Moin,
folgender Sachverhalt:
Kindergeld für ein Kind wird von der Familienkasse zurückgefordert, ist auch rechtens, Kind lebte nicht mehr zuhause, kein Kontakt und hat Ausbildung abgebrochen, was wir nicht wussten. Kind erhielt Jugendhilfe, an die das Kindergeld auch weitergeleitet wurde. Den reinen Kindergeldbetrag zahlt das Sozialamt/Jugendhilfe an die Familienkasse zurück.
Insgesamt wird aber Kindergeld für 3 Kinder bezogen. Durch Zählkindvorteil, der durch die Rückforderung wegfällt, ist die Rückforderung höher als das was das Sozialamt zurückzahlt. Die Rückzahlung des Sozialamtes hat sich so verzögert, dass Säumniszuschläge dazu kamen. Die Differenz plus Säumniszuschläge wird nun vom Kindergeldberechtigten gefordert.
Kindergeldberechtigter ist in der Insolvenz / Wohlverhaltsphase. Das wurde auch der Familienkasse mitgeteilt.
Nun rechnet die Familienkasse mit laufendem Kindergeld für die beiden anderen Kinder auf.
Es liegt schriftlich vor, dass wir alles rechtzeitig gemeldet haben, aber wir haben einfach Pech gehabt.
Die Rückzahlung basiert auf Kindergeld vor Insolvenzeröffnung, da war uns der Sachverhalt noch nicht bekannt. Die Rückforderung wurde während des eröffneten Verfahrens gestellt und die Familienkasse auch darauf hingewiesen.
Was kann man noch tun? Ist die Aufrechnung rechtens? Ist es eine Insolvenzforderung?
Es wurde gegen die Differenz aus Zählkindvorteil und gegen die Säumniszuschläge Einspruch eingelegt.
Vorschlag der Familienkasse, man könnte das Kind direkt belangen -> nein keine Option für uns.
Ideen, Anregungen, Beispiele?
Oder Arschbacken zusammenkneifen und da durch
Danke und Gruß
Rückforderung Familienkasse
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Re: Rückforderung Familienkasse
1. Frage: Ist dieser "Zählkindvorteil" an die Zahl der Kinder (hier drei) gebunden oder an das dritte Kind (und das betreffende Kind ist NICHT das dritte Kind) ?
Vielleicht könnte man so die Rückforderung reduzieren ?
2. Ja, leider dürfen Insolvenzgläubiger gem. §§ 94 ff der InsO aufrechnen - aber nur bis zur RSB, danach nicht mehr! So was betrifft in der Regel ja nur öffentlich-rechtliche Gläubiger wie Finanzamt oder eben Sozialleistungsträger. Ein anderer Gläubiger wird kaum die Gelegenheit zum Aufrechnen haben.
Ziemliche Ungleichbehandlung der Gläubiger ... (finde ich) ... ist aber Gesetz.
https://dejure.org/gesetze/InsO/94.html
3. Die Aufrechnung darf aber 'eigentlich' nicht dazu führen, dass das Existenzminimum unterschritten wird (was im fortgesetzten Sozialleistungsbezug möglicherweise der Fall sein könnte - das Urteil dazu hatten wir neulich hier, müsste ich nachher mal suchen).
Ja, doofe Situation ... wie hat die Familienkasse von dem Sachverhalt erfahren ?
Es wäre für Euch besser gewesen, sie hätten es erst nach der RSB erfahren ...
Vielleicht könnte man so die Rückforderung reduzieren ?
2. Ja, leider dürfen Insolvenzgläubiger gem. §§ 94 ff der InsO aufrechnen - aber nur bis zur RSB, danach nicht mehr! So was betrifft in der Regel ja nur öffentlich-rechtliche Gläubiger wie Finanzamt oder eben Sozialleistungsträger. Ein anderer Gläubiger wird kaum die Gelegenheit zum Aufrechnen haben.
Ziemliche Ungleichbehandlung der Gläubiger ... (finde ich) ... ist aber Gesetz.
https://dejure.org/gesetze/InsO/94.html
3. Die Aufrechnung darf aber 'eigentlich' nicht dazu führen, dass das Existenzminimum unterschritten wird (was im fortgesetzten Sozialleistungsbezug möglicherweise der Fall sein könnte - das Urteil dazu hatten wir neulich hier, müsste ich nachher mal suchen).
Ja, doofe Situation ... wie hat die Familienkasse von dem Sachverhalt erfahren ?
Es wäre für Euch besser gewesen, sie hätten es erst nach der RSB erfahren ...
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Re: Rückforderung Familienkasse
Irre - was es nicht alles für Konstellationen geben kann.
Also unterm Strich konzentriere ich mich mal auf die Frage, ob der Gläubiger bei der Konstellation aufrechnen darf. Auch wenn man hier vermutlich auch von anderen Seiten die Sache beäugen könnte.
Die Frage, ob der Gläubiger zur Aufrechnung berechtigt ist oder nicht, ergibt sich (oder sollte es zumindest) aus den §§ 95 und 96 InsO. Diese sind aber aus formulierungstechnischer Sicht leider ein sprachlicher Super-Gau. Wer sich mal mit nem Teechen seiner Wahl die Gehirnzellen auf 100% erregen möchte um dann möglichst wachen Verstandes § 95 Abs. 1 InsO durchlesen möchte wird (so er denn alle Informationen der TE hat) die Antwort kennen ob hier aufgerechnet werden darf - oder auch nicht.
Es geht um den ganz konkreten Zeitablauf zu der die Forderung 1. "unbedingt und fällig" wurde 2. die Aufrechnung hätte erfolgen können und 3. im Verhältnis dazu die Insolvenzeröffnung erfolgte. § 96 hat dann noch ein paar Ausnahmen in der Hinterhand. Ich fürchte, man wird das am Ende des Tages ohnehin juristisch prüfen lassen und den Rechtsweg beschreiten müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Behörde auf eine reine "Belehrung" hin - von wem auch immer - bei einer derart komplexen Frage ihr Handeln einfach so beenden würde.
Ich zumindest könnte es bei der dargelegten Geschichte nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich nicht einmal dann wenn ich alle Daten und Fakten kennen würde.
PS: Die Aufrechnung kann unabhängig von der Frage ihrer grundsätzlichen Rechtmäßigkeit aktuell dann beendet werden, wenn der Leistungsberechtigte der Behörde nachweist, dass er durch die Aufrechnung unter das Existenzminimum rutscht - wie das Frollein Bolte ja auch schon schrub.
Also unterm Strich konzentriere ich mich mal auf die Frage, ob der Gläubiger bei der Konstellation aufrechnen darf. Auch wenn man hier vermutlich auch von anderen Seiten die Sache beäugen könnte.
Die Frage, ob der Gläubiger zur Aufrechnung berechtigt ist oder nicht, ergibt sich (oder sollte es zumindest) aus den §§ 95 und 96 InsO. Diese sind aber aus formulierungstechnischer Sicht leider ein sprachlicher Super-Gau. Wer sich mal mit nem Teechen seiner Wahl die Gehirnzellen auf 100% erregen möchte um dann möglichst wachen Verstandes § 95 Abs. 1 InsO durchlesen möchte wird (so er denn alle Informationen der TE hat) die Antwort kennen ob hier aufgerechnet werden darf - oder auch nicht.
Es geht um den ganz konkreten Zeitablauf zu der die Forderung 1. "unbedingt und fällig" wurde 2. die Aufrechnung hätte erfolgen können und 3. im Verhältnis dazu die Insolvenzeröffnung erfolgte. § 96 hat dann noch ein paar Ausnahmen in der Hinterhand. Ich fürchte, man wird das am Ende des Tages ohnehin juristisch prüfen lassen und den Rechtsweg beschreiten müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Behörde auf eine reine "Belehrung" hin - von wem auch immer - bei einer derart komplexen Frage ihr Handeln einfach so beenden würde.
Ich zumindest könnte es bei der dargelegten Geschichte nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich nicht einmal dann wenn ich alle Daten und Fakten kennen würde.
PS: Die Aufrechnung kann unabhängig von der Frage ihrer grundsätzlichen Rechtmäßigkeit aktuell dann beendet werden, wenn der Leistungsberechtigte der Behörde nachweist, dass er durch die Aufrechnung unter das Existenzminimum rutscht - wie das Frollein Bolte ja auch schon schrub.
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Re: Rückforderung Familienkasse
Das sehe ich wie caffery:
Es könnte durchaus sinnvoll sein, hier mal einen Rechtsanwalt einzuschalten - aber nur dann, wenn ihr wirklich einen guten kennt, der sich im Sozialrecht auch wirklich auskennt, und der das dann auch noch auf 'Beratungshilfe' und ggf. auch auf 'Prozesskostenhilfe' macht (wenn ihr dazu berechtigt seid?).
Vielleicht findet ihr hier einen:
https://anwaltverein.de/de/engagement/s ... lapse_1683
Wie caffery schon sagt, es ist eine Frage des Zeitpunktes, ob aufgerechnet werden darf.
Und das ist aus dem Gesetzestext für einen 'Normalo' nicht so einfach zu verstehen.
Viel Glück!
Es könnte durchaus sinnvoll sein, hier mal einen Rechtsanwalt einzuschalten - aber nur dann, wenn ihr wirklich einen guten kennt, der sich im Sozialrecht auch wirklich auskennt, und der das dann auch noch auf 'Beratungshilfe' und ggf. auch auf 'Prozesskostenhilfe' macht (wenn ihr dazu berechtigt seid?).
Vielleicht findet ihr hier einen:
https://anwaltverein.de/de/engagement/s ... lapse_1683
Wie caffery schon sagt, es ist eine Frage des Zeitpunktes, ob aufgerechnet werden darf.
Und das ist aus dem Gesetzestext für einen 'Normalo' nicht so einfach zu verstehen.
Viel Glück!
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Re: Rückforderung Familienkasse
Danke erstmal für Eure Meinungen.
Die Schuldnerberatung mochte keine Meinung äußern
Also es geht nicht um das Existenzminimum, das Argument ist raus und die Rückforderung ansich ist ja auch gerechtfertigt. Der Fehler liegt allerdings nachweislich am Jugendamt/Sozialamt, das sich nicht gekümmert hat. Wir haben 2 Jahre lang Nachweise gefordert, was das Kind (das mittlerweile volljährig ist) schulisch/beruflich macht. Lange Geschichte, ist auch eigentlich egal.
Das Problem ist, dass es für das dritte Kind mehr Kindergeld gibt und da ist es egal wie die Rangfolge ist. Da das dritte Kind für 2 Jahre zurückgefordert wird, wird eben der höhere Kindergeldbetrag für das dritte Kind zurückgefordert. Dazu kommen eben diese Säumniszuschläge, da das Amt zu spät überwiesen hat. Das Amt und die Familienkasse sagen "Pech gehabt". Auch wenn es bei uns nicht um das Existenzminimum geht, fühlt es sich an wie wenn jemandem, der sich schon nackig gemacht hat (Insolvenz), noch in die Poritze gegriffen wird.
Es wird bei der Aufrechnung mit §75 EstG und §85 AO argumentiert.
Auf die Insolvenz etc. wird in keinem Schreiben eingegangen.
Anwalt ist halt die Frage, ob sich das lohnt. Wir bestreiten ja nicht, dass die Rückforderung rechtens ist, es geht eher darum, dass auf die Insolvenz nicht eingegangen wird und die Familienkasse ist auch kein Insolvenzgläubiger. Auf den Hinweis, dass der Restbetrag (500€) nicht beglichen werden kann wegen Insolvenz und die Säumniszuschläge (250€) wegen verspäteter Zahlung des Amtes (6000€) entstanden sind, wird eben nicht eingegangen.
Unterm Strich müssen die kleinen Geschwister für den Bockmist des großen Bruders gerade stehen und es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit
Die Schuldnerberatung mochte keine Meinung äußern
Also es geht nicht um das Existenzminimum, das Argument ist raus und die Rückforderung ansich ist ja auch gerechtfertigt. Der Fehler liegt allerdings nachweislich am Jugendamt/Sozialamt, das sich nicht gekümmert hat. Wir haben 2 Jahre lang Nachweise gefordert, was das Kind (das mittlerweile volljährig ist) schulisch/beruflich macht. Lange Geschichte, ist auch eigentlich egal.
Das Problem ist, dass es für das dritte Kind mehr Kindergeld gibt und da ist es egal wie die Rangfolge ist. Da das dritte Kind für 2 Jahre zurückgefordert wird, wird eben der höhere Kindergeldbetrag für das dritte Kind zurückgefordert. Dazu kommen eben diese Säumniszuschläge, da das Amt zu spät überwiesen hat. Das Amt und die Familienkasse sagen "Pech gehabt". Auch wenn es bei uns nicht um das Existenzminimum geht, fühlt es sich an wie wenn jemandem, der sich schon nackig gemacht hat (Insolvenz), noch in die Poritze gegriffen wird.
Es wird bei der Aufrechnung mit §75 EstG und §85 AO argumentiert.
Auf die Insolvenz etc. wird in keinem Schreiben eingegangen.
Anwalt ist halt die Frage, ob sich das lohnt. Wir bestreiten ja nicht, dass die Rückforderung rechtens ist, es geht eher darum, dass auf die Insolvenz nicht eingegangen wird und die Familienkasse ist auch kein Insolvenzgläubiger. Auf den Hinweis, dass der Restbetrag (500€) nicht beglichen werden kann wegen Insolvenz und die Säumniszuschläge (250€) wegen verspäteter Zahlung des Amtes (6000€) entstanden sind, wird eben nicht eingegangen.
Unterm Strich müssen die kleinen Geschwister für den Bockmist des großen Bruders gerade stehen und es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit
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Re: Rückforderung Familienkasse
Das gilt ja für alle anderen Forderungen vermutlich auch (derentwegen ihr im Inso-Verfahren seid).
Und trotzdem braucht ihr sie nicht mehr zu bezahlen (wenn RSB).
Ich muss mich korrigieren:
Wenn, dann braucht ihr keinen Anwalt für Sozialrecht,
sondern einen Anwalt für Insolvenzrecht.
Denn es geht ja darum, ob die Familienkasse gem. InsO 'aufrechnen' darf.
Wann sind diese 'unberechtigten' Kindergeldzahlungen geflossen ?
Alle komplett VOR der Inso-Eröffnung ?
Oder war die Eröffnung irgendwo mittendrin ?
Ich fürchte, alles was vorher geflossen ist, darf 'aufgerechnet' werden
und alles, was ggf. erst NACH der Eröffnung geflossen ist, darf zwar jetzt im Inso-Verfahren NICHT aufgerechnet werden, bleibt Euch als Rückforderung dann aber bis nach der RSB erhalten.
Deswegen mein Rat: Ich würde kein Geld für einen Anwalt in der Sache ausgeben.
Und ob ihr einen Anwalt für Insolvenrecht findet, der es "auf Schein" macht ?
Wirklich eine unschöne Situation für Euch.
Mein Beileid.
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