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Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 10:13
von gurami
Hallo zusammen und ein frohes neues Jahr 2020,

mein Sohn hat bis Dez 2019 eine Berufsbildende Schule besucht, diese allerdings, blöderweise 6 Monate vor Abschluss abgebrochen. Er konnte sich nicht mehr mit dem Beruf Identifizierenen.

Jetzt möchte er etwas anderes lernen sitzt allerdings aktuell mit nix da. Wohnt bei uns im Haushalt, kostet mein Geld und hätte auch bei der Arge keine Chance auf finanzielle Unterstützung.

Klar möchte er einen Job finden um mir nicht auf der Tasche zu liegen aber durch seinen Schulabbruch gibt es ab diesem Monat kein Kindergeld mehr und der Verwalter will keine Unterhaltspflicht mehr akzeptieren.

Das Jugendamt ist der Meinung das ich weiterhin für ihn aufkommen müsse. Irgendwie ist das doch ungerecht.

Jetzt werde ich doppelt belastet.

Oder weiss einer einen anderen Rat?

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 10:26
von imker
Ja.
Sohn läuft zum FamGericht und verschafft sich mit Hilfe einer Verfahrenskostenhife und RA(in) einen Titel gegen den Vater auf weiterhin Unterhalt. Dann ist die Unterhaltspflicht "belegt" von dem Gericht, dass für die Feststellung von Unterhaltspflichten zuständig ist. (So mach ich das...alle wundern sich und haben eine dummes Gefühl, weil zu Lasten der Gläubiger eine Entscheidung getroffen werden soll)

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 10:49
von gurami
Hallo und danke für diese Information. Wie lange würde denn so eine Feststellung dauern und benötigt er dafür zwingend einen Rechtsanwalt? Komischerweise waren alle MA des Jugendamtes der Meinung das es wohl so sei das ich weiterhin für Ihn zahlen müsse. Auf die Frage ob es dafür auch etwas niedergeschriebenes gäbe, erntete ich nur Schulterzucken. Mein Arbeitgeber hat auch schon eine UB rausgenommen.

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 12:11
von caffery
Das ist m.E. eine der großen Gesetzesfehlleistungen - bzw. eine der fatalen Unstimmigkeiten zwischen dem BGB und dem SGB II.

Nach 1610 BGB und einschlägiger Rechtsprechung (z.b. OLG Brandenburg, Beschluss v. 21.03.2014, Az.: 10 WF 30/14) entfiele m.E. eigentlich der Unterhaltsanspruch des Kindes bei der Geschichte gemäß BGB

Leider gibt es da noch das SGB II. Dieses lässt in § 7 Abs.2 wissen, dass ein "Kind" unter 25 zur Bedarfsgemeinschaft gehört. Was nach SGB II Logik bedeutet: Dem Kind ist (sozusagen indirekt) Unterhalt zu gewähren, da alle Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zusammengezählt werden um die Bedürftigkeit zu prüfen. Wenn dabei rechnerisch nichts übrigbleibt, zahlt ihr zwar keinen Unterhalt im Sinne des BGB, müsst aber de facto für das Kind aufkommen.

Ein Auszug des "Kindes" unter 25 (und damit die Generierung einer eigenen Bedarfsgemeinschaft nebst Ansprüchen) ist nur mit Zustimmung des Jobcenters möglich. Dies wird i.d.R. nur über sog. Härtefalle positiv bescheiden (§ 22 Abs. 5 SGB II)

Was Dein zusätzliches Problem der Berücksichtigung betrifft so finde ich des Imkers Weg hervorragend.

Alternativ könnt ihr natürlich auch die Sozialbehörde prüfen lassen, ob ihr als Bedarfsgemeinschaft nun Ansprüche habt. Wenn dem so wäre, könnte man durch den SGB II Bescheid auch eine Berücksichtigung herbeiführen.

(PS: Je länger ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher wird das. Es fallen ja aktuell nicht nur die evtl. Ausbildungsvergütung und das Kindergeld weg - die Sozialbehörde darf auch auch nur "bereite Mittel" in ihre Berechnung einbeziehen. Da ja nun scheinbar wesentliche Teile Deines Einkommens abgetreten werden, sollte da doch ein Bedarf bestehen - oder?)

Weil ichs mir nicht verkneifen kann:
gurami hat geschrieben: 4. Jan 2020, 10:13 mein Sohn hat bis Dez 2019 eine Berufsbildende Schule besucht, diese allerdings, blöderweise 6 Monate vor Abschluss abgebrochen. Er konnte sich nicht mehr mit dem Beruf Identifizierenen.
Das war in jeder Hinsicht eine unfassbar beknackte Entscheidung - 6 Monate vor dem Ende *sich an den Kopp packt*. Möge dem "Kind" die Dämlichkeit dieser Entscheidung bis zum Erbrechen vor Augen geführt werden.

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 12:11
von arreis
Dein Sohn wird ja bei dem Besuch der Schule kein eigenes Geld verdient haben und somit war er unterhaltsberechtigt und sollte dies auch in der PI gewesen sein.

Wie hat nun der TH davon erfahren, dass Dein Sohn die Schule abgebrochen hat und nicht mehr als unterhaltsberechtigt eingestuft werden soll?

Durch den Abbruch einer Ausbildung ist nicht zwingend festgelegt, dass die Unterhaltspflicht oder der Anspruch auf Kindergeld automatisch erlischt, hier kommt es schon auf die Feinheiten an, z.B. bei geistiger - , körperlicher - oder gesundheitlicher Überlastung in dem gewählten Ausbildungsberuf.

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 15:26
von insolaner
das mit der Klage klingt zwar blöd ("die eigenen Eltern verklagen, Drama, Drama), sehe ich aber auch als sinnvoll an.

Andererseits, auch mit 20 kann er schon ausziehen, wenn Euer Verhältnis dermassen zerrüttet ist, dass ihr nicht mehr miteinander klarkommt (aufgrund seiner abgebrochenen Ausbildung zB), ist auch ein Grund für den Auszug gegeben, somit wäre das Mobcenter dann zuständig.

Ob das allerdings sinnvoll ist, sich unter deren Knute zu begeben, steht auf einem anderen Blatt...

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 16:10
von ichhabwasvergessen
Es wäre sinnvoll zu prüfen bzw. von Fachleuten prüfen zu lassen, ob der Kindergeldanspruch wirklich erloschen ist. Die Familienkassen lehnen wohl gerne konsequent Ansprüche ab. In diesem Fall müsste dann gegen die Familienkasse vorgegangen werden. Dazu müsste man sinnvollerweise fachanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Mit einem erstrittenen Kindergeldanspruch wäre dann die Unterhaltspflicht auch wieder da und dokumentiert.

Sollte diese Schiene aussichtslos sein, dann sollte man wirklich auch die vom Insolaner genannte Lösung prüfen. Es wäre für den Nachwuchs vielleicht sogar ganz heilsam, einmal dem Druck des Jobcenters ausgesetzt zu sein.

Die Caffery-Lösung bliebe dann als letzte Option immer noch. Aber nichts davon geht nach meiner Erfahrung nach ohne gute juristische Hilfe.

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 17:57
von RubyGloom
Prinzipiell gibt es beim Kindergeld wenn man gute Gründe hat, auch eine Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen Schule/Ausbildung/Arbeit, in denen auch für das "Rumhängen" Kindergeld weiter bezahlt wird.

Dafür müssen Bewerbungsbemühungen für eine andere Ausbildung/Arbeit nachgewiesen werden und das Kind sollte sich ausbildungs-/ oder arbeitssuchend beim Jobcenter melden.

https://www.kindergeld.org/download/KG5 ... ind_18.pdf

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 18:15
von caffery
Stimmt, wenn es arbeitssuchend gemeldet ist und noch keine 21, sollte es weiter Kindergeld kriegen.

Danach wird es dann schwierig während des "Nichtstuns". Die Übergangsfrist gibt es meines Wissens nur bei Übergang von Schule/Beruf/Studium/Ausbildung und gilt nicht für Abbrecher.

Re: Unterhaltspflicht 20 jähriger und Schulabbruch

Verfasst: 4. Jan 2020, 19:12
von imker
Mhh.. und grummel:

Worin liegt denn die Ursache für die Erkenntnis, dass er sich mit dem Beruf nicht (mehr) identifizieren kann??

Bequemlichkeit oder Verkennung von von Tatsachen und Realitäten??

In solchen Fällen kann es hilfreich - aber auch schmerzlich sein - einen Arzt aufzusuchen und dem das "Ganze" zu schildern - kommt der zu dem Eindruck und der Überzeugung, dass da psychis etwas anders als bei anderen ist, dann sollte das vor dem 25. Lebensjahr festgestellt werdenund dann gibt es ggf auch Kindergeld bis zum Lebensende...