganz klar definiert, wann die WSZ gezahlt wird und das ist definitiv nur dann der Fall, wenn die Erschwernis i. S. v. Nachschichten spätestens erneut nach einem Monat eintritt.
Wie sinnvoll haltet es ihr, jetzt dem Gericht das so mitzuteilen? Den Mantel-TV kann ich ausdrucken und vorlegen. Oder muss da wenn eine erneute Klage her, um etwas zu erreichen?