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Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 13. Jan 2020, 23:46
von Teufel
Hallo,
ich brauche da mal eine Info. Vielleicht kann es mir ja jemand beantworten. Aktuell schiebe ich die Insolvenz schon fast 9 Jahre vor mir her. Ich habe nun einen neuen Schub Motivation gefunden die Sache anzugehen. Bis etwa Ende 2010 war ich selbstständig. Keine Angestellten, nur meine Wenigkeit. Bisher dachte ich immer, dass meine Gläubiger Anzahl größer 19 ist. Bei genauerer Betrachtung stellt sich die Sache für mich anders dar. Mich hat vor allem der Alleingang ohne Hilfe mit den ganzen Formularen und was auf mich zukommt vor einer Regelinsolvenz zurückschrecken lassen. Mir ist aufgefallen, dass ich bei 3 Gläubigern jeweils mehrere Forderungen aus verschiedenen Lieferungen bzw. Verträgen offen habe. Es zählen aber doch bei dieser Regelung für ehemals selbstständige die Gläubiger und nicht die Anzahl der Forderungen, oder? Wenn dem so ist, dann müsste ich eine Privatinsolvenz machen, oder?

Hoffe es kann mir jemand was dazu sagen

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 14. Jan 2020, 09:38
von golem
Hallo Teufel,

das siehst Du richtig, die Gläubiger-, nicht die Forderungszahl ist maßgeblich für die Art des Verfahrens (sh. 304 Abs. 2 InsO). Wenn Du also z.B. 35 Forderungen gegen Dich hast, diese aber nur bei bis zu 19 Gläubigern, dann müsstest Du ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen. Es sei denn, es wären Forderungen aus Arbeitsverhältnissen dabei, was aber nach Deiner Beschreibung (Einzelkämpfer) nicht der Fall sein dürfte. Das wird aber im Zweifel auch alles noch einmal gemeinsam mit Dir in der Schuldnerberatungsstelle gepfüft.

Viele Grüße und geh es an!
Golem

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 14. Jan 2020, 13:17
von caffery
Du solltest einfach mal zu einer Beratungsstelle gehen und diese darum bitten, Deine Unterlagen zu sichten und Deinen Einzelfall einzuschätzen. Daraus wird sich dann schon ergeben, welcher Antrag für Dich der richtige ist.

Ich würde Dich gerne intensiv dazu anstubsen, dies einfach mal zu machen.

Bei solchen Grenzfällen (Die Unterscheidung von Gläubiger und Forderung hat manchmal einen gewissen Interpretationsspielraum) ist es manchmal etwas kompliziert. Ich kann mich an einen Grenzfall erinnern, wo ich den Ratsuchenden einen Regelinso-Antrag stellen ließ, da ich auf 21 Gläubiger kam.
Der Richter schickte dem Mann den Antrag zurück, da er nach seiner Rechenart auf 18 kam.
Dann stellte ich mit dieser Ansage einen IK-Antrag für den Mann. Der kam zurück, da der IK-Richter zu der Ansicht gelangte, es seien keine 18 sondern 21.

Nachdem ich mich dann intensiv im stillen Kämmerlein ob der ganzen sinnlosen Arbeit abgeregt und Hasstiraden auf die Bürokratie abschließend ausgestoßen hatte, stellte ich beide Anträge erneut synchron, inkl. der jeweiligen richterlichen Hinweise und bat die beiden darum, sich bitte untereinander über die Zuständigkeit zu verständigen.
Der Mann war kurz darauf in einem Verbraucherinsolvenzverfahren.

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 14. Jan 2020, 23:30
von Teufel
Hallo,
und vielen Dank für die Antworten. Mit einer Schuldnerberatung hatte ich vor ein paar Jahren bereits mal Kontakt und die haben sich die Unterlagen nur bedingt angesehen und einfach gesagt, dass ich in die Regelinsolvenz muss und Sie mir mit den Anträgen nicht helfen können oder dürfen. Wie auch immer. Erinnere mich nicht mehr so exakt. Ich würde die Sache aber mal gern ohne weitere Komplikationen hinter mich bringen, ohne einen "teuren" Anwalt in der Angelegenheit zahlen zu müssen und ohne von einer Schuldnerberatung wieder ohne weitere Unterstützung abgewiesen zu werden.
Aus diesem Grund habe ich mir auch mal Gedanken gemacht um bei der Sache auf Nummer sicher zu gehen.
Nehmen wir mal an, dass 3 Gläubiger dabei sind, wo die Forderungen im Bereich von vielleicht ca. 300 - 500 Euro pro Forderung liegen und schlage einen Vergleich vor, bevor Insolvenz angemeldet wird. Also Gläubiger bekommt sagen wir mal ein Drittel der Forderung direkt bezahlt und die Forderung erledigt sich. Bin kein Experte, ob das strafbar oder anfechtbar wäre. Falls ja, dann könnte die Zahlung durch einen Dritte Person durchgeführt werden und es wird versichert, dass diese Dritte Person mir kein Darlehen gegeben hat, also ich diesbezüglich nichts schuldig bin.
Keine Ahnung ob sowas Sinn macht.

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 15. Jan 2020, 07:09
von caffery
Ich bin immer wieder verblüfft, wie das Ausfüllen eines Regelinsolvenzantrages manche Leute denken lässt sie ständen vor einer absolut unüberwindbaren Hürde. So unüberwindbar, dass sie lieber 10 Jahre nichts tun, mitunter bereit sind sich vierstellige Beträge für einen Anwalt vom Mund abzusparen oder (ziemlich sinnloser Weise) in Erwägung ziehen einfach so lange Gläubiger zu bezahlen bis sie einen Verbraucherinsolvenzantrag stellen "dürfen".

Hast Du Dir den Antrag mal angeguckt? Das ist wirklich kein Hexenwerk! Ich sag immer: Ein Hartz IV Antrag ist komplizierter und meine das auch so;) Wenn man verstanden hat, welche Fragen sich auf aktuell Selbstständige beziehen (und man demnach weglassen kann), ist doch im Prinzip alles selbsterklärend.

Weiterhin kann man eigentlich nicht viel falsch machen, selbst wenn man was falsch macht. Solange man nicht die Unwahrheit sagt, bzw. was weglässt, darf man in dem Antrag sogar Fehler machen. Dafür hackt einem keiner irgendwas ab. Das Gericht würde dann "schlimmstenfalls" rückfragen. Tenor: "Antrag eingeganen, dies und das ist noch unklar, reichen Sie zeitnah XXX nach." Das machst Du dann und fertig.

Das ist alles halb so wild. Respekt vor dem Antrag ist natürlich völlig richtig und man sollte sich auch sehr viel Mühe geben. Ich möchte aber gerne dazu motivieren, sowas nicht von vornherein als unmöglich zu meisterndes Hindernis anzusehen.

Der Antrag:

https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/ ... Person.pdf

Den hier brauchst Du auch (den zweiten von oben - wenn Du verheiratet bist, auch den dritten von oben):

https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/ ... nstundung/

Hier gibts weitere Merkblätter:

https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/ ... /index.php

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 15. Jan 2020, 11:40
von Teufel
Hallo,
den Antrag habe ich mir angesehen. Die ersten 6 Seiten fand ich auch noch relativ unproblematisch. Erste Schwierigkeit besteht für mich beim Gläubigerverzeichnis. Wem ich wie viel Geld schulde, ist ja einfach. Ob ein Titel gegen mich erwirkt wurde verstehe ich ja auch noch. Bei manchen Gläubigern kann ich den Unterlagen nur schwierig was zum Thema Zinsen entnehmen und wie das richtig ausgefüllt und berechnet wird, davon habe ich keinen Plan. Was ist denn mit Anlage 2 "Allgemeine geschäftliche Angaben"? Das Gewerbe ist etwas 9 Jahren abgemeldet. Buchführung hab ich mit ein wenig Hilfe immer selbst gemacht. Fürs Finanzamt war es immer nur so ne Einnahmenüberschussrechnung bei der Steuererklärung und dann war fertig.
Dann Anlage 4 z.B. betriebliche Vermögensgegenstände... wenn es mal nen z.B. Bürostuhl gegeben hat, dann ist der vermutlich theoretisch abgeschrieben und ob ich den über die Firma gekauft habe ist dann ne gute Frage.Außer von 2010 gibt es eh keine Unterlagen mehr. Den anderen Mist hab ich nach Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren entsorgt.

Keine Ahnung was vor so langer Zeit alles war. Erinnere mich nicht mehr an alle Dinge. Ich bin nach Gewerbeabmeldung 5x umgezogen.

Anlage 5 verstehe ich dann wieder. Dazu kann ich was sagen.

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 15. Jan 2020, 12:07
von caffery
Erstmal ganz grundsätzlich:

Im Gegensatz zu einem Verbraucherinsolvenzantrag, hat ein Regelinsolvenzantrag keine genormten formellen Vorgaben. Überspitzt gesagt, könnte man den also auch auf eine Serviette schreiben.
Der verlinkte Antrag ist also quasi eine Art "Vorschlag" der Justiz NRW.
Viele Fragen da drin sind ganz offensichtlich nur für laufende Geschäftsbetriebe relevant, oder für solche die bis vor kurzem bestanden haben.
Teufel hat geschrieben: 15. Jan 2020, 11:40 Erste Schwierigkeit besteht für mich beim Gläubigerverzeichnis. Wem ich wie viel Geld schulde, ist ja einfach. Ob ein Titel gegen mich erwirkt wurde verstehe ich ja auch noch. Bei manchen Gläubigern kann ich den Unterlagen nur schwierig was zum Thema Zinsen entnehmen und wie das richtig ausgefüllt und berechnet wird, davon habe ich keinen Plan.
Das ist nicht entscheidend. Schreibe einfach die letzte Dir bekannte Forderungshöhe hinein. Wenn Dir keine gesonderte Zins- und Kostenberechnung bekannt ist, schreibe alles unter "Hauptforderung".
Die absolute Hauptsache ist hier, dass das Gläubigerverzeichnis vollständig ist.
Teufel hat geschrieben: 15. Jan 2020, 11:40 Was ist denn mit Anlage 2 "Allgemeine geschäftliche Angaben"? Das Gewerbe ist etwas 9 Jahren abgemeldet.
Dann schreibe das so da hin.
Habe keine Angst, in dem Antrag "rumzumalen". Wenn es zu einer Frage keine Antwort gibt, dann ist das so. Wenn zu einer Frage eine andere Antwort richtig ist, als die vorgefertigte, dann schreibe das so da hin.
Teufel hat geschrieben: 15. Jan 2020, 11:40 Dann Anlage 4 z.B. betriebliche Vermögensgegenstände... wenn es mal nen z.B. Bürostuhl gegeben hat, dann ist der vermutlich theoretisch abgeschrieben und ob ich den über die Firma gekauft habe ist dann ne gute Frage.Außer von 2010 gibt es eh keine Unterlagen mehr. Den anderen Mist hab ich nach Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren entsorgt.
Hier dasselbe: Wenn es keine betrieblichen Vermögensgegenstände mehr gibt, dann schreib das. "Gewerbe vor 10 Jahren abgemeldet, keinerlei betriebliche Gegenstände mehr vorhanden. " oder ähnliches.

Sonst noch Fragen?;) Dann immer ran.

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 15. Jan 2020, 14:45
von Witwe Bolte
Wichtig ist m.E. vor allem, das Kreuzchen bei "Antrag auf Restschuldbefreiung" nicht zu vergessen,
ebenso Datum und Unterschrift.

Zur Gläubigerliste:
Es wäre vermutlich schon gut, wenn Du wenigstens (fast) alle Gläubiger mit Namen und Anschrift auflisten kannst. Das MUSS aber nicht sein, denn (meines Wissens)
1. gilt die RSB (sofern Du das Ziel erreichst) für ALLE Deine Gläubiger, auch die, die Du ggf. in Deiner Liste vergessen hast und
2. wird der Insolvenzverwalter (nach Eröffnung des Verfahrens durch das Insolvenzgericht) Deine Gläubiger anschreiben und über Dein Verfahren informieren, ggf. müssen sie dann auch noch Titel oder sonstige Nachweise vorlegen.

Hier war es so, dass fast die Hälfte der Gläubiger sich gar nicht gemeldet oder ihre Forderungen nicht tituliert hatten, diese Forderungen hat der IV dann alle bestritten - und so hat sich der Schuldenberg auf wundersame Weise reduziert.

Ist ja aber letztlich egal, ob man mit 150 oder "nur" noch mit 100 T€ durchs Verfahren geht.

Ist echt kein 'Teufelswerk', so ein Inso-Antrag ...
... erst dann, wenn Du ihn geschafft hast (wegen Deinem Nick ... niederbayrischer Genitiv ...)

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 15. Jan 2020, 16:24
von caffery
MrsRob hat geschrieben: 15. Jan 2020, 14:45 Es wäre vermutlich schon gut, wenn Du wenigstens (fast) alle Gläubiger mit Namen und Anschrift auflisten kannst. Das MUSS aber nicht sein, denn (meines Wissens)
Das sehe ich definitv anders. Die Gläubigerliste hat vollständig zu sein.
Wer sich nicht sicher ist, alle seine Gläubiger zu kennen, sollte dringend nachweisbaren Rechercheaufwand betreiben.

Einfach so "Pi mal Daumen" eine "fast" vollständige Gläubigerliste in einen Antrag zu schreiben ist definitiv nicht zu empfehlen.

Re: Privatinsolvenz und Anzahl der Gläubiger

Verfasst: 16. Jan 2020, 10:39
von Teufel
Hallo,
ich bin wirklich sehr dankbar für eure Antworten. Im Prinzip habt Ihr ja recht, dass es grundsätzlich möglich ist so einen Regel Inso Antrag auszufüllen. Trotzdem bin ich jetzt ein wenig verunsichert, ob es das Ding gern allein ausfüllen möchte. In meiner Vorstellung war mir die Sache mit der Privatinso eigentlich angenehmer und ich wollte vorab mich wegen der Anzahl der Gläubiger vergleichen mit 2-3 Stück. Ob sowas dann eine Inso Anfechtung nach §133 darstellt, oder was auch immer, da hab ich keine Ahnung Weiterhin dachte ich mir. dass bei einer Privatinso nicht so viel Aufwand betrieben wird seitens Gericht oder Insoverwalter. Je mehr Aufwand betrieben wird um so mehr kann man auch finden, wenn man zwingend was finden will..... So denke ich zumindest