Kosten verhaftungsrelevant?

Life! Im Forum Schuldenprobleme werden sachbezogene Fragen rund ums Thema Ver- und Überschuldung diskutiert. Da es für für Schuldner daneben viele Themen gibt, die nicht direkt mit diesen Sachfragen oder Informationen zu tun haben, sondern mit persönlichen, sozialen, familiären oder beruflichen Ursachen und Folgen der Ver- und Überschuldung, haben wir dieses Forum eingerichtet. Im Forum Life! können z.B. diese Themen diskutiert werden: Schulden belasten oft Beziehungen und Partnerschaften: Wie wird man damit fertig? Oder mit dem Druck, wenn Schulden eines Partners eine neue Beziehung von Anfang an belasten? Lebenspraktische Erfahrungen: Wie vermittelt man z.B. den Kindern, dass das mit den Nike-Schuhen nicht geht? Wie wird man selbst damit fertig, wenn man auf einiges verzichten muss? Konsum und Verhältnis zu Geld: Hat sich meine Einstellung zu Geld und Konsum durch die Überschuldung geändert? Kochrezepte für die letzten '3 Tage vor dem Ersten' und andere Tipps , die den eh' schon schmalen Geldbeutel entlasten helfen.
Forumsregeln
Wichtiger Hinweis: Dieses Forum ersetzt keine Rechtsberatung! KEIN Benutzer darf und will auf dieser Plattform eine Rechtsberatung anbieten, so dass sämtliche Antworten nur als Austausch von Meinungen zu verstehen sind!
Bitte sucht einen Rechtsanwalt auf, wenn ihr rechtssichere Antworten erhalten möchtet!
Antworten
Benutzeravatar
insolaner
Allwissender
Reaktionen: 25
Beiträge: 709
Registriert: 5. Apr 2019, 22:51

Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von insolaner »

zugegeben eine 'theoretische' Frage, aber aus gegebenem Anlass (nein, ich bin nicht in diesem Fall betroffen!) kam die Diskussion hierauf:

Bei einer nicht bezahlten Strafe wird man ja irgendwann zur Festnahme ausgeschrieben - so weit so nachvollziehbar.

Aber müssen auch zwingend die Kosten des Verfahrens (im Beispiel die 75 EUR) bezahlt werden, um die Einlieferung in die JVA abzuwenden?

Zumal im Insolvenzverfahren die Kosten ja Verfahrensbestandteil wären und unter die RSB fielen, die Strafe aber "gültig" bleibt?!
0
Werbung
Bot
Beiträge: 263
Registriert: 26. Jan 2020

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Werbung

Hi insolaner,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Kosten verhaftungsrelevant?" geschaut?
0
hans
Fortgeschrittener
Reaktionen: 0
Beiträge: 44
Registriert: 24. Mai 2019, 02:41

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von hans »

Bei einer nicht bezahlten Strafe, kommst Du nicht in den Knast.
0
Witwe Bolte
Guru
Reaktionen: 173
Beiträge: 1600
Registriert: 23. Feb 2019, 07:29

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von Witwe Bolte »

Manchmal steht im Gesetz doch so etwas wie:
" ... wird mit Freiheitsstrafe bis zu ... oder mit Geldstrafe bestraft."

Heißt das, der Richter entscheidet, Geldstrafe ODER Knast ?

Oder kann man sich das dann aussuchen: "Nö ... 5.000 € zahl ich nicht, da geh ich lieber mal 100 Tage in den Knast ... " (wenn zB 50 € Tagessatz im Urteil stehen), " ... da gibt es dann ja auch freie Verpflegung und ggf. Gesundheitsfürsorge ...".

Aber wenn Geldstrafe (und nix mit Aussuchen), gibt es dann nicht "ersatzweise Haft" (bei Nichtzahlen), dann kommt einfach nur der zuständige Inkassodienst (vermutlich HZA) ???

Hans kennt sich ja scheinbar aus, laß uns teilhaben an Deinem Wissen.
0
Käsebrot
Allwissender
Reaktionen: 70
Beiträge: 774
Registriert: 19. Mai 2019, 13:40

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von Käsebrot »

So was wie eine Ersatzfreiheitsstrafe gibt es bei Geldstrafen schon auch. Da geht man dann eben in den Bau für die Anzahl der verhängten Tagessätze.
0
Witwe Bolte
Guru
Reaktionen: 173
Beiträge: 1600
Registriert: 23. Feb 2019, 07:29

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von Witwe Bolte »

Aahh ... "Ersatzfreiheitsstrafe" (=EFS) ... was es nicht alles gibt ...
(die Sache an sich und die Begriffe dafür).
Wieder was gelernt, danke@Käsebrot.

Bei Wiki steht. Zitat:
"Eine statistische Analyse aller verbüßten Geldstrafen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2012 ergab, dass am häufigsten Personen, die wegen Beförderungserschleichung (sog. Schwarzfahren) zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, die EFS verbüßten (jeder 7.). Von den wegen Steuerdelikten Verurteilten war es nur jeder 43.[12]"

Von allen, die in NRW in 2012 also wg. Schwarzfahrens erwischt wurden, ist also jeder siebte lieber in den Knast gegangen.
Volkswirtschaftlich gesehen vermutlich ein ziemlicher Unsinn, die Kosten für den Knast sind vermutlich um ein vielfaches höher als das "black"-Ticket ...
Also geht es wohl mehr um "erzieherische Maßnahmen" ...
(... man könnte den ÖPNV ja auch kostenfrei anbieten - was man da nicht alles an Kosten für die 'Organe der Rechtspflege' incl. 'stationärer Unterbringung' sparen könnte ...)
0
Benutzeravatar
insolaner
Allwissender
Reaktionen: 25
Beiträge: 709
Registriert: 5. Apr 2019, 22:51

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von insolaner »

genau das meinte ich, x Tagessaetze zu je 10 EUR...

Aber was ist mit den Verfahrenskosten? Aus zB. 30 TS (also 300 EUR) werden ja schnell mit Verfahren, Anwalt, Zeugen etc mal eben 2000 EUR...

Meines Wissens sind die 300 immer zu zahlen, der Rest fällt mit der RSB weg - die Verhandlung ist ja keine vubH, oder?
0
Witwe Bolte
Guru
Reaktionen: 173
Beiträge: 1600
Registriert: 23. Feb 2019, 07:29

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von Witwe Bolte »

ich habe keine Ahnung, aber eine Vermutung:
Vermutlich sind solche "Verfahrenskosten" RSB-fähig.

Und die 300€ Strafe sind ja meines Wissens nur dann nicht RSB-fähig,
wenn sie
a) überhaupt angemeldet werden (macht ja so mancher Gläubiger, selbst ÖR, nicht)
UND
b) wenn sie als "vbuH" KORREKT angemeldet werden.

Also hat der Schuldner vielleicht (vielleicht!) eine Chance, auch diese mit einem Inso-Verfahren mit RSB quitt zu werden.
0
caffery
praktischer Schuldnerberater
Reaktionen: 397
Beiträge: 2474
Registriert: 13. Aug 2018, 20:45

Re: Kosten verhaftungsrelevant?

Beitrag von caffery »

*guckguck*

Das nehme ich mal kurz zum Anlass um "Hallo" zu sagen.

Hallo:) Mir geht schon wieder ein klein wenig besser.

Zur Sache:

MrsRob hat geschrieben: 2. Dez 2020, 08:58 ich habe keine Ahnung, aber eine Vermutung:
Vermutlich sind solche "Verfahrenskosten" RSB-fähig.

Und die 300€ Strafe sind ja meines Wissens nur dann nicht RSB-fähig,
wenn sie
a) überhaupt angemeldet werden (macht ja so mancher Gläubiger, selbst ÖR, nicht)
UND
b) wenn sie als "vbuH" KORREKT angemeldet werden.

Also hat der Schuldner vielleicht (vielleicht!) eine Chance, auch diese mit einem Inso-Verfahren mit RSB quitt zu werden.
Das stimmt leider nicht. Geldstrafen, genau wie Geldbußen, Ordnungsstrafen und Zwangsgelder sind gem. § 302 Nr. 2 InsO automatisch von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Nur die sogenannten "vbuh"-Forderungen aus Nr. 1 dieser Rechtsvorschrift bedürfen ausdrücklich auch der entsprechenden Anmeldung des Gläubigers inkl. Feststellung.
Die unter Nr. 2 und Nr. 3 (Kosten des Insolvenzverfahrens) genannten Forderungen erfüllen das Attribut "ausgenommen" also quasi "von Natur aus".

insolaner hat geschrieben: 30. Nov 2020, 21:58
Aber müssen auch zwingend die Kosten des Verfahrens (im Beispiel die 75 EUR) bezahlt werden, um die Einlieferung in die JVA abzuwenden?
Vorgenanntes gilt tatsächlich nur für die reinen Strafen. Was die Kosten - also quasi die Rattenschwänze dieser Forderungen betrifft, so sind diese in Bezug auf die Restschuldbefreiungsfähigkeit anders zu bewerten. Diese sind tatsächlich nicht im Sinne von Vorgenanntem von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Selbst dann nicht, wenn sie einen direkten Bezug zu einer vorsätzlichen Straftat haben.
Dies hat der BGH so entschieden:
BGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - IX ZR 151/10

Konkret zu der Frage: Nein. Inhaftiert werden kann man nur ersatzweise für Geldstrafen. Für die Kosten die da dran hängen kann man nicht inhaftiert werden. Dies sind "normale" Schulden. Genauso etwa wie Kostenforderungen aus Scheidungs- oder Sorgerechtssachen.

Geldstrafen kann man auch "absitzen". Dann ist auch die Geldstrafe weg (nicht die Kosten). Mit Geldbußen geht dies nicht. Dafür kann man zwar auch inhaftiert werden (wieder: nicht für die Kosten), dabei handelt es sich dann aber um sogenannte Erzwingungshaft. Geldbußen kann man also nicht "absitzen".

Geldstrafen kann man auf Antrag auch abarbeiten. Ein Tagessatz gilt hier meines Wissens als Sechsstundensatz.
Bei Geldstrafen spricht man entsprechend der drei Optionen auch von "latzen, sitzen oder schwitzen".

Anders als bei "normalen" Forderungen sind Teilzahlungen bei Geldstrafen etc. automatisch von Rechts wegen zunächst auf die Hauptforderung zu verrechnen. (459b StPO)

So - nu bin ich wieder weg vom Handy! Tüss!
1
1 Bild
Antworten