Neu und verunsichert

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caffery
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von caffery »

Wieso das denn?

Vielleicht einfach mal vorher das Bernsteinzimmer bei der Tante Bunkern und die Fabergé Eier zum Nachbarn rollen.

Ansonsten musst Du Dir den Vollstreckungsmenschen einfach nur nackt in Pumps aufm Boiler vorstellen - das hilft immer;)

Meistens reichen aber auch bereits 10 Sekunden Gespräch bis die verblüffte Erkenntnis einsetzt, dass da nicht Ivan Drago vor einem steht sondern ein freundlicher Mensch der mindestens so dankbar für Deine Freundlichkeit ist wie Du für die seine.

Aber mal so ganz ohne Spaß und völlig pragmatisch: Du bist kurz davor auf Deinen eigenen Wunsch hin einen Antrag in die Welt zu setzen bei dem Du quasi unter Eid und Strafandrohung Dein komplettes Vermögen und Einkommen offenlegen musst und der nebenbei die Mutter aller Zahlungsunfähigkeitserklärungen ist durch den wohlmöglich ein mehrjähriges Verfahren in Gang gesetzt wird, bei dem zumindest theoretisch ständig alle Vollstreckungsmaßnahmen über Dich hereinbrechen können, die sich der Gesetzgeber erdenken konnte.
Davor hast Du (zurecht) keine Angst - aber vor einem Gerichtsvollzieher der vielleicht vorher nochmal kommt? Wo ist denn da der Sinn und Grund? Einfach weil Du vermutest, dass er unfreundlich sein müsste?
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imker
praktischer Schuldnerberater
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von imker »

...wenn ich das Gelesene auf mich wirken lasse, ist und bleibt es ungewöhnlich, dass alle Gläubiger einem AEV zustimmen.

Wenn dann ein gerichtlicher SBP zum Einsatz kommen soll, kann ein Antrag, einen Beschluss nach § 21 II Nr. 3 InsO zu erlassen, helfen.

Oder was spricht dafür, dass der AEV klappen wird? Was übersehe ich dabei...
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caffery
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von caffery »

imker hat geschrieben: 1. Sep 2020, 21:08 ...wenn ich das Gelesene auf mich wirken lasse, ist und bleibt es ungewöhnlich, dass alle Gläubiger einem AEV zustimmen.

Oder was spricht dafür, dass der AEV klappen wird? Was übersehe ich dabei...
Eigentlich nichts. Ich habe es so interpretiert, dass die Beratungsstelle einen dergestalt ernsthaften AEV unternimmt, dass eine Entschuldung ohne Eröffnung angestrebt wird. Bei dem mutmaßlich umfangreichen Gläubigerportfolio des TE kann das ja nur heißen, dass im besten Falle auf eine Kopf- und Summenmehrheit spekuliert wird.
imker hat geschrieben: 1. Sep 2020, 21:08 Wenn dann ein gerichtlicher SBP zum Einsatz kommen soll, kann ein Antrag, einen Beschluss nach § 21 II Nr. 3 InsO zu erlassen, helfen.
hmmm... "Meine" Gerichte machen das automatisch wenn ein gerichtliches Bereinigungsverfahren durchgeführt wird. Ist das nicht überall so? *Rübe krault*
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Bernd111
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von Bernd111 »

caffery hat geschrieben: 2. Sep 2020, 10:17 Ich habe es so interpretiert, dass die Beratungsstelle einen dergestalt ernsthaften AEV unternimmt, dass eine Entschuldung ohne Eröffnung angestrebt wird.
So soll es aus meiner Sicht auch laufen. Deshalb biete ich beim AEV auch eine höhere monatliche Tilgung als bei einer Pfändung möglich ist.
Einen Sukzessivplan steht meine Schuldnerberatung im Übrigen eher kritisch gegenüber: "Wir (von der Beratungsstelle) bieten gerne allen Gläubigern von Anfang an etwas an", so meine Beraterin. Nun denn, ich kann das nicht beurteilen...
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caffery
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von caffery »

Ich habe mit Sukzessivplänen eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. Allerdings sollte man die Sukzessivphase meines Erachtens nicht allzu lang gestalten. Ich persönlich mache sie nie länger als drei Monate. Was daran auszusetzen ist, wüsste ich spontan nicht.

Es hat eigentlich nur Vorteile, da Kleingläubiger andernfalls oft nur Pfennigraten kriegen würden - wo die für gewöhnlich schon alleine deswegen keine Lust zu haben und ablehnen. Außerdem nehmen Banken bei denen Schuldner ein Girokonto haben ja auch mittlerweile fast immer Geld für jede Buchung. Wenn die Leute dann über Jahre jeden Monat Buchungsgebühren für die ständige Überweisung von Centbeträgen zahlen müssen, macht das auch keinen glücklich.

Ich zumindest habe auch noch nie einen Gläubiger erlebt, der sich darüber beschwert hätte. Auch die "großen" Gläubiger nicht, die dann erst 2-3 Monaten später Raten erhalten. Die Einstellung Deiner Beratungsstelle kann ich daher nicht ganz nachvollziehen.
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imker
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von imker »

caffery hat geschrieben: 2. Sep 2020, 10:17
imker hat geschrieben: 1. Sep 2020, 21:08 ...wenn ich das Gelesene auf mich wirken lasse, ist und bleibt es ungewöhnlich, dass alle Gläubiger einem AEV zustimmen.

Oder was spricht dafür, dass der AEV klappen wird? Was übersehe ich dabei...
Eigentlich nichts. Ich habe es so interpretiert, dass die Beratungsstelle einen dergestalt ernsthaften AEV unternimmt, dass eine Entschuldung ohne Eröffnung angestrebt wird. Bei dem mutmaßlich umfangreichen Gläubigerportfolio des TE kann das ja nur heißen, dass im besten Falle auf eine Kopf- und Summenmehrheit spekuliert wird.

...
Oh, dann lerne ich dazu. Beratungsstelle, die AEV mit Kopf- und Summenmehrheit durchsetzen kann.
Das gibt es doch nicht - AEV nur wenn alle zustimmen. Gerichtlichen SBP reicht Kopf- und Summenmehrheit.
Was hat denn der Schuldner und die Beratungsstelle nur vor - ich komme da noch nicht so recht mit.
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caffery
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von caffery »

imker hat geschrieben: 2. Sep 2020, 12:36
Was hat denn der Schuldner und die Beratungsstelle nur vor - ich komme da noch nicht so recht mit.
Ja aber warum denn nicht? Es ist doch alles wie immer.

Kopf- und Summenmehrheit im AEV - damit ein gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan angeregt und durgeführt werden kann.

Wo ist denn nur der Punkt, der uns diese Verständnisschleife beschert?
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imker
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von imker »

Für einen gerichtlichen SBP wird vorher keine Kopf- und Summenmehrheit beim AEV benötigt.
Der ganze "Kram" mit der ZV ist erledigt, wenn der SBP vom Gericht begonnen wird.
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caffery
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von caffery »

imker hat geschrieben: 2. Sep 2020, 12:50 Für einen gerichtlichen SBP wird vorher keine Kopf- und Summenmehrheit bei AEV benötigt.
So langsam bin ich derjenige, der sich verwundert die Augen reibt. In meiner Welt (und bei meinen Gerichten) wird kein gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan durchgeführt, wenn gemäß des Ergebnisses des AEV keine Kopf- und Summenmehrheit im SBP zu erreichen wäre. Also never ever und soweit ich weiß noch nie und so;)

Unsere Gerichte sperren sich sogar beharrlich dagegen, "Nicht-Antworten" im AEV im Hinblick auf den SBP als Zustimmung zu werten. Wenn die Kopf- oder Summenmehrheit den AEV gar abgelehnt hat, ist dahingehend erst recht nichts zu wollen.

Wir müssen also regemäßig im Antrag den Nachweis führen, dass die Kopf- und Summenmehrheit dem AEV ausdrücklich zugestimmt hat, damit das Gericht der Empfehlung zur Durchführung des SBP nachkommt.

Wie läuft das denn bei Dir? Machst Du in Anlage 2a unten das Kreuzchen bei "aussichtsreich" und dann macht das Gericht einen SBP, ganz egal wie der AEV verlaufen ist oder wie soll ich mir das vorstellen?
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imker
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Re: Neu und verunsichert

Beitrag von imker »

1. Die InsO sieht so eine Nachweis-Anforderung nicht vor - und leider auch kein RM gegen das "Nicht-Wollen" des Gerichts.
2. Ich kreuze an und begründe kurz im Vordruck und bisweilen ausführlichen im Anschreiben.
3. Das Gericht macht das so wie es das will - und meist so, wie ich das anrege und darstellen kann.
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