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angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 24. Mär 2024, 12:21
von hpoperator86
Hallo liebe Community,

Meine Frau befindet sich ja seit kurzem (seit Januar) in einem Insolvenzverfahren.
Nun bekam Sie von dem Insolvenzverwalter ein Gläubigerliste der bisher angemeldeten Forderungen zur Insolvenztabelle zugesandt.
Diese soll sie auf Richtigkeit prüfen und mit Datum und Unterschrift versehen.

Auf dieser Liste enthalten sind nur die Gläubiger enthalten, die bisher tatsächlich eine Forderung angemeldet haben.

Die angemeldeten Forderungen auf dieser Liste sind nun um ein vielfaches weniger, als auf der Liste die meine mit dem Insolvenzantrag eingereicht hat.

Nun stellen sich uns einige Fragen:
Es gab früher mal die Option, dass man sich durch Zahlung von 35% der angemeldeten Forderungen "Freikaufen" konnte (bitte verzeiht diese formulierung). Bedeutet, dass man dann nicht mehr die 6 Jahre (solange dauerte die Insolvenz damals) durchlaufen musste, sondern nach Zahlung der 35% Schuldenfrei war, was auch die anderen, nicht angemeldeten Forderungen betraf.

Gibt es diese Option mit der "neuen"/verkürzten Verbraucherinsolvenz ebenfalls?
Wenn ja, in welchem Zeitraum wäre das denn zurückzuzahlen?

Was passiert mit den bisher nicht angemeldeten Forderungen wenn wir diese Möglichkeit, sofern diese denn zur verfügung stände, wahrnehmen? Bekommet sie dann trotz allem eine Art "Restschuldbefreiung" durch einen Beschluss nach dieser Zahlung?

ich wäre euch sehr dankbar wenn ihr uns weiterhelfen könntet.

LG

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 24. Mär 2024, 12:30
von tidus82
Hey :)

diese Form der Verkürzung gibt es seit der Insolvenzreform gar nicht mehr.

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 24. Mär 2024, 13:04
von caffery
1. Nachmeldungen von Forderungen sind in der Regel bis zur Verfahrensaufhebung möglich.

2. Die 35% Quote zur weiteren Verkürzung gibt es (mittlerweile theoretisch) nur noch für Altverfahren die i.d.R. noch ein 5/6 jähriges Restschuldbefreiungsverfahren vorgesehen haben. Es gibt (neben dem ziemlich unpraktikablen Planverfahren) nur noch die Möglichkeit der sofortigen Erteilung der Restschuldbefreiung durch Vollzahlung aller festgestellten Forderungen und sämtlicher Kosten. (§ 300 Abs. 2 InsO)
Sowie die etwas versteckte aber in solchen Fällen deutlich attraktive Möglichkeit des § 213 InsO durch die Zustimmung aller am Verfahren teilnehmender Gläubiger. Diese Zustimmung muss man sich natürlich "erkaufen" durch einen sogenannten Insolvenzvergleich. Die Kosten des Verfahrens müssen natürlich hier auch komplett berichtigt werden.

3. Die Restschuldbefreiung betrifft auch alle Forderungen die nicht zum Verfahren angemeldet wurden und vor Eröffnung des Verfahrens entstanden sind.

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 24. Mär 2024, 13:07
von hpoperator86
ok, danke vielmals für deine Antwort!
verstehe.

Betrifft dies nur die Möglichkeit der Zahlung von 35% der angemeldeten Forderungen, oder auch eine 100% Befriedigung der angemeldeten Forderungen?
Sprich: Wenn wir nun die angemeldeten Forderungen in Gänze begleichen, existiert somit die Möglichkeit der Verkürzung noch?

Nachtrag:
da war ich etwas zu langsam mit der Stellung meiner weiteren Fragen.
die Möglichkeit des § 213 InsO durch die Zustimmung aller am Verfahren teilnehmender Gläubiger hat idR wenig Aussicht auf Erfolg haben wir uns sagen lassen. Stimmt also so nicht ganz was uns diesbezüglich mitgeteilt wurde?
Ein Gläubiger (HIT = Intrum Hanseatische Treuhand-Inkasso) ließ sich in die Liste mit dem Vermerk "Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" eintragen und führt einen VB von 08/2019 auf. In diesen VB wird einfach nur die gechuldete Summe aufgeführt und nirgendwo etwas von Vorsatz zu lesen. Was ja auch Quatsch ist, vor 2019 wurde diesbezüglich nicht von dieser Seite vorgegangen und danach bis Dato auch nicht. Ist wahrscheinlich eine neue Masche von HIT.
Diesbezüglich habe ich gerade einen Widerspruch formuliert und sende diesen an das für meine Frau zuständige Amtsgericht (Insolvenzgericht). Eine Kopie, mit Vermerk "Duplikat" erhält der Insolvenzverwalter.

Ich denke nach diesem Widerspruch kann ich mir eine Zustimmung von HIT dann abschminken!?

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 24. Mär 2024, 19:46
von hpoperator86
? niemand ne antwort zu meiner weiterführenden frage ?

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 25. Mär 2024, 15:58
von caffery
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 13:07
die Möglichkeit des § 213 InsO durch die Zustimmung aller am Verfahren teilnehmender Gläubiger hat idR wenig Aussicht auf Erfolg haben wir uns sagen lassen. Stimmt also so nicht ganz was uns diesbezüglich mitgeteilt wurde?
Ich habe damit ganz gute Erfahrungen gemacht. Aber es (Vorsicht Floskel!) kommt immer drauf an.
Vermutlich hat der von dem ihr euch das habt "sagen lassen" damit mal eine Negativerfahrung gemacht.
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 13:07 Ein Gläubiger (HIT = Intrum Hanseatische Treuhand-Inkasso) ließ sich in die Liste mit dem Vermerk "Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" eintragen und führt einen VB von 08/2019 auf. In diesen VB wird einfach nur die gechuldete Summe aufgeführt und nirgendwo etwas von Vorsatz zu lesen. Was ja auch Quatsch ist, vor 2019 wurde diesbezüglich nicht von dieser Seite vorgegangen und danach bis Dato auch nicht.
Ne - Quatsch wäre es von HIT gewesen den Forderungscharakter "Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" in den VB zu schreiben. Solche Charakteristika kann man nämlich nicht über ein vereinfachtes Mahn- und Vollstreckungsverfahren titulieren. Der entsprechende Vermerk dort wäre also Unsinn gewesen und hätte juristisch den gleichen Effekt wie der Zusatz "Zur Mitte - zur Titte - zum Sack - Zack Zack!" gehabt;)
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 13:07 Ist wahrscheinlich eine neue Masche von HIT.
Die wäre mir wirklich neu. Ich selbst kann mich an keine vbuh Anmeldung von denen erinnern.
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 13:07 Diesbezüglich habe ich gerade einen Widerspruch formuliert und sende diesen an das für meine Frau zuständige Amtsgericht (Insolvenzgericht). Eine Kopie, mit Vermerk "Duplikat" erhält der Insolvenzverwalter.
Das hast Du vermutlich gut gemacht.
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 13:07 Ich denke nach diesem Widerspruch kann ich mir eine Zustimmung von HIT dann abschminken!?
Kann sein - muss aber nicht. (Ja ich weiß - total hilfreich!;)

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 25. Mär 2024, 19:21
von hpoperator86
@caffery
An dieser Stelle.... nochmals vielen Dank für deine ausführlichen Antworten!

Ok, verstehe.
Die Möglichkeit des § 213 InsO hat nun mein Interesse geweckt.
Inwiefern kann meine Frau nun an dieser Stelle, an der Sie sich befindet (In der Insolvenz), nun einen solchen Vergleich angehen?
Wer muss die Gläubiger denn dahingehend anschreiben?
Welcher Antrag muss gestellt werden?
Wird ein Betrag "in den Raum geworfen" als Vergleichsangebot (/Insolvenzvergleich), worin jeder der angemeldeten Gläubiger mit einer der gleichen Quote bedient wird und auf Zustimmung gewartet? --> Wie finden dann die Verfahrenskosten Berücksichtigung?
Ist der Betrag SOFORT nach zustimmung zu zahlen oder in einer gewissen Frist?
Ratenzahlung dessen möglich....oder EINMALZAHLUNG?
Erhält meine Frau dann nach positivem Insolvenzvergleich bzw nach Zahlung des Vergleichs und der Verfahrenskosten ebenfalls eine Restschuldbefreiung als Beschluss?

Wäre über detailierte Infos sehr dankbar!

LG

Re: angemeldete Forderungen um ein vielfaches geringer - Welche Möglichkeiten haben wir nun

Verfasst: 25. Mär 2024, 20:45
von caffery
hpoperator86 hat geschrieben: 24. Mär 2024, 12:21 Meine Frau befindet sich ja seit kurzem (seit Januar) in einem Insolvenzverfahren.
Meine Empfehlung lautet:
In diesem von Dir genannten Stadium machst Du ersma garnix, malst Deiner Frau keine Luftschlösser sondern atmest erstmal ganz entspannt ins Hemd, lehnst Dich zurück und siehst den Dingen die da kommen entspannt entgegen.

Nach zwei Monaten ist grade mal die Meldephase rum. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Insolvenztabelle (also die Gläubiger die ihre Forderung erfolgreich angemeldet haben) vollständig ist.
Nachmeldungen nach der Meldephase (gegen eine geringe Gebühr für die Gläubiger) sind mehr als üblich. Sie kommen so richtig richtig richtig häufig vor. Sie sind oft bis zur Aufhebung des Verfahrens (wenn sie in die Wohlverhaltensperiode kommt) möglich. Wann dieser Beschluss ergeht ist derzeit völlig unklar.

Also verschwende aktuell bitte keine Körner in diese Richtung sondern kümmere Dich um sinnvollere Dinge. Wenn das Verfahren aufgehoben wird, lasse Dir die Tabelle zeigen und greife den Gedanken ggf. neu auf.

Seit das Verfahren nur noch 3 Jahre dauert, ist die Zeitersparnis die man sich durch diese Nummer erkauft aber nur noch in Ausnahmefällen aus aufwandsökomischen Gesichtspunkten wirklich zweckmäßig. Das lässt dich aber in diesem extrem frühen Stadium keinesfalls sinnvoll entscheiden.

Zu den ganzen Prozederefragen daher nur in aller Kürze:
Deine Frau muss knapp gesagt einfach alle Insolvenzgläubiger dazu bringen die Erledigung ihrer Forderung zu erklären. Wie sie das anstellt ist quasi egal - also wenn man so will "feilschen wie aufm Jahrmarkt";)
Wenn die Erklärungen aller Gläubiger vorliegen, sollte man die Summe der offenen Verfahrens- und Gerichtskosten erfragen, diese dann berichtigen und dann darauf Bezug nehmend die sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung beantragen.
... zudem wäre es ein feiner Zug, den Treuhänder über der Vorgang in Kenntnis zu bringen und seinen Segen zu erbitten.
Das wars eigentlich - ganz einfach gesagt.