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Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 22. Okt 2025, 15:48
von Blacksheep@
Hallo liebe Community,

ich habe mich nach Jahren des privaten Chaos, mit einer Menge an privaten Rückschlägen, entschlossen im April 2025 einen Antrag auf Regelinsolvenz zu stellen. Das Verfahren wurde am 01.07.2025 eröffnet. Mir wurde eine Insolvenzverwalterin zur Seite gestellt, die wirklich sehr kooperativ ist und mir auch viel erklärt, mehr als sie müsste. Die Regelinsolvenz mache ich aufgrund finanzieller Gründe in eigener Hand und versuche durch Tipps im Internet weiterzukommen. Wenn es gar nicht weiter geht, buche ich auf Abruf eine Beratung beim Anwalt, was mich dann natürlich Geld kostet.

Insolvenzantrag: April 2025
Eröffnung Insolvenz: 01.07.2025

Nun habe ich zwei Schreiben vom Amtsgericht erhalten.

Das erste Schreiben ist eine Niederschrift mit den Punkten, dass die Insolvenz richtig angemeldet wurde, dass die Bekanntmachung richtig erfolgte, dass die Insolvenzverwalterin meine wirtschaftliche Situation dargelegt hat, dass die angemeldeten Forderungen geprüft werden und so weiter. In diesem Schreiben steht aber auch, dass die Forderungen #1 und #2 aus der Tabelle ausgeschlossen werden.
Es wird festgestellt, dass die Forderungen Tabellenblattnummer 1-2 mit dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, vorsätzlich pflichtwidrigen Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder Steuerstraftat nach $S 370 (Steuerhinterziehung), 373 (gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel) oder § 374 (Steuerhehlerei) der Abgabenordnung angemeldet wurden und eine Belehrung des Schuldners nach § 175 Abs. 2 InsO versehentlich unterblieb.

Die genannten Forderungen werden deshalb von der Prüfung ausgenommen.

Ein gesonderter Termin zur Prüfung dieser Forderungen im schriftlichen Verfahren wird von Amts wegen bestimmt werden.

Das Prüfungsergebnis wird in die Tabelle eingetragen.
Im zweiten Schreiben des Amtsgerichtes wird nochmals auf die zwei Forderungen eingegangen. Da steht dann aber im Endeffekt nochmals das Gleiche. Also die Begründung, warum ausgenommen und das ich dagegen Einspruch erheben kann.

Nun habe ich meine Insolvenzverwalterin gebeten mir mitzuteilen, um welche zwei Positionen es sich handelt und wie die Gläubiger dies begründen. Es handelt sich aber um einen Gläubiger, der zwei Forderungen aus der Restschuldbefreiung raushaben möchte.

Der Gläubiger begründet den Einspruch wie folgt.

Forderung #1
GESAMTBETRAG: 2.600,57€

Der Forderung liegt ein Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 ff BGB) zugrunde. Demzufolge sind die Zinsen gemäß § 497 Abs. 1 und 3 Satz 4 BGB nicht verjährt.

Die angemeldete Forderung soll von der Restschuldbefreiung gem. § 302 InsO ausgenommen werden, da es sich um eine Deliktsforderung handelt.

Begründung:
Die Verbindlichkeiten des Schuldners resultieren aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Der Rechtsgrund, aus dem sich ergibt, dass es sich um eine der vorgenannten Forderungen des § 174 Abs. 2 InsO handelt, ist wie folgt: Der Anspruch besteht gemäß Vollstreckungstitel vom 25.04.1997 aus dem Vertrag vom 21.10.1996. Der Schuldner war zum Zeitpunkt des Vertrages jedoch nicht zahlungsfähig und hat einen Eingehungsbetrug begangen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass bereits am 17.01.1996, also vor Vertragsabschluss, ein Vollstreckungsbescheid zur Geschäftsnummer XX-XXXXXX-X-X gemäß Vertrag vom 02.03.1995 ergangen ist.

Die Forderung wird daher aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zum Insolvenzverfahren angemeldet. Der Schuldner wusste, dass er zahlungsunfähig war und hat sich die Leistung der Gläubigerin in unlauterer Weise erschlichen.

Forderung #2
GESAMTBETRAG: 2.280,47€

Der Forderung liegt ein Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 ff BGB) zugrunde. Demzufolge sind die Zinsen gemäß § 497 Abs. 1 und 3 Satz 4 BGB nicht verjährt.

Die angemeldete Forderung soll von der Restschuldbefreiung gem. § 302 InsO ausgenommen werden, da es sich um eine Deliktsforderung handelt.

Begründung:
Der Anspruch besteht gemäß Vollstreckungstitel vom 28.02.1996 aus unerlaubter Handlung. Der Schuldner war zum Zeitpunkt des Vertrages jedoch nicht zahlungsfähig und hat einen Eingehungsbetrug begangen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass bereits am 14.10.1988, also vor Vertragsabschluss, ein Vollstreckungsbescheid zur Geschäftsnummer YY-YYYYYY-Y-Y ergangen ist.

Die Forderung wird daher aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zum Insolvenzverfahren angemeldet. Der Schuldner wusste, dass er zahlungsunfähig war und hat sich die Leistung der Gläubigerin in unlauterer Weise erschlichen.


Es handelt sich hier bei beiden Forderungen um Bestellungen beim damaligen Neckermann Versandhaus. Gut möglich auf Rechnung oder Ratenzahlung.

Was mich bei den beiden Einsprüchen wundert, die ich ja als Kopie bek0ommen habe, ist folgendes.

Bei Einspruch und Aufstellung der Gläubiger Forderung #1 ist:
1x Vollstreckungstitel vom 28.02.1996 (aufgrund 10.01.96 erstellten Mahnbescheides)
1x Vollstreckungstitel vom 11.06.1997 (aufgrund 23.04.97 erstellten Mahnbescheides)

Bei Einspruch und Aufstellung der Gläubiger Forderung #1 ist:
1x Vollstreckungstitel vom 28.02.1996 (aufgrund 10.01.96 erstellten Mahnbescheides)

Der Gläubiger reicht zwei Forderungen ein, dabei besteht die erste Forderung aus zwei Vollstreckungstitel A und B und die zweite eingereichte Forderung besteht nochmals aus exakt dem gleichen Vollstreckungstitel A! Es ist zweimal exakt der gleiche Vollstreckungstitel, gleiches Datum, gleiche AZ-Nummer, gleiche Beträge etc!


Ok zu meinen Fragen und Euren Meinungen (keine Rechtsberatung) bevor ich den Anwalt einschalte.

1. Ich stelle am besten selber einfach mal nur Einspruch, allein schon weil die zwei Forderungsaufstellungen ja falsch sind. In der ersten Forderung werden ja die Titel A und B summiert und in der zweiten Forderung wurde nochmals Titel A genommen.

2. Kann ich den Einspruch allein machen erst mal - also einen generellen Einspruch und dann später begründen? Die Begründung dann ggfs. durch meinen Anwalt? Ich will halt keine Zeit verlieren mit dem Einspruch.

3. Generelle Meinung zu der Begründung der Einsprüche des Gläubigers - ein Inkasso Unternehmen. Ist lange her und ich kann nicht sagen, ob ich zu der Zeit wusste, ob ich bereits zahlungsunfähig war oder nicht. Lohnt es sich hier einen Anwalt einzuschalten? Hat das Inkasso Unternehmen Chancen hier durchzukommen? Kann man sich gegen den Einspruch des Inkasso Unternehmen gut gegenstemmen? Hat man da eine Chance?


Danke für Eure EInschätzungen!

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 22. Okt 2025, 16:39
von caffery
Ja, der Attributs Anmeldung vbuh zu widersprechen macht aus meiner Sicht auf jeden Fall Sinn.

Es macht hier wahrscheinlich sogar Sinn auch den Forderungen selbst - zumindest teilweise - zu widersprechen. Erstens wegen dem von Dir erwähnten Doppelbescheid und zweitens weil auch Zinsen auf Verbraucherdarlehen (so es denn wirklich welche waren) nach der 10 Jahre Hemmungsphase zu verjähren beginnen. Wenn der Gläubiger also nicht seit ca. 2010 alle 3 Jahre vollstreckt hat, sind hier sehr wohl Zinsen verjährt.

Es ist wichtig, dass Dein Widerspruch fristgerecht bei Gericht eingeht und vermerkt wird. Der Charakter der Forderung (unerlaubte Handlung oder nicht) wird wegen unglücklicher Rechtslage wahrscheinlich zunächst unklar bleiben. Auf jeden Fall aber hast Du "verloren", wenn Du jetzt nicht zumindest dem angemeldeten Attribut widersprichst.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 11:47
von Blacksheep@
Danke Dir.

Ich habe noch Frist bis 05.11. - der Widerspruch ist aber an das Insolvenzgericht und als Kopie an meine IV per Einschreiben und Fax heute raus gegangen.

Zum Einem habe ich den beiden Forderungsanmeldungen generell widersprochen. Es sind ja zwei Forderungsanmeldungen vom gleichen Gläubiger und dabei verwendet er einen Vollstreckungsbescheid zweimal. Dadurch sind die Forderungsanmeldungen #1 und #2 ja generell schon mal grundlegend falsch. Falsch von der Basis-Forderungs-Summe und dann mit den davon ausgehend berechneten Zinsen und Gebühren. Der Gläubiger wird also erst mal seine Forderungen komplett neu anmelden müssen - weil seine Anmeldung selbst ja falsch ist.

Was den Vorwurf des Eingehungsbetruges angeht - ebenso Widersprochen - habe ich noch Zeit zur Begründung. Da werde und kann ich allerdings Argumente gegen liefern. Nach fast 30 Jahren das stichhaltig zu beweisen ist ja nicht ganz so einfach - vor allem habe ich stichhaltige Gegenargumente. Das werde ich dann zumindest versuchen.

Danke Dir also erstmal - und Danke für den Hinweis mit den Zinsen!

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 18:39
von TomH
@Blacksheep@ zur Sache sehe ich 2 Forderungen die später jeweils tituliert wurden.

Beiden Forderungen steht doch voraus, dass wohl eine unmittelbare andere Forderung bei dem gleichen Gläubiger (damals Neckermann) nicht erfüllt wurde und jeweils ein Vollstreckungsbeschluss beim Amtsgericht beantragt wurde. Aus der Sache soll wohl herausgehen, dass man aufgrund nicht erfolgter Begleichung einer anderen Sache eine weitere Verbindlichkeit einging und daraus der Vorsatz entsteht, weiter dort einzukaufen, obwohl man bereits alte Rechnungen nicht bezahlen "konnte".

Ich sehe in den beiden Zitaten auch jeweils keine gleichen Vollstreckungstitel, die mithin doch bloß der Form halber Erwähnung finden. Denn eine Hemmung von 30 Jahren bei einem Verbraucherdarlehnsvertrag tritt doch nur dann außer Frage, wenn der Darlehnsgeber den Darlehnsnehmer nicht in Verzug setzt, was hierbei dann zunächst strittig wäre.

Ich würde zu einem Anwalt meines Vertrauens gehen.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 19:22
von Blacksheep@
TomH hat geschrieben: 23. Okt 2025, 18:39 Ich sehe in den beiden Zitaten auch jeweils keine gleichen Vollstreckungstitel
Die Vollstreckungstitel habe ich in der Nummer auch unkenntlich gemacht.

Ich mache mal als Beispiel einfache Zahlen, damit es deutlich wird.

Es gibt zwei Vollstreckungstitel und damit zwei Schuldsummen.
Vollstreckungstitel A mit 1.000 Euro
Vollstreckungstitel B mit 1.500 Euro

Der Gläubiger hat nun bei meiner Insolvenzverwalterin zwei getrennte Forderungen angemeldet, welche er unter zwei getrennten internen eigenen Aktenzeichen führt.

Gläubiger Aktenzeichen1234 = 1.000 Euro aus Vollstreckungstitel A
Gläubiger Aktenzeichen 5678 = 2.500 Euro aus Vollstreckungstitel A und Vollstreckungstitel B

Ich habe von meiner IV die Akteneinsicht der Forderungsanmeldungen bekommen. Der Gläubiger will also einmal 1.000 Euro anmelden aus Vollstreckungstitel A und einmal 2.500 Euro anmelden, bei dem er die Summe aus Vollstreckungstitel A und B addiert. Richtig wäre ja - er hat ein Aktenzeichen für Vollstreckungstitel A und ein gesondertes Aktenzeichen für Vollstreckungstitel B. Oder von mir aus nur eine Forderungsanmeldung, wo er die Schuldsumme aus Vollstreckungstitel A und B addiert.

Das interne Problem wird sein - der Gläubiger ist ein Inkassobüro (aufgekaufte Vollstreckungstitel). Die haben wohl erst Vollstreckungstitel A in die Hände bekommen und daraus ein internes Forderungsaktenzeichen gemacht.

Irgendwann haben die dann Vollstreckungstitel B aufgekauft und gesehen, ah da ist ja noch was anderes offen und haben aus A und B ein neues internes Aktenzeichen gemacht. Und so existieren bei dem Inkassobüro jetzt 2 getrennte Aktenzeichen. Ein Aktenzeichen nur aus Vollstreckungstitel A und ein Aktenzeichen, wo Vollstreckungstitel A und B zusammenaddiert sind.

Wie gesagt, ich habe die beiden detaillierte Forderungsanmeldungen gesehen im Original. Und wie der Gläubiger auf seine jeweilige Gesamtsumme kommt. Und nochmals, da nimmt der Gläubiger einmal nur den Vollstreckungstitel A als Basis und bei der zweiten Forderungsanmeldung nimmt er Vollstreckungstitel A und B als Schuldenbasis.

Und Du kannst ja nicht einmal sagen der Schuldner schuldet mir 1.000 Euro aus Vollstreckungstitel A.

Und dann schuldet der Gläubiger mir noch 2.500 Euro aus Vollstreckungstitel A und B.

Das zum Thema falsch angemeldet. Das passt schon so, dass ich da Widerspruch gegen eine falsche Anmeldung gezogen habe. Ist auch schon raus. Und wird auch bereits geprüft (IV weiß Bescheid, ist denen aber auch nicht aufgefallen).

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Das kompliziertere ist der Vorwurf der vorsätzlichen Schuldenmacherei vor 30 Jahren. Da berate ich mich tatsächlich mit meinem Anwalt. Fakt ist tatsächlich, dass sich meine finanzielle Situation damals gebessert hat (Arbeitsplatz als Stellv. Filialleiter). Aber just nach den Bestellungen für die neue Wohnung mein damaliger Arbeitgeber das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat und ich auf der Straße stand. Das kann ich Gott sei Dank nachweisen. In der Richtung wird mein Anwalt es versuchen zumindest.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 19:31
von TomH
Es geht um den Zeitpunkt einer erneuten Forderung die nun aus Sicht des neuen Gläubiger eine unerlaubte Handlung darstellt. Diese scheint er aus zuvor ergangenen nicht erfüllten Rechnungen (bishin zum Mahnbescheid) abzuleiten. Zu den 30 Jahren kommen dann übrigens noch 3 Jahre Verjährungsfrist hinzu, wodurch die beiden Angelegenheiten nicht verjährt zu scheinen sind.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 20:05
von Blacksheep@
TomH hat geschrieben: 23. Okt 2025, 19:31 Es geht um den Zeitpunkt einer erneuten Forderung die nun aus Sicht des neuen Gläubiger eine unerlaubte Handlung darstellt. Diese scheint er aus zuvor ergangenen nicht erfüllten Rechnungen (bishin zum Mahnbescheid) abzuleiten. Zu den 30 Jahren kommen dann übrigens noch 3 Jahre Verjährungsfrist hinzu, wodurch die beiden Angelegenheiten nicht verjährt zu scheinen sind.
Ja das ist klar - das muss ich einen Anwalt machen lassen. Mal schauen, welche Möglichkeiten der Begründung ich da habe.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 22:58
von robo
Hoffentlich kennt Dein Anwalt die in Cafferys Antwort oben genannte "unglückliche Rechtslage" ...

Ich meine, es ist der Beschluss vom 21. März 2024 - IX ZB 56/22, bin mir aber nicht sicher und jetzt zu faul zum suchen.

Re: Regelinsolvenz Einspruch eines Gläubigers

Verfasst: 23. Okt 2025, 23:00
von Blacksheep@
Ich halte Euch auf dem Laufenden.