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"Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 12:23
von sverigeneilos
Hallo liebes Forum,

uns ist letzten Herbst ein Schiffsunglück passiert. Das Schiff wurde an Land gespült und ist auf Steine geschlagen.
Seitdem versuchen wir das Schiff selbst zu bergen. Die Bergungskosten übersteigen bereits bei weitem den Restwert des Schiffs und wir sind in finanzielle Not geraten.
Da es uns in naher Zukunft nicht gelingt, dass Schiff aus eigener Kraft vom Strand weg zu bekommen und die finanziellen Mittel fehlen, muss das Wasserschifffahrtsamt die Bergung übernehmen.
Seit heute gibt es eine Auflage vom Amt und uns bleibt 1 Woche, um das Problem zu lösen. Wir sind am Ende und wissen nicht, wie wir das schaffen sollen, deshalb hoffe ich hier auf einen Rat von der Community.
Das Wasserschifffahrtsamt geht von 100 000€ + Bergungskosten aus und der Mann vom Amt sagte uns, wir brauchen nicht auf Privatinsolvenz hoffen "Der Bund vergisst nie", die Schulden würden uns immer bleiben.
Ich würde gerne wissen, ob das richtig ist. Wir haben letztlich kaum eine andere Wahl, als es vom Schifffahrtsamt machen zu lassen, wir haben alles versucht und uns bereits hoch verschuldet.
Wir hoffen auch nicht auf Privatinsolvenz, uns ist hier ein Unglück passiert und wir versuchen es mit geringen Mitteln zu bewältigen. Jetzt kommt der Staat, weil eine Anzeige vorliegt und setzt uns eine Frist. 100 000 € und mehr sind eine hohe Schuldensumme und Moment können wir uns nicht vorstellen, da jemals wieder raus zu kommen.
Deshalb würde ich gerne wissen, ob die Schulden beim Schifffahrtsamt/Bund immer bleiben, trotz Privatinsolvenz.

Vielen Dank für eure Beiträge.

Liebe Grüße, Nils

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 12:39
von robo
Wie ist das Unglück entstanden ?
Kann Euch jemand den Vorwurf einer "vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung" machen ?
Hat der Mensch vom Schifffahrtsamt schon davon geredet ?

Ansonsten gelten auch für "den Bund" Recht+Gesetz,
auch die Insolvenzordnung.

Sie brauchen die Schulden ja nicht 'vergessen',
sie können sie nur nach einem erfolgreichen Inso-Verfahren mit Restschuldbefreiung nicht mehr eintreiben.

Du schreibst von "uns" und "wir" ... ?
Es gibt keine Sippenhaft.
Wenn Ihr ein (Ehe-) Paar seid, dann wäre es gut, wenn einer von Euch beiden 'sauber' bleibt.

Wem gehört das Schiff ?
Wer war für den Unfall verantwortlich ?
Nicht vorschnell irgendetwas von beiden unterschreiben !

Viel Glück !

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 13:11
von sverigeneilos
Das Schiff lag vor Anker, der Anker hat sich über Nacht gelöst und es wurde auf den Strand getrieben. Ich bin der Schiffseigner und lag in dieser Nacht mit Grippe und Fieber im Bett, ausgerechnet dann hatte der Wind gedreht. Es kann mir also vorgeworfen werden, dass niemand an Bord war, als das Schiff vor Anker lag.

Ich schreibe "wir"/"uns", weil wir als Ehepaar und Familie mit dem Schiff unterwegs waren. Alle Unterlagen, Kaufvertrag, Bootsschein, Versicherung laufen auf mich als Eigner.
Letztlich bin ich also für den Unfall verantwortlich.

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 13:28
von tidus82
Und darf ich fragen warum die Versicherung nichts macht?

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 14:42
von sverigeneilos
Es sind keiner Person, anderem Schiff o.ä. ein Schaden entstanden. Der Sachbearbeiter sagt, es verhält sich wie mit Falschparken mit dem Auto. Man bekommt ein Bußgeld oder wird abgeschleppt und muss es selber bezahlen.
Die vorhandene Bootshaftpflicht würde Umweltschäden decken, falls welche entstanden wären, was hier nicht der Fall ist.

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 14:48
von tidus82
Okay, verstehe, und wie ist das mit dem „Vor Anker legen“? Muss da zwingend jemand an Board sein? Oder darf das Schiff dann allein da rum schwappen, wenn es vor Anker liegt?
Weil du schreibst, dass man dir das vorwerfen könnte?!? Also wäre das tatsächlich verboten?

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 15:04
von robo
Tja ... wenn es nur eine Haftpflicht- und keine Vollkaskoversicherung gab ...
dann bleibt der Schaden vermutlich an Dir hängen.

Dann ab jetzt nicht mehr "uns" und "wir" !
Es ist Dein Boot, es werden Deine Schulden - und NUR Deine.

Dann wird das Schifffahrtsamt das Boot jetzt wohl bergen und Dir das dann in Rechnung stellen.
Und wenn die fällig ist und Du sie nicht bezahlen kannst, dann wird es irgendwann einen Zwangsvollstreckungsversuch geben. Und wenn dieser "fruchtlos" verläuft (oder hast Du eine Immobilie ? ein sehr wertvolles Kfz ? Andere Vermögenswerte ?), dann wirst Du irgendwann eine "Erklärung über das Vermögen" abgeben müssen (weil das Zollamt, welches die Schulden für das Schifffahrtsamt vermutlich eintreiben wird, wissen will, wo Deine Goldbarren, Aktien und Bitcoins usw lagern).

Wenn Du die Rechnung vom Schifffahrtsamt hast, dann wird es Zeit für die Schuldnerberatung.
Nimm eine caritative = kostenlose (wenn Du angestellt bist), wie von der AWO, Caritas, Diakonie o.ä.

Sie muss dann einen 'aussergerichtlichen Vergleich' mit dem Gläubiger versuchen, kommt dieser Vergleich nicht zustande, bekommst Du von der Schuldnerberatung eine Bescheinigung, dass der Versuch gescheitert ist, diese Bescheinigung ist Voraussetzung für den Insolvenzantrag.

Und WENN das Schifffahrtsamt/Zollamt seine Forderung dann tatsächlich mit dem Zusatz "vbuh" anmelden sollte, dann kannst Du Dich (mithilfe der Schuldnerberatung!) dagegen wehren !

Nur dann, wenn das "vbuH" Bestand bekommen sollte, nur dann wären diese Schulden von der 'Restschuldbefreiung' tatsächlich ausgenommen - und Du hättest diese Schulden weiter am Hals. Dann würde auch ein Inso-Verfahren keinen Sinn machen (wenn Du keine weiteren Schulden hast).

Also lass Dich nicht kirre machen von vermutlich telefonischen Aussagen von Mitarbeitern beim Schifffahrtsamt. Und achtet darauf, dass der Ehepartner 'sauber' bleibt. Am besten sofort getrennte Konten. Am besten bei verschiedenen Banken. Dann bekommt die Ehefrau später ggfs. noch einen Handyvertrag, einen Dispo, einen Kredit- oder Mietvertrag ... oder was weiß ich, was bei Euch anfallen könnte.

Oder gibt es so etwas wie eine caritativen "Schiffsrettungsverein" ?
Vermutlich nicht ?

Viel Glück!

Du bist nicht allein, siehe
http://schiffsrettung.com

und auch
https://www.rheinpfalz.de/lokal/ludwigs ... 60927.html

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 16:10
von sverigeneilos
Danke für die Antworten, das hilft sehr weiter!

Es gibt keine Vorschrift, die besagt, es muss "vor Anker" immer jemand an Bord sein. Solange nicht in der Nähe vom Fahrwasser, Häfen oder ausgewiesenen "Ankern verboten" Plätzen geankert wird, ist es erlaubt das Schiff zu verlassen. Bei Schiffen unter 12 m gilt generell keine Pflicht dauerhaft Ankerwache zu halten wenn die v

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 17:04
von sverigeneilos
... Entschuldigung, da wurde der Beitrag zu früh gesendet.

Also es gibt keine Pflicht zur Ankerwache in erlaubten Gewässern und solange niemand behindert wird, bei Schiffen unter 12 m.
Worauf ich hingewiesen wurde, ist die "Sorgsamspflicht", dass Eigner für ihr Schiff Sorge zu tragen haben. Leider war es mir in der Unglücksnacht nicht möglich mich zu kümmern, sonst war ich immer da.

Die Geschichte ist noch sehr überwältigend, auch weil es schwer fällt sich von dem Schiff zu trennen. Die Rettungsversuche der letzten Monate haben Spuren hinterlassen und fast wäre es geglückt, bis zu dem Zeitpunkt als niemand es heraus kranen wollte.
Ich habe das Schiff vor 3 Jahren, nach dem Tod meines Vaters, von einem kleinen Erbe, in Griechenland gekauft, dort restauriert und Stück für Stück mit einer Crew und Familie an die Ostsee gebracht.
Das ist jetzt die Endstation.

Die verlinkten Berichte sind sehr lesenswert.

Vieles ist möglich, da bin ich auch immer der Meinung, aber wir stoßen hier auf viele Widerstände bei dem Versuch es privat zu bergen.

Re: "Der Bund vergisst nie" Privatinsolvenz und Schulden bei Bundesbehörde

Verfasst: 28. Mär 2023, 20:20
von robo
sverigeneilos hat geschrieben: 28. Mär 2023, 17:04 ...
und fast wäre es geglückt, bis zu dem Zeitpunkt als niemand es heraus kranen wollte.
...
Taxifahrer haben meines Wissens doch so etwas wie eine 'Beförderungspflicht'.
Das gibt es in Häfen nicht ?
Dass jeder Hafen ein "Kranpflicht" hat ?

Du wirst ja vermutlich nicht gesagt habe: "Hol den Pott raus - aber bezahlen kann ich das nicht!" ???

ja, sicher emotional eine schwierige Situation ...
... und jetzt kommen dazu auch noch die pekuniären Probleme.

Hoffentlich findest Du eine gute Schuldnerberatung!
Denk hier nur nicht: "Was nix kostet, ist auch nix!"

Denn Anwälte, die richtig Geld kosten (!!), haben oft viel weniger Ahnung von dem Geschäft "Insolvenz",
insbesondere, wenn es so 'Feld-Wald-Wiesen'-Anwälte sind, die alles machen.