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Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 21. Sep 2019, 18:35
von Christian
Guten Abend zusammen,

zur Zeit befinde ich mich in einem Angestelltenverhältnis ( meine PI besteht seit 201611 ). Im nächsten Jahr wird mir höchstwahrscheinlich betriebsbedingt gekündigt. Einen genauen Termin erfahre ich im Dezember. Nach meiner Berufstätigkeit möchte ich ein Gewerbe anmelden. Zur Zeit werden 413 EUR an den Treuhänder von meinem Arbeitgeber überwiesen. Nach meinem Kenntnisstand hat ein Insolvenzverwalter keine Einwände bezüglich einer Selbstständigkeit sofern der gleiche Betrag weiterhin überwiesen wird.
Nun meine spannenden Fragen :
a. ) Gerne würde ich über das Arbeitsamt die Gründerzuschüsse beantragen. Ist hier die PI von Relevanz ?
b.) GGf. würde ich auch zu einem Zeitpunkt selber kündigen. Hat der IV damit ein Problem, auch wenn die Beträge von 413 EUR weiterhin von mir überwiesen werden ?

Würde mich über Antworten sehr freuen..

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 08:27
von Witwe Bolte
Christian hat geschrieben: 21. Sep 2019, 18:35 a. ) Gerne würde ich über das Arbeitsamt die Gründerzuschüsse beantragen. Ist hier die PI von Relevanz ?
Nein, für das AA ist Deine PI meines Wissens nicht relevant - warum auch?
Aber Du hast Dich sicher schon informiert über die Voraussetzungen für diesen Gründungszuschuss?
Wie ist es denn aktuell, wenn man selbst kündigt, wird man dann nicht beim AA für eine gewisse Zeit 'gesperrt' und bekommt kein ALG1?
Man muss aber doch im ALG1-Bezug sein, um den Gründungszuschuss zu erhalten - oder?
Christian hat geschrieben: 21. Sep 2019, 18:35 b.) GGf. würde ich auch zu einem Zeitpunkt selber kündigen. Hat der IV damit ein Problem, auch wenn die Beträge von 413 EUR weiterhin von mir überwiesen werden ?
Ja, das kann Dir wohl nur Dein IV selbst beantworten.
Bist Du denn noch im 'eröffneten Verfahren' ?
(Ob Dein IV Deine Selbständigkeit dann 'freigibt'?)

Wie ist denn Dein 'Marktwert'?
Würdest Du schnell wieder eine Festanstellung finden?
Zu welchen Konditionen?

Ein Selbständiger muss ja im Insolvenzverfahren genauso viel abführen, wie er müsste, wenn er angestellt wäre.

Wenn Du als Existenzgründer jeden Monat (dauerhaft) 413,00 Euro abführen könntest, dann könnte das bei einem IV auch 'Begehrlichkeiten' wecken ... ob er Deine Selbständigkeit dann 'freigibt' ?
Wer weiß.

Bedenke auch den KV-Beitrag, den Du als Selbständiger selbst zu zahlen hast.
Wenn Du in einer GKV bist, dann gehört der Abführungsbetrag vermutlich trotzdem zum beitragspflichtigen Einkommen.

Viel Glück!

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 08:45
von Witwe Bolte
In einer PKV bist Du bei dem Einkommen vermutlich nicht?
Hast Du 'Unterhaltsberechtigte' (Ehegatte, Kind-er)?
Wenn nicht, dann hast Du vermutlich so knapp 1.800,00 € im Monat netto
(bei 413,00 € Abführungsbetrag).

Wenn Du selbständig bist, musst Du ja erheblich mehr Brutto-Einkommen im Monat haben (das heißt dann Umsatz), um auf das gleiche "netto" zu kommen; das ergibt sich ja allein schon aus den fast 40% SV-Abgaben, die ein Selbständiger alleine zu tragen hat, da gibt es ja keinen Arbeitgeberanteil.

Und je nach Branche können auch nicht unerhebliche Betriebskosten anfallen.

Hast Du Deinen 'Business-Plan' schon fertig?

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 09:43
von Christian
Vorab, recht herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für die umfangreichen Antworten genommen hast.

Zu Deinen "Gegenfragen" habe ich mir umfangreich und im Vorfeld Gedanken gemacht. Im Enddefekt sind meine gestellten Fragen in der Summe übrig geblieben.

Dennoch lass mich Dich informieren :
a.) Ich befinde mich seit einem Monat in der WVP ( das Eröffnungsverfahren ist somit abgeschlossen ). Die Restschuldbefreiung beantrage ich in zwei Jahren ( Gesamt 5 Jahre ).
b. ) Meine Initiation zur Selbstständigkeit beruht auf der Tatsache, dass ich tatsächlich mehr verdienen könnte als in meinem Angestelltenverhältnis. Der "Supervorteil" wäre, dass ich den Verdienst in der Selbstständigkeit über 413 EUR ( der Betrag der in meinem Angestelltenverhältnis als Pfändungsbetrag abgeführt wurde) nach dem Gesetz behalten darf.
c.) Der Buisenessplan ist Voraussetzung um überhaupt den Gründungszuschuss zu erhalten. Ich denke ich bin im Thema, freu mich aber auch immer über zusätzliche Informationen. Neben dem Gründungszuschuss zahlt das Arbeitsamt zusätzliche 300 EUR im Monat zur sozialen Absicherung. Nach 6 Monaten wird nach Prüfung eine zusätzliche Spanne weiter gezahlt. Alles übrige muß ich halt selbst bezahlen.
d.) Ja, ich bin auch unterhaltspflichtig. Ich habe eine 17-jährige Tocher..übrigens meine Lebensader !
e.) Aufgrund meiner Berufstätigkeit konnte ich sparen ( habe nur eine sehr kleine Wohnung mit 270 EUR Warmmiete ). So dass die 413 EUR bis zur RSB durch mein Erspartes abgesichert wären.
f.) Die Beiträge für die Krankenkasse bei Selbstständigkeiten haben sich in Lohngrenzen verändert. Das kann bei geringen Umsätzen ein Vorteil sein.
g.) Ja, Du hast recht. Das Arbeitsamt erteilt in jedem Fall eine Sperre bei eigenständiger Kündigung ( Ausnahme sind nachweisliche Krankheiten ). Aus diesem Grund war halt auch die Frage, wie der Insolvenzverwalter reagiert, wenn ich dennoch anschließend in die Selbstständigkeit gehe.
h.) Der Gründungszuschuss kann dann aber nach der Sperre nach dem ersten Tag des Arbeitslosengeldbezuges beantragt werden.

Hoffe habe Dir auch ein paar Infos geliefert..überlegst Du auch ein Gewerbe anzumelden ?

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 10:08
von arreis
Eine Selbständigkeit bedeutet ja zunächst einmal Unabhängigkeit, ich für meinen Teil würde aber die sichere Variante wählen und bis zum offiziellen Kündigungstermin bleiben, aber das ist meine Einstellung.

Betriebsbedingte Kündigungen bringen häufig eine Abfindung mit sich, wie sieht es da bei euch aus?

Oft ist es auch so, dass das Arbeitsamt eine Kündigungsschutzklage verlangt, diese gehen meistens auf einen Vergleich hinaus, welcher dann eine Abfindung mit sich bringt, sollte diese nicht im Vorfeld schon vereinbart sein.

Ein Problemchen sehe ich in Deinem Erspartem, sollte der TH, wie auch immer, dies in Erfahrung bringen, bist Du das Geld auf einen Schlag los, sparen innerhalb des eröffneten Verfahren ist nicht gestattet.

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 10:12
von Witwe Bolte
Das klingt ja schon alles recht gut durchdacht.

Wenn Du nicht mehr im eröffneten Verfahren bist, dann hat der IV (der heisst dann jetzt TH = Treuhänder) meines Wissens auch nichts mehr zu melden (bez. 'Freigabe' der Selbständigkeit z.B.), dann musst Du ihn nur so stellen, als ob Du angestellt wärest.
Und mit der Zahlung von 413,00 € wie zuvor dürfte das eigentlich erledigt sein.

Aber merk Dir für alle Fälle mal diesen Beschluss vom Bundesverfassungsgericht vom 7.12.2016 AZ 2 BvR 1602/16, siehe hier:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 60216.html

Nein, ich überlege nicht, ein Gewerbe anzumelden
(das hab ich vor vielen Jahren schon getan).

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 10:34
von Witwe Bolte
Eins noch (falls Du das nicht schon selbst erlebt hast):
Bedenke immer, dass der IV (oder TH) nicht "Dein" Anwalt (oder gar Freund) ist
(wenn Du nicht gerade ein exotisches Exemplar erwischt hast).

Er vertritt nicht Deine Interessen, sondern hat für den ordnungsgemäßen (sprich gesetzeskonformen) Ablauf des Insolvenzverfahrens zu sorgen.
Und hat dabei natürlich auch ein Eigeninteresse ...
(je mehr "Masse", umso höher seine Vergütung)

Deswegen würde ich die eigenen Pläne nicht mit ihm besprechen, sondern mich anderweitig (wie hier z.B.) über die Rechtslage informieren (bez. der 'persönlichen Rücklagen' z.B., wie arreis schon schrieb - besser nichts auf dem Konto lassen - usw).

Viel Glück!

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 13:35
von Christian
Auch hier nochmals Danke für Deinen / Euren Tip ;
Ja das ist mir bewusst, dass der Treuhänder in erster Linie die Interessen der Gläubiger zu vertreten hat und auch muss. Aber Dein Hinweis ist nochmals eine Bestätigung. In den bisherigen drei Jahren habe ich außer die Aufforderung, dass ich die Einkommensteuererklärung zeitnah einreichen soll auch keinen weiteren Kontakt zum IV gehabt.
Mit dem Ersparten sehe ich das etwas anders. Zu Beginn der Eröffnung hatte ich ja kein Erspartes. Das heißt zur Insolvenzmasse zählt bei mir ausschließlich das pfändbare Einkommen. Für welche Zwecke ich den Rest verwende ist meine Entscheidung. Ich dürfe mir ja auch ein PKW kaufen, wenn ich möchte...
Wie dem auch sei, jetzt bin ich in der WVP..zumindest gab es auch vorher keinerlei Schwierigkeiten.
Die Abfindungsfrage steht tatsächlich noch im Raum, da ich auch eine 23 jährige Firmenzugehörigkeit aufweisen kann. Das ist nadem Treuhänder natürlich auch sehr ärgerlich, dass der Betrag im Wesentlichen dem Treuhänder zufließen würde..

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 16:14
von Shopgirl
Christian hat geschrieben: 22. Sep 2019, 13:35 Das heißt zur Insolvenzmasse zählt bei mir ausschließlich das pfändbare Einkommen. Für welche Zwecke ich den Rest verwende ist meine Entscheidung. Ich dürfe mir ja auch ein PKW kaufen, wenn ich möchte...
... aber nicht im eröffneten Verfahren.

Re: Selbstständigkeit nach einem Arbeitsverhältnis während der PI

Verfasst: 22. Sep 2019, 18:04
von Christian
Shopgirl hat geschrieben: 22. Sep 2019, 16:14 ... aber nicht im eröffneten Verfahren.
.. zumindest bin ich meinen Pflichten nachgekommen ( und das ist mir auch sehr wichtig ) und habe meinem IV alle Einkommensnachweise gesendet. Nach der Logik, dass ich in dem Eröffnungsverfahren den Überschuss nicht behalten dürfte, würde ja bedeuten, dass bis zum Existenzminimum gepfändet werden müsste und erst