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Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 14:42
von Kein_Beinbruch
Info vorab: Ich bin im "alten" Forum schon länger registriert und war früher interessierter Mitleser. Dort habe ich auch einen Thread erstellt, aber dann erst mitbekommen, dass dort wohl Probleme mit dem Forum bestehen.

Hallo,

das wird eine etwas längere Geschichte.....vorab kurz zu mir: 40 Jahre alt, seit 12/2018 in der Privatinsolvenz.

Ich führe monatlich derzeit so viel ab, dass es mit der Beendigung in drei Jahren evtl. sogar klappen könnte. Ganz genau weiß man das ja nicht, da die Verfahrenskosten schwanken können. Das Verfahren ist noch eröffnet, Schlusstermin könnte aber schon im Juli oder August 2019 kommen laut IV.

Ich bin im meinem vor vielen Jahren gewähltem Beruf nicht so wirklich glücklich....ich würde viel lieber etwas direkt mit Menschen zu tun haben. Ich denke z.B. an eine Ausbildung in der Krankenpflege. Gelernt habe ich einen technischen Beruf, in dem ich auch arbeite.

Nun hatte ich einen Arbeitsunfall, durch den ich sowohl eine große Nachzahlung an Erwerbsminderungsrente bekommen werde als auch laufende Zahlungen.

Allein die Nachzahlung plus die Pfändungen des nächsten halben Jahres würden auf jeden Fall locker die Summe erbringen, um die Insolvenz nach drei Jahren beenden zu können.

Kann jemand sagen, ob das aus Gläubiger- oder Insolvenzverwaltersicht überhaupt möglich wäre, also eine neue Ausbildung beginnen? Ich denke da an meine Obliegenheiten.....immerhin sinkt das Einkommen ja zumindest in der Ausbildung erheblich.

Die Restschuldbefreiung versagt zu bekommen wäre natürlich ein GAU, und das trotz Erfüllung von 35% oder mehr Gläubigerquote in drei Jahren.

Eine Erwerbsminderungsrente von ca. 650€ ist ja voll pfändbar lt. diversen Urteilen, aber wie verhält es sich überhaupt dann zusammen mit dem Lohn? Normal müsste doch der Lohn mit der EM-Rente addiert werden und danach bestimmt werden, wie viel gepfändet wird? Und wenn man angenommen 800€ netto Ausbildungsvergütung bekommt plus 650€ EM-Rente dann von 1450€ gesamt die Pfändung berechnet werden?

Viele Grüße

"Kein Beinbruch"

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 18:49
von Kein_Beinbruch
Noch ein Nachtrag:

Mein Ansinnen mag natürlich wie ein Luxusproblem klingen. Aber es ist so, dass ich auch schon psychisch unter den Arbeitsbedingungen leide. Alternative Arbeitgeber mit ähnlichem Verdienst gibt es hier kaum.

Um mal Summen zu nennen: Ich führe jetzt monatlich 400€ ab. So wie es mir mündlich gesagt wurde, wird die Unfallrente von der BG bei 600 bis 650€ liegen. Mit meinem Lohn zusammengerechnet würden dann bei derzeitigem Verdienst 800€ oder etwas mehr jeden Monat an den IV gehen.

Bei Beginn der Ausbildung in der Pflege würde das dann natürlich auf magere 150 bis 200€ zurückgehen....und hier liegt wohl das Problem.

Das könnte bzw. wird zu einem Versagen der RSB führen, auch wenn 35% plus alle Kosten in drei Jahren bezahlt sind. Denn man hat ja die Pflicht, die Gläubiger nach Kräften zu befriedigen und darf keine wesentlich schlechter bezahlte Tätigkeit ohne Not annehmen.

Die Insolvenz ist wohl gerade ein schlechter Zeitpunkt für solche Vorhaben.
Meinungen und Erfahrungen dazu sind aber gerne gewünscht, vielen Dank schon mal.

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 18:52
von caffery
Kein_Beinbruch hat geschrieben: 19. Mai 2019, 14:42
Ich bin im meinem vor vielen Jahren gewähltem Beruf nicht so wirklich glücklich....ich würde viel lieber etwas direkt mit Menschen zu tun haben. Ich denke z.B. an eine Ausbildung in der Krankenpflege. Gelernt habe ich einen technischen Beruf, in dem ich auch arbeite.

Ich denke da an meine Obliegenheiten.....immerhin sinkt das Einkommen ja zumindest in der Ausbildung erheblich.

Die Restschuldbefreiung versagt zu bekommen wäre natürlich ein GAU, und das trotz Erfüllung von 35% oder mehr Gläubigerquote in drei Jahren.
Ein (erfolgreicher) Versagungsantrag wäre aus meiner Sicht bei der Geschichte möglich. "Nicht so wirklich glücklich", "lieber etwas anderes machen", sind aus meiner Sicht keine haltbaren Gründe um die Befriedigung der Insovenzgläubiger durch einen Jobwechsel und damit verbundene Einkommens- bzw. Masseeinbußen beeinträchtigen zu dürfen.
Kein_Beinbruch hat geschrieben: 19. Mai 2019, 14:42 Eine Erwerbsminderungsrente von ca. 650€ ist ja voll pfändbar lt. diversen Urteilen, aber wie verhält es sich überhaupt dann zusammen mit dem Lohn? Normal müsste doch der Lohn mit der EM-Rente addiert werden und danach bestimmt werden, wie viel gepfändet wird? Und wenn man angenommen 800€ netto Ausbildungsvergütung bekommt plus 650€ EM-Rente dann von 1450€ gesamt die Pfändung berechnet werden?
Die Rente kann normal wie Einkommen gepfändet/abgetreten werden. Entsprechend kann bei mehreren Einkommen ein Zusammenrechnungsbeschluss in die Welt gezimmert werden um die Einkommen zusammenzufassen und entsprechend via Tabelle abzuführen.

Bedenke auch die die Hinzuverdienstgrenzen bei EM-Renten! Meines Wissens ist sie bei voller EM-Rente bei 6500 Euro jährlich - bei teilweise individuell anders. Ansonsten wird Einkommen eben angerechnet.

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 18:56
von Kein_Beinbruch
Hallo Caffery,

ich danke Dir schon mal für die Antwort.

Wie Du in meinem Nachtrag unter meinem Startposting lesen kannst, sind wir im Grunde einer Ansicht.

Die Rente ist (wird sein....) aber eine Unfallrente von der BG. Da sind meines Wissens die Hinzuverdienstgrenzen wesentlich höher, bei 40000 Euro und die habe ich ja nicht.

Danke schon mal!

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 19:07
von caffery
Kein_Beinbruch hat geschrieben: 19. Mai 2019, 18:56 Wie Du in meinem Nachtrag unter meinem Startposting lesen kannst, sind wir im Grunde einer Ansicht.
Stimmt:) Die Eigentantwort kam während ich meine Antwort schrub.

Mit der Psyche könntest Du im Ernstfall unter Umständen Punkten wenn sie ärztlich belegbar ist.

Ich würde aber eher dazu raten wenn möglich die Zähne zusammenzubeißen und den beruflichen Wechsel nach der Restschuldbefreiung zu verwirklichen. Wenn es psychisch überhaupt nicht mehr geht wären entsprechend eindeutige ärztliche Atteste dringend zu empfehlen.

Versagungsanträge wegen schuldhaftem Einkommensrückgang und dazu ensprechende Urteile gibt es leider wie Sand am Meer. Es kann natürlich auch sein, dass garnichts passiert weil Du u.U. Gläubiger hast die das nicht juckt oder da nicht genau hinsehen. Aber verlassen würde ich mich nicht darauf...

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 19:20
von Ruhrpottmensch
Könnte denn ein Versagensantrag gestellt werden, wenn der jetzige Arbeitgeber kündigt und man mit einer erneuten Ausbildung die Erwerbslosigkeit quasi verhindert?! :?:

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 19:34
von Kein_Beinbruch
Das wäre sicher auch denkbar.

Denn so stellt man sich ja von vornherein für eine längere Zeit (drei jahre) lohnmäßig auf eine schlechtere Stufe.
Man hat sich im Rahmen seiner Qualifikation und Möglichkeiten auf gleich oder ähnlich bezahlte Stellen zu bewerben und das nachweisbar. Wenn das dann nach einiger Zeit ernsthaften Bemühens nicht geklappt haben sollte, sieht das Ganze evtl. schon anders aus.

Aber in meinem Falle würde ich schon was finden. Und eine Arbeitslosigkeit muss ich nicht haben, wenn dann ein nahtloser Übergang.

Also ich werde das Experiment nicht eingehen. Zweieinhalb Jahre noch - dann habe ich sogar die ganze Schuldsumme bezahlt, was der IV sich noch rausnimmt, sei ihm gegönnt.

Im Nachhinein wäre mir aber trotzdem lieber gewesen, den Unfall nicht erlebt zu haben, denn nichts ist mehr wert, als die eigene Gesundheit! Auch wenn der Geldsegen jetzt in der Insolvenzkriegskasse ein Segen ist.

Re: Beruflicher Wechsel mit Ausbildung während Insolvenz

Verfasst: 19. Mai 2019, 21:07
von caffery
Ruhrpottmensch hat geschrieben: 19. Mai 2019, 19:20 Könnte denn ein Versagensantrag gestellt werden, wenn der jetzige Arbeitgeber kündigt und man mit einer erneuten Ausbildung die Erwerbslosigkeit quasi verhindert?! :?:
Der Arbeitsverlust selber ist kein Problem (für die RSB) wenn er nicht schuldhaft zustande kam. Allerdings bedeutet die Erwerbsobliegenheit ja auch, dass man sich verpflichtet um eine angemessene Arbeit zu bemühen. Wer dann eine Ausbildung macht, anstatt sich wieder in den eigentlichen Beruf zu bewerben kann auch Probleme mit einem Versagungsantrag bekommen.

Wichtig ist aber auch immer: Es muss eine wirtschaftliche Benachteiligung der Gläubiger daraus erfolgen. Wer also ohnehin unpfändbar war und das auch weiter sein würde wenn er sich nach der Kündigung neu bewirbt muss eher keine Versagung fürchten.