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Insolvenz möglich??

Verfasst: 19. Jan 2021, 16:02
von Camper
Hallo,

habe einen Kunden, welcher in den letzten Jahren
bei unterschiedlichen Verkehrsbetrieben erhöhte Beförderungsgelder
in nicht unerheblichen Umfang gesammelt hat.

Wurde diesbzgl. zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.
Zahlt diese mit Raten ab.

Seit gut einem Jahr keine neuen Forderungen mehr.

Die Forderungen der erhöhten Beförderungsgelder stellen die Hauptforderung dar.
Restlichen Forderungen bis auf Geldstrafe eher marginal.

Meine Fragestellung ist ob ich mit meinem Kunden in ein Insolvenzverfahren gehen kann, oder
nicht?

Gruß
Camper

Re: Insolvenz möglich??

Verfasst: 19. Jan 2021, 17:52
von caffery
Jawoll!

Erhöhte Beförderungsentgelte erfüllen regelmäßig nicht den Charakter einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gem. § 302 Abs. 1 InsO.
So wurde m.W. bislang von jedem Gericht geurteilt welches sich mit der Frage beschäftigt hat.
Es gab da schon einige Urteile zu, weil es natürlich schon ein paar Verkehrsbetriebe versucht hatten - aber allesamt ohne Erfolg.
Höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es allerdings meines Wissens nicht. Das Risiko, dass es ausgerechnet bei Deinem Menschen nochmal einer versucht dürfte aber gleich Null sein. Hier ein paar Urteile dich ich spontan gefunden habe. Ich hatte mal irgendwo eine Liste dazu - finde sie aber aktuell nicht.

AG Regensburg, Urt. v. 03.03.2014 – 10 C 1949/13
AG Köln, Beschluss vom 07.04.2017 - 71 IK 175/15

Abgesehen davon: Ich habe früher mal für 1-2 Jahre zahlreiche "Knackis" ins Insolvenzverfahren "durchgewunken". Da hatten die meisten Leute unzählige dieser Forderungen und teilweise auch ob dessen Verurteilungen. Manche Verkehrsbetriebe hatten ihre Forderungen bereits in Dutzender-Päckchen unter einem AZ gebündelt, damit sie nicht unzählige Aktenzeichen aufmachen müssen. Da gabs nie irgendwelche Probleme im Insolvenzverfahren mit.

Also: Mut zum Antrag und zum Neuanfang mit Fahrausweis! ;)

Re: Insolvenz möglich??

Verfasst: 19. Jan 2021, 19:08
von imker
und wenn es nicht eilt, die Verjährung für 823 II BGB/Schwarzfahren abwarten - das habe ich bis zu den von cafery genanten Entscheidungen (Kernthese dort wohl: kein Schaden, Transport hätte ohne den Schuldner den gleichen aufwand verursacht) gemacht

Re: Insolvenz möglich??

Verfasst: 20. Jan 2021, 13:54
von Camper
Hallo Zusammen,

vielen Dank für die Antworten.

Ich war mir unsicher, ob man nicht aufgrund der Geldstrafe argumentieren könnte,
dass die Verurteilung zu einer Geldstrafe in Zusammenhang mit den Forderungen aus erhöhten Beförderungsentgelten, gerade den Charakter einer vbuH der Forderungen unter Beweis stellen würde.

Warten würde ich eher ungern, da ich nicht weiß ob mögliche Pfändungen so positiv aufgefasst würden.


Gruß

Camper

Re: Insolvenz möglich??

Verfasst: 20. Jan 2021, 20:28
von imker
die Straftat "Schwarzfahren" lässt das furchtbar naheliegend erscheinen
die Forderung ist meist ein erhöhtes Beförderungsentgelt
und für einen Schadensersatzanspruch fehlt der Schaden, die Verletzung des Schutzgesetztes mag vorliegen
und als "Bürger" kann man sich wie immer vorstellen, gäbe es die Schwarzfahrer nicht, wäre es wohl billiger...für den Nutzer und wenn keine Ausfälle von den Bahnen einkalkuliert werden würden, hätten die doch mehr Gewinn (in Höhe des Normalpreises) gemacht, der ihnen so durch die Schwarzfahrt entgeht - das wird aber nirgends diskutiert oder so entschieden