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Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 06:19
von Leo-D83
Liebe Community,

ich bin neu in diesem Forum und mich würde eure Meinung interessieren, was ein seriöser Beratervertrag kosten
darf bzw. welche Bedingungen annehmbar/üblich sind.

Hintergrund zu meiner Situation:
Durch Arbeitslosigkeit kann ich meine Kredite nicht mehr bedienen.
Ich habe rund 90T € Schulden bei 5 Gläubigern. (Alles Kreditverträge die jetzt nach und nach durch die Bank gekündigt und die Forderungen an Inkasso-Unternehmen verkauft werden)

Eine Wirtschaftskanzlei (keine Anwälte) haben mir einen Beratungs- und Dienstleistungsvertrag vorgelegt.
Die Hauptaufgabe der Kanzlei bezieht sich auf die außergerichtliche Schuldenbereinigung mit der Verhandlung über den Verzicht von Gläubigerforderungen.
Der Vertrag soll über 12 Monate geschlossen werden.

Das Fix- Honorar soll in den ersten 6 Monaten 250€/monatlich und in den zweiten 6 Monaten 300€/monatlich betragen.
Hinzu kommt eine Erfolgsprovision von 10-30 % der eingesparten Gläubigersumme.
Uns zwar 10% bis 30T € der ersparten Gläubigerforderungssumme
20% bis 60T € der ersparten Gläubigerforderungssumme und 30% bis zum vollen Betrag der Gläubigerforderungssumme.

Was meint ihr dazu? Sind das in etwa die gängigen Kosten für eine solche Dienstleistung?
Freue mich sehr über eure Meinung und Antworten :-)

Viele Grüße
Leo

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 06:55
von tidus82
Manchmal denke ich echt, ich bin im falschen Job.

Mal nen Vergleich über 45k statt 90k mit den Gläubigern schließen, die der Schuldner wahrscheinlich gar nicht hat - trotzdem hab ich als Dienstleister Anspruch auf 9000 Euro :D

Ich halte von solch kostenpflichtigen Angeboten rein gar nichts. Das gleiche bekommst du für lau (oder wenn du willst nen Blumenstrauß) bei einer karitativen Schuldnerberatung.

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 07:09
von caffery
Um Gottes Willen!

Finger weg von sowas !!!!!!!!!!!1111elf!!!

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 07:55
von Käsebrot
Finger weg! Die wollen nur dein bestes, nämlich dein Geld. Und ob der Vergleich dann zustande kommt, ist mehr als fraglich.

Hatte mich vor der PI auch an so einen Verein gewendet. Die Korrespondenz ging am Ende so weit, dass mir eine gesetzliche Betreuung empfohlen wurde, wenn ich nicht imstande bin, die unterschriebenen Verträge zu lesen und verstehen.

Da gibt es weitaus seriösere und kostensparendere Möglichkeiten als so etwas.

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 08:15
von caffery
Die dargestellten Konditionen gehen aus meiner persönlichen Sicht schon weit über die Kategorien "wenig seriös" und "zu teuer" hinaus.

Wir sind hier schon deutlich im Bereich des bösen A-Wortes...

... also das mit der Zocke.

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 09:03
von Witwe Bolte
Auch von mir: Finger weg!
Es kann ja keinerlei Sicherheit geben, dass diese 'Kanzlei' das gewünschte Ziel (Gläubigerverzicht) erreicht - aber Du hast zusätzlich zu Deinen 90k nochn dicken Batzen dazu (jedenfalls die 3.300,00 € für das monatliche Salär).

@tidus: IV wäre m.E. der noch bessere Job - da kriegste Deine Kunden vom Gericht zugewiesen und kannst Dir die Akquise sparen.

Nachsatz at Leo:
Bedenke, wenn Deine Gläubiger nur Banken sind, dass Banken oft Kreditausfallversicherungen haben, die nur im Insolvenzfall greifen - folglich haben solche Gläubiger NULL Interesse an einer 'friedlichen' Einigung (eben je nach deren Rückversicherern).

Wenn Du nicht selbständig bist (und die Schulden auch nicht aus einer selbständigen Tätigkeit stammen), dann müßte es doch möglich sein, eine caritative, sprich kostenlose, Schuldnerberatung in Deiner Gegend zu finden. AWO, Caritas, Diakonie ... auch Kommunen bieten das an.
Such Dich kluch!

Viel Glück!

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 10. Sep 2020, 11:28
von imker
Eine Frage zum besseren Verständnis Deiner Lage: um welcher Betrag sollen die 90 TEUR reduziert werden und mit welchen monatlichen Beträgen soll das bei Arbeitslosigkeit geschafft werden (können)?

Solche Angebote gibt es zu hauf - ich finde diese Angebote nicht schrecklich, weil sie schrecklich viel Geld kosten, sondern weil sie meist "dumm" sind.
Warum sollen die Gläubiger auf so einen "Deal" verbindlich und dauerhaft eingehen?
Woher weiß der Schuldner - also Du -, dass die Zahlungen über den meist langen Zeitraum gesichert sind?
"Preisunterschied" dieser von einer Wirtschaftskanzlei angebotenen Regelung zum Insolvenzverfahren mit drei, fünf oder sechs jahre (noch)??

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 12. Sep 2020, 05:55
von Leo-D83
Liebe Community,
Erst einmal herzlichen Dank für eure Antworten, die sehr hilfreich für mich sind. Ich bin froh das ich mich in diesem Forum angemeldet habe und mich mit euch austauschen kann 😊
An imker: Ich hoffe das ich deine Frage richtig verstanden habe. Ich hatte mir einen außergerichtlichen Vergleich auf ca. 30000 € vorgestellt. Z.B. in der Form: 10000 € aus dem privaten Umfeld als Sofortzahlung an die Gläubiger und 20000 € zu 555 € monatlich für 36 Monate lang. Damit wären meine Gläubiger besser gestellt als bei Anmeldung der PI ab Oktober diesen Jahres. Auch wenn man bedenkt, dass ich aktuell von der Grundsicherung lebe. Allerdings in absehbarer Zeit wieder ein Einkommen in Aussicht habe.
Viele Grüße

Re: Was darf Beratung und Verhandlungsführung zum "außergerichtlichen Vergleich" kosten?

Verfasst: 12. Sep 2020, 08:06
von imker
Das ist mE nicht real umzusetzen.

Ohne dauerhaftes Arbeitsverhältnis 36 Monate willst Du zusagen, monatlich 555 EUR zu zahlen. Von Strafrecht verstehe ich nicht sonderlich viel, aber mein Basiswissen möchte ich Dir mit auf den Weg geben: Zahlungen zuzusagen, ohne die Fähigkeit zur Zahlung zu haben, kann zu einem Betrugsvowurf führen.

Dann sollen doch die 10.000 EUR aus dem privaten Umfeld auch noch zurückgezahlt werden und der Berater bekommt für die "eingesparten" 60.000 EUR doch auch noch 9.000 EUR. Woher sollen diese Beträge kommen - was hat der Arbeitgeber vor, dir monatlich netto für die Arbeitsleistung zu zahlen? Bei 10.000 netto gibt es für den Vergleich keinen Grund, so etwas zu machen und bei 1.800 netto sind die Belastungen nicht zu stemmen.

Worin besteht denn in Deiner Vorstellungswelt der "Grund", für die fünf Gläubiger, so etwas mitzumachen?

Würde ich die Gegenseite vertreten, würde ich das mitmachen - weil ich mich mit einer Verfallklausel absichere, die Du in dem Vertragskonstrukt nicht rechtzeitig erkennen wirst - Du wirkst da mit so einer Wirtschaftskanzlei als Vertreterin, die dann wohl unerlaubte Rechtsberatung macht, auf die Gläubiger allenfalls wie ein Stier, der am Nasenring vorgeführt wird.

Lass das - das Vorhaben ist einfach nicht "gut". Ich nehme jetzt einen Tee und mach mich ans Hobby...