Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

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Wasser44
Neuankömmling
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Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von Wasser44 »

Hallo,

mal angenommen das Insolvenzverfahren des Schulder S wurde am 27.02 eröffnet, ab wann darf dann das Arbeitseinkommen gepfändet werden?
Erst ab dem Tag der Insolvenzeröffnung (27. und 28. Februar) oder wird der komplette Monat (1. - 28. Februar) gepfändet?
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

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Hi Wasser44,

gute Frage, hast du schonmal bei dem Thema "Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?" geschaut?
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Itak65
Wissender
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von Itak65 »

Guten Abend, bei mir war es so Inso Eröffnung 21.11.22 Zugang des Schreibens des TH an den AG am 04.12.23 .Erste Pfändung war am 15.1.22 Restlohn Dezember.Also so war es bei mir.
LG itak 65
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Graf Wadula
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von Graf Wadula »

Es sind alle Ansprüche voll pfändbar, unabhängig davon, wann sie entstanden sind. Rückständiger Lohn wäre auch pfändbar (§ 35 InsO)
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robo
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von robo »

Graf Wadula hat geschrieben: 22. Mär 2023, 20:13 ... alle Ansprüche ...
Das heisst theoretisch: Wenn Dein Inso-Verfahren am 27.2. eröffnet wurde und Du am 28.2. Deinen Lohn/Gehalt für Februar bekommst, wäre der voll pfändbar (bis auf den nicht-pfändbaren Teil).

Wenn Du Deinen Lohn/Gehalt aber schon vor dem 27.2. bekommen hast (am 1. oder 15. zB), dann bekommt der IV vom Februar nichts.

"Praktisch" ... siehe Itak65.
Kommt also darauf an, wie schnell der IV dem AG schreibt.
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imker
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von imker »

mmhh.... frag mal den Grafen Wadula, ob das so passt - eigentlich kommt es nicht auf die Post des IV an den AG, sondern auf die Zustellung des Eröffnungsbeschusses - per post oder Internetveröffentlichung - an.
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tidus82
Admin
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von tidus82 »

Genau das denke ich auch - der eröffnungsbeschluss ist soweit ich weiß ausschlaggebend
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Graf Wadula
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von Graf Wadula »

Hier werden so einige Dinge durcheinandergeworfen. Was sie alle meinen ist die Frage, ob eine Forderungen eine Insolvenzforderung ist oder nicht, also um Forderungen GEGEN den Schuldner.

Bei Forderungen FÜR den Schuldner gilt § 35 InsO, also alle Forderungen, die ihm bereits zustehen, und die Forderungen, die während des eröffneten Verfahren dazukommen.

In dem Fall des TE ist es also völlig klar, dass grundsätzlich auch das Gehalt "pfändbar" ist, was vor Eröffnung entstanden ist. Es geht ja vielmehr darum, ob die Insolvenzmasse noch einen Anspruch gegen den Arbeitgeber hat. Und den hat sie nicht mehr, weil der Gehaltsanspruch ja dann bereits ausgezahlt und somit die Forderung (für diesen Monat) erfüllt wurde. Der Insolvenzverwalter kann also vom Arbeitgeber nicht mehr die Auszahlung verlangen, weil der Arbeitgeber ja bereits ausgezahlt hat. Es ist jetzt sozusagen das Bargeld des Schuldners geworden. Im Grunde ist es genauso wie bei anderen Forderungen. Es kommt eben darauf an, ob die Forderung (Auszahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber) noch besteht oder nicht.
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robo
Allwissender
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von robo »

Graf Wadula hat geschrieben: 23. Mär 2023, 08:40 ... Es kommt eben darauf an, ob die Forderung (Auszahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber) noch besteht oder nicht.
" ... noch besteht oder nicht ... " - hier ist das doch genau die Frage: Zu welchem Zeitpunkt ?

Wenn ich zB der Arbeitgeber von 'Wasser44' wäre und ihm/ihr regelmäßig am Letzten d.M. Lohn/Gehalt überweise. Und das hätte ich jetzt im Feb auch gemacht, pünktlich zum 28.2.
Am 27.2. wurde allerdings sein Inso-Verfahren eröffnet.
Davon wußte ich bei der Überweisung aber noch nichts.

Normalerweise sollte ein IV den AG ja wohl umgehend informieren, damit dieser den abgetretenen Lohnbestandteil nun an den IV ("zur Masse") überweist (und dem AN den nicht-pfändbaren Anteil), das sollte ja nun im Laufe des März 23 passieren, so dass für mich als AG zum Ende März alles klar ist.

Was aber, wenn der IV trödelt und ich sein Schreiben erst am 1.4.23 in der Post habe ?
Dann hätte ich als AG dem AN seinen kompletten Lohn/Gehalt für Feb.+Mrz ausgezahlt,
obwohl dessen Inso-Verfahren ja bereits am 27.2. eröffnet wurde.
Nach der Antwort des Grafen wäre ich als AG dem IV gegenüber nichts schuldig, da ich den Anspruch des AN auf seinen Lohn/Gehalt ja bereits komplett erfüllt habe.
Erst ab Apr bekäme dann der IV seinen Teil von mir (als Arbeitgeber).
Richtig ?

Nun stellt sich hier aber jetzt weiter die Frage:
Wie steht es nun im Verhältnis zwischen "Insolvent" und Insolvenzverwalter ?
Muss der Insolvent nun dem Insolvenzverwalter den abgetretenen Bestandteil seines Lohns/Gehalts genau ab Eröffnungsbeschluss (27.2.) selbst überweisen ?
Oder kann er sich darauf verlassen, dass der IV das schon mit dem AG regelt ?
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Graf Wadula
praktischer Schuldnerberater
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Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von Graf Wadula »

Es kommt in unserem Recht immer darauf an: Welchen Anspruch habe ich gegenüber andereren.

Der Schuldner hat einen Anspruch auf Lohnauszahlung gegenüber dem Arbeitgeber. Hat der Arbeitgeber diesen Anspruch erfüllt, gibt es eben keinen Anspruch mehr.
Um das mal plastischer zu machen: Der TE hat gekündigt und es besteht noch der Lohnanspruch für Januar. Dann ist alleine entscheidend, ob er schon ausgezahlt wurde oder nicht. Ist er bereits ausgezahlt (egal ob vor oder nach Eröffnung), besteht eben keine Lohnforderung mehr gegen den Arbeitgeber. hat er noch nicht ausgezahlt, besteht der natürlich noch.

Das "Trödelproblem" ist ein rein praktisches Problem. Aber im Grundsatz ist es so. Der AG könnte u.U. auf Grund eines völlig anderen Sachverhalts weiter schulden, da er möglicherweise nicht befreiend geleistet hat. Denn es kommt darauf an, ob der AG von der Insolvenz gewusst hat. Und da die Öffentliche Bekanntmachung zur Zustellung des Eröffnungsbeschlusses im Grundsatz ausreicht (§ 9 InsO), kann es sein, dass der AG nicht befreiend geleistet hat (aber auch das Insolvenzgericht kann natürlich "trödeln" ;) ).

Die weitere Frage ist doch völlig einfach: Schuldet der Schuldner sich selber Arbeitslohn ? Nein. Also: die Forderung aus Arbeitslohn ist zunächst mal erloschen. Das Geld, was der Schuldner erhalten hat, ist eben nicht mehr der Arbeitslohn, sondern für den Schuldner Bargeld (oder hat er es auf dem Konto, dann Kontoguthaben; oder er hat es eben ausgegeben). Die Frage ist, ob der Schuldner den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens unrechtmäßig erhalten hat? Nein, hat er nicht. Ob er den pfändbaren Teil des Gehalts auf Grund der Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO herausgeben muss, ist streitig. Aber pfänden etc. kann der Insolvenzverwalter "den Lohn" beim Schuldner icht, denn es gibt den Lohn ansich nicht mehr. Theoretisch könnte er den GVZ beauftragen, das Bargeld zu pfänden.
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robo
Allwissender
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Registriert: 11. Mär 2023, 10:08

Re: Ab wann ist Arbeitseinkommen pfändbar?

Beitrag von robo »

:D :D :D
Super Antwort !
Ich liebe Dich dafür, Graf Wadula !!
You make my day.

robo
vormals Witwe Bolte
vormals Mrs.Robinson
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