Schlussrechnung des IV

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Graf Wadula
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von Graf Wadula »

Ich habe wirklich mit sehr vielen Insolvenzverwaltern zu tun und ich kann das hier gemalte Bild nicht bestätigen. Hier werden jedenfalls nicht systematisch Akten verzögert (gar noch, um dem Schuldner die 3 Jahre zu vermiesen). Ich glaube auch nicht, dass das die Regel ist.

Wenn nur noch die laufend pfändbaren Beträge eingezogen werden, könnte der Verwalter natürlich das Verfahren abschließen. Ich glaube aber auch, dass das allzu oft hier als "lockere" Sache angesehen wird. In vielen Fällen müssen aber Ausfallforderungen und insbesondere die steuerliche Seite bearbeitet werden.

Leider hat der Gesetzgeber keine Pflicht zur Einreichung eines Vergütungsantrags für den Insolvenzverwalter bestimmt. Es ist streitig, ob diese Pflicht für den Insolvenzverwalter (wenn der Schuldner einen Antrag auf vorzeitige RSB gestellt hat) besteht. Es gibt zumindest Entscheidungen des BGH hinsichtlich § 214 InsO (wo eine ähnliche Situation herrscht), nach denen eine solche Pflicht zumindest bei nachvollziehbaren Anträge besteht.
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caffery
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von caffery »

Graf Wadula hat geschrieben: 18. Aug 2020, 15:17 Ich habe wirklich mit sehr vielen Insolvenzverwaltern zu tun und ich kann das hier gemalte Bild nicht bestätigen. Hier werden jedenfalls nicht systematisch Akten verzögert (gar noch, um dem Schuldner die 3 Jahre zu vermiesen). Ich glaube auch nicht, dass das die Regel ist.
Das ist (bei allem Respekt- und davon ist reichlich vorhanden!) in etwa genau das Ergebnis jeder Diskussion der ich zu dem Thema bislang beiwohnen musste.

Das Problem ist aber, dass dieses Fazit genauso richtig wie falsch ist und das Problem im Endeffekt in keiner Weise erkannt hat.

Es geht überhaupt nicht darum, ob es "die Regel" ist oder ob einzelne Verwalter solche für sie lukrativen Fälle absichtlich verzögern oder manche ganz grundsätzlich bei allen Fällen deutlich langsamer arbeiten als der Durchschnitt ihrer Kollegen.

Es geht darum, dass es solche Fälle einfach immer wieder mal gibt. Nicht in der Mehrheit, aber es gibt sie halt laufend. Das ist einfach so - wie man hier ja auch immer wieder sehr gut mitbekommt. Hier ist einfach jeder Fall einer zu viel.
Ich sage das nicht, weil ich als Schuldnerfreund hier die Rechte der Schuldner absichtlich überhöhen möchte. Ich sage das, weil es m.E. ganz grundsätzlich völlig absurd ist, das Einkommen einer Arbeitskraft positiv proportional von ihrer Langsamtkeit abhängig zu machen - und zwar auch und ganz besonders im Sinne der Arbeitskräfte die trotzdem normal schnell arbeiten. Das ist in meinen Augen einfach so offensichtlich absurd, dass es aus meiner Sicht müßig ist den Zusammenhang zu rechtfertigen indem man pauschal den Berufsstand adelt. Ich kenne auch deutlich mehr nette und gute Verwalter als langsame Graupen. Das eine hat aber aus meiner Sicht mit dem anderen nichts zu tun.
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gurami
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von gurami »

Hab ja auch oft genug betont das es auch anständige, korrekte Verwalter gibt und ich meinen Frust nicht an alle rauslassen möchte. Hatte mal in einem viel früheren Thread geschrieben das ich, zumindest in unserem Kreis alle Verfahren aufgeschrieben habe und täglich nachsehe was da veröffentlicht wird. In allen Fällen in den der, mein IV tätig ist, sind Verfahren ohne Einkommen schnell gegessen. Alle anderen nimmt er als Langzeiteinnahme. Wenn man dazu noch bedenkt das er mehrere Kanzleien in Form von Briefkästen betreibt, bleibt jeder Kommentar überflüssig. Ich denke ich muss ihn bezahlen. Nützt ja nix
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Witwe Bolte
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von Witwe Bolte »

caffery hat geschrieben: 18. Aug 2020, 15:42 ...
weil es m.E. ganz grundsätzlich völlig absurd ist, das Einkommen einer Arbeitskraft positiv proportional von ihrer Langsamtkeit abhängig zu machen ...

Das ist in meinen Augen einfach so offensichtlich absurd ...
Das ist 'Problem' Nr.1 - einfach völlig absurd.

Und 'Problem' Nr.2 - was Ihr "Profis" vielleicht gar nicht so richtig mitbekommen könnt:
Mit Euch mögen die IV auf Augenhöhe kommunizieren, d.h. aber nicht, dass sie das mit ihren 'Kunden' (den Schuldnern) genauso machen. Da ist oft nichts mit 'Augenhöhe'.

Ich bekomme hier mit (aufgrund spezieller Gegenbenheiten), wie ein IV mit dem Schuldnerberater und mit Gläubigern kommuniziert (auf 'Augenhöhe', sachlich korrekt und persönlich höflich bis freundlich, je nach 'Chemie') und wie mit dem Schuldner.

Da ist von 'Augenhöhe' nichts, aber auch absolut nichts zu sehen, manchmal fehlen sogar die 'basics' an Höflichkeit - und Freundlichkeit scheint unbekannt.
Kurz gesagt: Macht korrumpiert (sagte schon Lord Acton, 1834-1902).

Man kann es auch bildlich darstellen: Verläßt ein Schuldnerberater den Raum durch die rechte Tür und durch die linke Tür kommt der Schuldner selbst zum Insolvenzverwalter,
so dreht sich der IV um 180 Grad.
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caffery
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von caffery »

Das kann ich so eigentlich nicht bestätigen. Die absolute Mehrheit meiner Leute hat die von Dir beschriebene "von oben herab Erfahrung" nicht machen müssen. Ich kann mich ehrlich gesagt fast nicht mehr erinnern, wann mir ein Schuldner zuletzt sein Leid bzgl. eines menschlich "unmöglichen" Verwalters klagte. In den "schlimmsten" Fällen ging es eben um "allgemeine Untätigkeit" und der Tatsache, dass sie sich machtlos fühlten weil diese offenkundig sachgundlose Untätigkeit direkte negative Folgen für den Insolvenzschuldner hatte.

In aller Regel ging es dabei eben um Auskunfts- und Verkürzungsfragen. Eben genau das Thema hier...

Mit der absoluten Mehrheit der Verwalter besteht, wenns normal läuft, mittlerweile überhaupt kein Kontakt mehr. Weder persönlich, noch telefonisch. Es läuft meist alles schriftlich über den Postweg. Wenn man mal telefoniert, dann allenfalls mal mit einem Re-No-Helfer der Kanzlei. Kontakt von Schuldnern zu den Verwaltern selbst ist in meinem Dunstkreis mittlerweile eher die Ausnahme
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imker
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von imker »

und ich bin auch nicht dabei, wenn der Schuldner mit dem IV oder der/dem MA(in) des IV allein ist und was der Schuldner dann so von sich gibt - gewöhnungsbedürftige Menschen sind wohl nach der Gauß-schen Normalverteilung in der Bevölkerung verteilt - überall zu finden
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Graf Wadula
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von Graf Wadula »

caffery hat geschrieben: 18. Aug 2020, 15:42

Es geht darum, dass es solche Fälle einfach immer wieder mal gibt. Nicht in der Mehrheit, aber es gibt sie halt laufend. Das ist einfach so - wie man hier ja auch immer wieder sehr gut mitbekommt. Hier ist einfach jeder Fall einer zu viel.
Ich sage das nicht, weil ich als Schuldnerfreund hier die Rechte der Schuldner absichtlich überhöhen möchte. Ich sage das, weil es m.E. ganz grundsätzlich völlig absurd ist, das Einkommen einer Arbeitskraft positiv proportional von ihrer Langsamtkeit abhängig zu machen - und zwar auch und ganz besonders im Sinne der Arbeitskräfte die trotzdem normal schnell arbeiten. Das ist in meinen Augen einfach so offensichtlich absurd, dass es aus meiner Sicht müßig ist den Zusammenhang zu rechtfertigen indem man pauschal den Berufsstand adelt. Ich kenne auch deutlich mehr nette und gute Verwalter als langsame Graupen. Das eine hat aber aus meiner Sicht mit dem anderen nichts zu tun.
Da muss ich leider widersprechen. Ich halte es überhaupt nicht für absurd. Es wird ja gerade nicht von der Langsamkeit abhängig gemacht. Sondern - wie eigentlich jede Dienstleistung - von der betroffenen Masse. Hier wird ja völlig einseitig nur auf eine Einnahmequelle geschielt (Arbeitseinkommen) und so getan, als wenn in dem Moment, wo Leute ein pfändbares Einkommen haben, das Verfahren einfach verlangsamt wird. Da mag es tatsächlich Einzelfälle geben und natürlich sind Einzelfälle nicht auszuschliessen. Aber da sehe ich das wie Imker, die gibt es doch nun überall. Es gibt auch Ärzte, die nicht notwendige OPs oder Therapien durchführen, Anwälte, die In Verfahren zusätzliche Dinge aus reine monetäre Vorgehensweise verfolgen. Aber das ist ja erstmal kein strukturelles Problem des Gesetzes. Im Grunde ist der Schuldner (und die Gläubiger, die es ja am meisten betrifft) doch durch das Gesetz geschützt. Da gibt es einmal den § 196 InsO, der klar vorgibt, dass eine Schlussverteilung erfolgt, sobald alles verwertet ist, unabhängig davon, ob es noch ein pfändbares Einkommen gibt. Und dann gibt es mittlerweile unzählige Entscheidungen des BGH, die einen Abschlag vorsehen, wenn der Verwalter nur (noch) pfändbare Beträge aus Arbeitseinkommen einsammelt.
Ich persönlich kenne keinen Fall, wo der Insolvenzverwalter das Verfahren einfach nur wegen der pfändbaren Beträge weiterlaufen läßt. Und ich mach den Kram seit 20 Jahren. Betriebswirtschaftlich würde sich das auch nur bei ausserordentlich hohen Beträgen lohnen.

Aus meiner Sicht sollte viel häufiger die Möglichkeit genutzt werden, bei Gericht nachzufragen. Auch da kann man natürlich an "Graupen" geraten, aber versuchen kann man es zumindest. Und übrigens gibt es auch § 60 InsO. Der Insoverwalter ist auch dem Schuldner gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet. Es sei nur auf BGH IX ZB 162/13 verwiesen. Ich kann die Fälle nicht beurteilen. Wie gesagt, sind oft noch Tätigkeiten wie die Aufarbeitung der Passivseite notwendig. Aber wenn man sich so sicher ist, dass der Verwalter rein aus monetären Gründen den Abschluss verzögert, sollte man über ein Schadenersatz nachdenken.
Wenn man wie hier in diesem Fall sicher ist, dass der Verwalter das Verfahren einfach nicht abschliesst, um die 3_jahres_Frist zu verhindern, sollte man einfach den Antrag jetzt stellen und im Antrag darlegen, dass nach der eigenen Ansicht die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Der Verwalter wird dann sicherlich zu dem Antrag gehört und muss dann ja auch dazu was sagen. Oder das InsOgericht weist den Antrag sofort als unzulässig zurück. Dann kann man ggfs. Beschwerde einlegen und versuchen darauf abzuzielen, dass der Verwalter seine Kosten darlegt. Und im Rahmen dieses ganzen Bereichs wird dann ja auch mal dargelegt werden (müssen) warum denn überhaupt noch das Verfahren nicht abeschlossen wird.
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arreis
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von arreis »

Nach meinem dafürhalten ist es vollkommen irrelevant aus welchen Gründen eine "Verschleppung" zustande kommt,es ist eher nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber die Dauer des Verfahrens nicht klar regelt.

Ob es reale Gründe dafür gibt, dass ein Verfahren länger dauert als das Andere, kann ich nicht beurteilen, wenn es die aber geben sollte, müsste der IV/TH eben einen Antrag auf Verlängerung stellen.

Ich gehe auch davon aus, dass die Anzahl der Fälle, bei denen eine "Verschleppung" stattfindet gar nicht bekannt sind.

Ich behaupte nach wie vor, dass das Insolvenzrecht lückenhaft ist und es einer gründlichen Überarbeitung unterzogen werden müsste.
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gurami
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von gurami »

und ich bin auch nicht dabei, wenn der Schuldner mit dem IV oder der/dem MA(in) des IV allein ist und was der Schuldner dann so von sich gibt - gewöhnungsbedürftige Menschen sind wohl nach der Gauß-schen Normalverteilung in der Bevölkerung verteilt - überall zu finden
Das ist wohl war und wenn der Schuldner unsympatisch ist dann ist das natürlich ok?
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imker
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Re: Schlussrechnung des IV

Beitrag von imker »

M.E. einfach Quatsch, wenn man eine klare Regelung für die Dauer des Verfahrens fordert.

Die gibt es und die hängt von der Dauer der notwendigen Verwertung der vorgefundenen Vermögensmassen und solcher leicht oder besonders blöd zu verwertenden Vermögensmassen ab.

Verwertung eines Grundstückes in Thailand oder der Mongelei - Verfahrensdauer 3 oder 12 Monate und dann keine Verwertung mehr, sondern gekürzte Zahlungen an die Gläubiger und Grundstück bleibt beim Schuldner - davon halte ich nichts. Und mit unmöglichen Insolvenzverwalter kan man sich auch anlegen, wenn der Schuldner Stress abkann
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