Ist das schon Eingehungsbetrug ?

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Radfahrer1985
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Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von Radfahrer1985 »

Hallo

Erst mal zum Thema :

Mein Freund wollte seinen besten Freund zur Haar OP nach Istanbul begleiten hat einen Flug gebucht hat das Ticket vor Bezahlung ausgehändigt bekommen und sollte das Geld nach Aushändigung des Tickets in den Tagen danach das Geld an das Reisebüro überwiesen.

Er hat sich dann mit seinem besten Freund zerstritten und wollte nicht mehr fliegen.

Der Flug wurde 10.1. gebucht und wäre am 23.1 gewesen .

Er dachte nun er könne wie beim Onlineversandhandel innerhalb 14 Tagen die Buchung unverbindlich stornieren und widerrufen . Leider ist dies bei Billigflügen nicht möglich so das er den Preis von 220 Euro bezahlen muss und nur die Steuern erstattet bekommt und die Flughafengebühr.

Zu seinen Finanzen :
Er ist Frührentner, hat über 15 Gläubiger ...und einen Schuldenberg von etwa 25000 bis 30000 Euro und 2018 die letzte Vermögensauskunft abgegeben .

Er hatte das Geld für den Flug zum Zeitpunkt der Buchung Bar in der Wohnung.

Nun kommt der Knackpunkt :
Weil er davon ausging das er wenn er nicht fliegt auch nichts bezahlen müsse hat er sich eine neue Waschmaschine gekauft da seine plötzlich kaputt ging.

Nun meine Frage :
Kann das schon als Betrug gewertet werden ,? Oder läuft die Sache auf ein normales Mahnverfahren hinaus,? Er hat nun leider kein Geld mehr und kann nichts zahlen..er kommt meines Wissens mit Mühe und Not über den Monat so das er sich nur überwiegend durch Leergutsammeln was übersparen kann .

Die Fakten :
1. Er ist einen verbindlichen Vertrag eingegangen .

2. Seine finanzielle Situation würde schon sehr stark auf Betrug hindeuten ...denn er ist amtsbekannt unpfändbar...er hat nichts was er auch weiß...trotzdem buchte er den Flug . Das er das Geld wirklich hatte könnte er nicht beweisen .

3. Den Notgroschen wovon er den Flug begleichen wollte hat er sich mit hart sparen und Leergutsammeln mit der Zeit erwirtschaftet.

Wie sollte er jetzt vorgehen?

Habe ihm geraten das er sich schnellstens um eine Privatinsolvenz kümmern soll damit er sein Leben in den Griff bekommen kann. Er ist Mitte 30 . Was würdet ihr ihm raten ?
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

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Hi Radfahrer1985,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Ist das schon Eingehungsbetrug ?" geschaut?
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tidus82
Admin
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von tidus82 »

Also einen Betrug sehe ich da nicht, wenn er das Geld hatte und auch vor hatte den Flug zu bezahlen. Die Vermögensauskunft spielt dabei eine weniger wichtige Rolle, weil das nur eine Momentaufnahme ist. Er kann ja nach der Vermögensauskunft durchaus wieder Vermögen angehäuft haben.

Dennoch sollte er sich in professionelle Hilfe begeben, also eine karitative Schuldnerberatung, die erstmal völlig unverbindlich schaut was und wie man ihm helfen kann endlich seine Schulden abzubauen und die Ursache zu bekämpfen.
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Käsebrot
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von Käsebrot »

Ganz so locker würde ich das tatsächlich nicht sehen. Spätestens an dem Punkt, wo er das Geld für etwas anderes ausgegeben hat, sehe ich das Problem.

Mag sein, dass er nicht so affin ist, was die Online-Buchung von (Flug)Reisen ist. Das heißt aber nicht, dass ihn diese Unwissenheit vor Strafe schützt.

Ich buche meine Flüge auch online und wenn es eine Airline ist, mit der ich vorher noch nicht geflogen bin, lese mir vorher aber akribisch durch, welche Bedingungen welches Ticket hat, um das für mich günstigste Angebot zu finden. Da stehen überall auch die Bedingungen für eine Stornierung dabei. Das liest man sich vorher durch und nicht erst, wenn man böse überrascht wird.

Das soll jetzt auch kein Vorwurf sein, es ist jetzt so wie‘s ist und es muss eine Lösung her. Ich würde vorschlagen, dass er sich das Geld privat leiht, um diesen Punkt erstmal aus der Welt zu schaffen. Danach bleibt ihm jedoch nichts anderes, als sich professionelle Hilfe zu suchen, denn die VA alle zwei Jahre sollte nun auch kein erstrebenswertes Ziel sein.
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Witwe Bolte
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von Witwe Bolte »

Ob ein Gläubiger wegen 220,00 Euro dann tatsächlich Anzeige erstattet ? Wer weiß.
Ist aber schon eine heikle Kiste:
Am 10.1. (für den 23.1.) gebucht - wann fiel die Entscheidung, nicht zu fliegen?
Und dann muss in diesen wenigen Tagen für das Geld wirklich eine neue Waschmaschine gekauft werden ?

Davon muss man im Fall des Falles den Richter erstmal überzeugen.
Mir fielen da keine Argumente ein, denn es gibt Waschsalons und gebrauchte Waschmaschinen und vielleicht Familie/Freunde, wo man mal die Wäsche machen kann ...
Es ging ja nur um wenige Tage, in denen hätte geklärt werden können/müssen, welche Stornobedingungen tatsächlich gegeben sind.

"Er dachte ..." wird einen Richter vermutlich nicht überzeugen.
Hingehen, fragen, klären wäre besser gewesen - zum Buchen konnte er ja auch ins Reisebüro gehen und hats nicht online gemacht.

Aber, wie gesagt: Ob ein Gläubiger wegen 220,00 Euro klagt?
Wie wäre es, JETZT ins Reisebüro zu gehen und um zB Ratenzahlung oder was weiß ich zu bitten?
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caffery
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von caffery »

Einen Insolvenzantrag quasi direkt an so eine Neuforderung zu hängen, ist in jedem Fall keine gute Idee. Es sind ohnehin schon einige Indizien für einen Betrug erfüllt, ein solcher Antrag wäre dann ein weiteres Indiz.

Sollte er einen solchen Antrag konkret planen, würde ich also entweder zunächst zur Zahlung der unstrittigen Hauptforderung aus dem Unpfändbaren raten, oder dazu zunächst etwas Zeit ins Land gehen zu lassen. Wobei letzteres das (m.E. relativ geringe) Klagerisiko natürlich nicht komplett aus der Welt schafft.
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imker
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von imker »

Wenn ich den sich betrogen fühlenden Reisebüromenschen mit der Frage vor mir hätte, was er denn nun machen sollte, würde ich ihm raten zu klären, ob da wirklich keiner geflogen ist-das liegt aber daran, dass ich es schon erlebt habe, das Tickets weitergegeben wurden.
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Witwe Bolte
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von Witwe Bolte »

"Ticket weitergegeben" ???
Wie kann das denn (bei einem Auslandsflug) funktionieren?
*staun*
Da wird der Pass doch geprüft und Umbuchungen sind idR kostenpflichtig.

Neulich hat eine Fluggesellschaft doch mal behauptet, der Kunde sei gar nicht geflogen (es ging um einen 'Dreiecksflug', wo der günstige Flugpreis nur gilt, wenn man wirklich alle gebuchten Flüge nutzt) und der Kunde konnte wohl per Handyvideo nachweisen, dass er den fraglichen Flug tatsächlich gemacht hat.
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Radfahrer1985
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von Radfahrer1985 »

Hallo
Er hat die Tickets tatsächlich nicht online gebucht sondern in einem kleinen Reisebüro, dort war er mit seinem besten Freund .

Also würdet ihr tatsächlich sagen das dass ganze in Richtung Betrug gehen könnte?

Zum Thema warum er sich gerade eine Waschmaschine kaufen musste:
Er wohnt auf dem Land, hat dort niemanden und ist nur per Rad mobil .

Ich meinte zu ihm er solle das mit der Waschmaschine nicht sagen und einfach sagen er hätte das Geld betrunken verloren oder ähnliches ..

Sein bester Freund ist geflogen und hat seinen eigenen Flug bezahlt nur mein Freund ist nicht geflogen und hat nichts bezahlt.

Mir ist nur wichtig das er nicht wegen Betruges angezeigt wird ...seine Vorgeschichte ist schon bisschen heftiger : Er ist zwar strafrechtlich nie einschlägig vorbestraft gewesen dafür aber ist er privat ziemlich am Boden gewesen . Er stand kurz vor der Obdachlosigkeit, hat im allerletzten Moment seine jetzige Wohnung gefunden und ist dabei sein Leben in den Griff zu bekommen so gut er es alleine eben schafft .
Dss ist der Grund warum ich das schlimmste zu verhindern versuche .

Nehmen wir mal an er würde angezeigt werden:
Er bekäme bei seiner Vorgeschichte sicher eine hohe Geldstrafe die er dann erst recht nicht bezahlen kann . Abarbeiten würde er es auch nicht können auf seinem Dorf und dann würde nur noch JVA übrig bleiben .

Wie hoch würdest ihr denn einschätzen das ein kleines Reisebüro eine Anzeige macht ? Bzw ob der Straftatbestand überhaupt erfüllt ist?
Fakt ist auch er dürfte nur sehr schwer nachweisen können das er das Geld wirklich hatte. Er hat es ja nur Bar in der Wohnung versteckt. Als Schutzbehauptung würde wohl jeder sagen das er das Geld hatte .

Nun komme ich gerade auf folgende Idee :
Was wäre wenn ich ihm erst mal sagen wir 50 Euro leihe und er die erst mal anzahlt?
Wäre dann ein hypothetischer Betrugsvorwurf vom Tisch ? Ich meine falls er danach nicht zahlen kann bzw er nur Kleinstraten bezahlt ..

Diese Sache ist im Moment das einzige was ihm gefährlich werden könnte ..

Das er dringend Hilfe braucht ist klar. Er war mal bei einer Schuldnerberatung dort hat man ihm nahegelegt das nur die Privatinsolvenz ihm helfen kann zumindest redete er da seit Jahren von .
Er ist eher so das er völlig resigniert hat und er die Vogel-Strauß Taktik anwendet heißt Kopf in den Sand stecken und das Problem völlig ausblenden .
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caffery
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von caffery »

Radfahrer1985 hat geschrieben: 27. Jan 2020, 11:15 Wie hoch würdest ihr denn einschätzen das ein kleines Reisebüro eine Anzeige macht ? Bzw ob der Straftatbestand überhaupt erfüllt ist?
Man kann das kaum seriös beantworten. Wenn Dir etwas daran liegt, bin ich aber mal so unseriös und mache es ins Blaue aus einer Kombination von Erfahrung, mir bekannter Rechtsprechung und Bauchgefühl:

Anzeigewahrscheinlichkeit des Reisebüros: 5%
Wahrscheinlichkeit, dass ein Richter genügend Indizien für einen Schuldspruch sieht: 50%

Sollte quasi jetzt ohne weiteres ein Insolvenzantrag gestellt werden:

Anzeigewahrscheinlichkeit des Reisebüros: 25%
Wahrscheinlichkeit, dass ein Richter genügend Indizien für einen Schuldspruch sieht: 75%


Grundsätzlich ist jedes nicht eingehaltene Zahlungsversprechen im Anschluss an eine EV ein gewisses Risiko in diese Richtung. Dass es in der Praxis dennoch relativ selten zu derartigen Anzeigen kommt hat verschiedene Gründe.
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insolaner
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Re: Ist das schon Eingehungsbetrug ?

Beitrag von insolaner »

spricht denn nicht das Argument, dass er die Leistungen ja gar nicht in Anspruch gegen den Eingehungsbetruges? Oder ist der Wille zum Zeitpunkt des Ticketkaufs, wirklich zu fliegen, relevanter?
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