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Säumniszuschläge im sog. Notlagentarif

Verfasst: 3. Mai 2022, 16:34
von Troubleshooter
Howdy, liebe Forengemeinde. Ich freue mich, dass sich jemand die Arbeit macht, dieses Forum zu betreiben.
Ich habe dieses Thema mal bei den Selbständigen angehängt, weil es vor allem diese betreffen dürfte.

In der privaten Krankenversicherung (PKV) gibt es für säumige Zahler den sog. Notlagentarif, zuweilen auch als "Nichtzahlertarif" bezeichnet. Die privaten Krankenversicherer berechnen auch auf diesen Tarif fleissig Säumniszuschläge, obwohl der Gesetzgeber das explizit ausgeschlossen hat.

Die Gerichte winken diese Forderungen in aller Regel durch, auch, weil die vermeintlichen Schuldner sich nicht wehren. Bisher gibt es zu diesem Thema nur ein einziges veröffentlichtes Urteil (Amtsgericht Medebach AZ 3 C 26/17). Wegen der meist kleinen Streitwerte ist in der Regel auch beim Amtsgericht Schluss.

Einem Pfiffikus ;) ist jetzt gelungen, ein solches Verfahren trotz des kleinen Streitwerts zu einem Landgericht zu prügeln. Sollte also jemand Rechtssprechung zu diesem Thema kennen (Frage auch an die Praktiker!) wäre Shooter für entsprechende Nachricht höchst verbunden.

Über den Verlauf werde ich informieren.

Re: Säumniszuschläge im sog. Notlagentarif

Verfasst: 3. Mai 2022, 20:15
von imker
in 2021 hat der BGH die klugen Gedanken aus Medebach für Blödsinn gehalten

siehe BGH 4. Zivilsenat, 29. September 2021, IV ZR 99/20

das ist dazu in Erfahrung zu bringen - ich denke, dass da wenig Chancen bestehen, dass das LG sich gegen die BGH Rechtsprechung positioniert

Re: Säumniszuschläge im sog. Notlagentarif

Verfasst: 4. Mai 2022, 13:58
von Troubleshooter
Haben Sie vielen Dank für Ihre Mühe.

Dass der BGH die Ausführungen des AG Medebach für Blödsinn hält, halte ich allerdings - mit Verlaub - für Blödsinn. :?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs befaßt sich ausschließlich mit der Frage, ob sich der Versicherer seinerseits durch Aufrechnung quasi aus dem Notlagentarif befreien und den Versicherten in den Normaltarif "zurückzwingen" kann.

Die Säumniszuschläge waren in den Vorinstanzen nicht angegriffen, insoweit gab es nichts zu entscheiden.

Die Aufrechnungen waren rechtens, was denklogisch auch zwingend so sein muss, da es sonst zu der absurden Situation führen könnte, dass die Versicherung Krankentagegeld aus dem (gleichen) Vertrag auskehren muss, während der Versicherte sich weiter im Notlagentarif bewegt, was durchaus auch vom Versicherten gewollt und provoziert sein kann.

Dass die Frage, ob auf den Notlagentarif Säumniszuschläge zu entrichten sind, höchstrichterlich nicht entschieden ist, sieht übrigens im vorliegenden Fall auch das angerufene Landgericht so. Es bleibt also spannend. Warten wir's ab.

Trotzdem vielen Dank und viele Grüße an die feissigen Bienen ;)